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Gentechnik

Wann ist ein Schwein ein Bioschwein?

Landwirt bleibt auf Schaden durch genverunreinigtes Futter sitzen

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg dürfen Schweine, die bis zu 8 Tagen lang Futter mit geringen Mengen gentechnisch veränderter Sojabohnen gefressen haben, nicht mehr als Schweine aus ökologischem Landbau vermarktet werden (Beschluss v. 7.5.2007 - 4 B 24/07 -).

Ein Landwirt aus dem Gerichtsbezirk hält Schweine nach den Regeln der ökologischen Tierhaltung. Das Futter bezieht er aus einem holländischen Betrieb, es handelt sich um "Öko-Futter". Dieses Öko-Futter hat einen Sojabohnenanteil von 1,7 %. Bei einer Überprüfung durch eine niederländische Zertifizierungsstelle wurde festgestellt, dass in einer bestimmten Lieferung 2,4 % der Sojabohnen gentechnisch verändert waren, so dass das Futter dieser Lieferung nicht mehr als Öko-Produkt verkauft werden darf. Als die gentechnische Veränderung des Sojabohnenanteils festgestellt worden war, waren die 650 Schweine des Landwirts bereits 8 Tage lang mit diesem Produkt gefüttert worden. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wies deshalb die Ökoprüfstelle, die für den Betrieb des Landwirts zuständig ist, darauf hin, dass die Schweine nicht als "Bio-Schweine" vermarktet werden dürfen.

Der Landwirt hat beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Er will festgestellt haben, dass die Verwendung des Futters der Vermarktung der Tiere als Bio-Schweine nicht entgegensteht, und er verlangt vom Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, anderslautende Hinweise an die Ökoprüfstelle zu unterlassen. Hierzu trägt er vor, er habe von der gentechnischen Veränderung des Futters im Zeitpunkt der Fütterung keine Kenntnis gehabt. Wenn nur 4,2 % der Sojabohnen gentechnisch verändert seien, aber nur 1,7 % Sojabohnen im Futter seien, ergebe sich ein Gesamtanteil von 0,04 % gentechnisch veränderten Materials im Futter. Dieses sei auch nur über einen kurzen Zeitraum von höchstens 8 Tagen verfüttert worden. Könne er seine Schweine nicht als Öko-Schweine vermarkten, entstehe ihm ein Schaden von 125.000 bis 130.000 EUR.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Es hat ausgeführt:

Der Hinweis des Landesamtes für Verbraucherschutz gegenüber der Ökoprüfstelle ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Schweine dürfen nicht als Öko-Schweine vermarktet werden. Nach dem Europäischen Landwirtschaftsrecht darf gentechnisch verändertes Futter im ökologischen Landbau nicht verwendet werden. Das Futter, welches die Schweine bis zu 8 Tagen zu sich genommen haben, ist aber gentechnisch verändert. Der Anteil von 2,4 % gentechnisch veränderter Sojabohnen hätte sogar bei konventionellen Futtermitteln gesondert gekennzeichnet werden müssen. Der Umstand, dass im Futter nur 1,7 % Sojabohnen enthalten sind und die Schweine das Futter nur bis zu 8 Tagen zu sich genommen haben, steht einem Verbot der Vermarktung als Öko-Schwein nicht entgegen, es kommt auch nicht darauf an, ob der Landwirt die gentechnische Verunreinigung bei der Fütterung erkannt hat oder nicht. Vielmehr geht es bei dem Vermarktungsverbot als Bio-Schwein um effektiven Verbraucherschutz.

Der Verbraucher vertraut bei Fleisch von Bio-Schweinen darauf, dass die Tiere kein gentechnisch verändertes Futter zu sich genommen haben. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das gentechnisch verunreinigte Futter eine Qualitätsveränderung des Schweinefleisches bewirken kann. Sinn und Zweck des Verbots der Verwendung von gentechnisch verändertem Futter bei der Erzeugung von Bio-Fleisch ist allein der Schutz des Vertrauens der Verbraucher darauf, dass gentechnisch verändertes Futter nicht verwendet worden ist. Der Hinweis des Landesamtes für Verbraucherschutz gegenüber der Ökoprüfstelle ist  auch trotz eines möglichen erheblichen finanziellen Schadens beim Landwirt im Ergebnis nicht unverhältnismäßig. Denn würde die Vermarktung als Bio-Schwein nicht unterbunden, würde dies zu ganz erheblichen Vertrauensverlusten beim Verbraucher führen und der gesamten Bio-Branche nachhaltigen Schaden zufügen.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht möglich.

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