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Markt

Erntefrisches Bio-Gemüse für den LEH

100 Prozent Bio in der Genossenschaft

Erntefrisches Bio-Gemüse für den LEH

In einem glatten Vierteljahrhundert hat sich die Genossenschaft der Öko-Bauern zu einer der größten Bio-Erzeugergemeinschaften in Deutschland entwickelt, ansässig im westfälischen Lippetal-Lippborg. Inzwischen besitzt die Genossenschaft auch einen eigenen landwirtschaftlichen Hof als Tochterunternehmen und einen Kartoffelpackbetrieb. Seit der Jahrtausendwende gehört sie zu den Pionieren bei der Vermarktung von Öko-Frische-Produkten an den LEH.

Um die 25 Millionen Euro Umsatz macht die Genossenschaft der Öko-Bauern im Jahr. Das sind etwa 20.000 Tonnen, vor allem Kartoffeln und Möhren, aber auch Zwiebeln, Rotkohl, Weißkohl, Zucchini, Kürbis und anderes Gemüse. Dabei stellen die Massenprodukte Kartoffeln und Möhren jeweils etwa ein Drittel der Menge, das letzte Drittel die übrigen Gemüse.

Die genaue Zusammensetzung des Angebotes ist jedes Jahr verschieden. Die Genossenschaft der Öko-Bauern fungiert als Verbindungsstelle zwischen Bio-Höfen und Handel und übernimmt die Aufgabe des Bündelns und der Anbauplanung: Die Landwirte informieren frühzeitig über ihre Erzeugnisse, die die Genossenschaft zentral erfasst und mit dem aktuellen Bedarf im Handel abgleicht. Genauso wendet sich der Handel auch schon im Voraus an die Genossenschaft, um gewünschte Sorten und Mengen anzumelden.

Vor allem deutsche Bio-Verbandsware

So gut wie alle der Genossenschafts-Produzenten in Deutschland gehören einem der deutschen Anbau-Verbände an: Etwa ein gutes Drittel der Waren wird von Naturland-Betrieben produziert, ein weiteres Drittel von Bioland-Höfen und der Rest von Betrieben, die Verbänden wie Demeter oder Gäa angeschlossen sind. „Wichtig ist uns, dass es sich um deutsche Verbandsware handelt“, sagt der Geschäftsführer der Genossenschaft der Öko-Bauern, Klaus Rauhaus. „EU-Bio aus Deutschland gibt es bei uns üblicherweise nicht“.

Dass Naturland-Bauern zahlenmäßig die stärkste Fraktion stellen, liegt in der Historie der Genossenschaft begründet: Bis 2017 hieß sie noch Marktgenossenschaft der Naturland-Bauern eG. Erst in den letzten zwei Jahren öffnete sie sich auch vom Namen her anderen Bio-Anbauverbänden und Bio-Landwirten. Rauhaus selbst ist zu Zeiten dieser Umstrukturierung zum Geschäftsführer berufen worden.

Saisonbedingte Importe

Von den ungefähr 70 Genossenschafts-Mitgliedern seien etwa die Hälfte aktive Produzenten. Dazu kämen als weitere Lieferanten ungefähr 100 Betriebe aus Deutschland, der Europäischen Union und dem weiteren Ausland.

Auslandsware werde zum Beispiel in den drei bis vier Monaten Importsaison benötigt, in denen saisonbedingt keine deutsche Ware zu bekommen sei - ungefähr März bis Juni. Sie stamme aus Italien und Spanien, aber auch aus Israel und Ägypten.

Die Ergänzung der mitteleuropäischen Saison laufe über Ware aus Holland, Dänemark und Österreich. Erklärtes Ziel der Genossenschaft sei es aber, den Anteil an deutscher Ware möglichst hoch zu halten und hier alles Potential zu nutzen. „Daran ist der Handel genauso interessiert“, erklärt Rauhaus. Die deutsche Ware stamme zu 80 bis 90 Prozent aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

Eigenes Hofgut und Packerei

Schon 2011 habe die Genossenschaft auch mit der Hof Rosenau GmbH ein Tochterunternehmen gegründet. Der ungefähr 100 Hektar große Naturland-Betrieb sollte heimisches Gemüse und Kartoffeln direkt aus der Region liefern und Spitzen beim Rohwarenbedarf abdecken.

Die Bio-Produkte werden aus erster Hand in einer eigenen Packstation der Genossenschaft in Lippborg und Ahlen endverpackt. Packstationen haben eine Kapazität von etwa 500 Tonnen Biogemüse in der Woche. Anteilseigner sind die Bauern der Genossenschaft selbst, aber auch ihr nahestehende Unterstützer aus Deutschland, Österreich und Dänemark.

Deutsche Ernte ab Mitte Juli

Mitte Juli jeden Jahres werden die ersten frischen Kartoffeln und Möhren aus Deutschland geerntet. Etwa 60 Mitarbeiter sind mit Sortierung, Kontrolle und Verpackung der Waren beschäftigt. Auf dem Hofgut Rosenau sind es zwanzig weitere Angestellte, zur Erntezeit kommen Saisonkräfte dazu.
Es wird gewaschen und sortiert, ein letzter Kontrollblick auf die Ware geworfen, dann füllt die Verpackungsmaschine in Tüten oder Schalen ab, bevor die Ware ins Kühlhaus kommt. Ein Teil findet auch seinen Weg in den auf dem Firmengelände angesiedelten kleinen Biolanden ‚Möhrchen‘. Zusätzlich zum frischen Gemüse werden hier auch Brot, Getränke, Tee, Süßigkeiten und Trockenobst vor Ort verkauft.

Seit Jahrtausendwende Belieferung des LEH

Geliefert wird die Ware vornehmlich in den Westen, Nord-Westen, Süd-Westen und in den Süden von Deutschland. Die Genossenschaft beschränkt sich nicht auf den Naturkosthandel als Kunden, sondern ist auch maßgeblicher Lieferant von Bio-Gemüse für den LEH. Diese Entwicklung begann schon zur Jahrtausendwende. Sie wurde damals noch stark widersprüchlich diskutiert.

„Da gab es eigentlich keine andere Möglichkeit, wenn solche Mengen laufen sollen“, erinnert sich Rauhaus, der zu der Zeit noch als Betriebsleiter einen großen Biobetrieb leitete. „Aber es stand ziemlich in der Kritik“. Doch die Wogen hätten sich längst geglättet und die Entscheidung sich im Nachhinein als völlig richtig für die weitere Entwicklung herausgestellt. Inzwischen „sind wir im LEH voll etabliert“, meint der Geschäftsführer.

Heute zählen vor allem Rewe und Edeka zu den Kunden und darüber dessen Discount-Ableger. Die Genossenschaft sei in alle Richtungen offen und schließe keine Kunden aus. Die Warenmengen reichten aus, um das ganze Jahr verlässlich zu liefern. In den Lagern in Lippborg verweilt das angelieferte Gemüse nicht lange. Sind die Produkte erst einmal verpackt, dann geht es direkt per LKW vor allem an die Zentralläger des LEH weiter, bei denen die Bestellungen der Kaufleute eingelaufen sind: Die Order gehen im Laufe des Tages ein und es wird entsprechend verpackt, abends und nachts wird ausgeliefert – das alles läuft in etwa 24 Stunden ab.

Positiv in die Zukunft

Nach Rauhaus Meinung entwickle der Markt sich langsam wieder von einem Nachfrage- zu einem Angebotsmarkt: „Das Blatt beginnt, sich zu wenden“. Die Genossenschaft steigere weiter die Produktionsmengen. Jetzt sei es wichtig, mit diesen Mengen auch entsprechend umzugehen, um zum Beispiel ein kurzfristiges Absinken der Erzeugerpreise zu verhindern: „Der Markt muss sich anstrengen, dass die Waren gut untergebracht werden“.
Es seien viele Erzeugerhöfe in der Umstellung begriffen und Rauhaus blickt insgesamt positiv in die weitere Zukunft: „Bei den Jungbauern stehen mittlerweile 30 bis 40 Prozent einer Umstellung auf Bio offen gegenüber“, verkündet er zufrieden.

Was hält Rauhaus von der Zielsetzung 20 Prozent Bio? „Wenn der Markt gut aufgebaut ist, dann wird das funktionieren“, ist er zuversichtlich.

Elke Reinecke
 

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