Imker
Stoppt Gerichtsurteil den Vormarsch von Gen-Food in Deutschland?
Verwaltungsgericht gibt der Klage eines Imkers statt
Das Verwaltungsgericht Augsburg gab der Klage eines Imkers statt und verbietet de facto den Anbau von genmanipuliertem Mais. Nachdem seit diesem Frühjahr mit der Zulassung des Anbaus genmanipulierter Kartoffeln[1] in Deutschland und mit dem Fall des Gen-Moratoriums gerechnet werden musste, hat sich nun offenbar der Wind gedreht. Dieses Urteil hat die Durchschlagkraft, den Vormarsch von Gen-Food in Deutschland zu brechen. Voraussetzung ist allerdings, dass es juristisch Bestand hat. Bei einem Verwaltungsgerichts-Urteil stehen hierfür die Chancen erfahrungsgemäß gut.
Der Imker aus dem Landkreis Donau-Ries, der am 4. Mai mit seiner Klage Erfolg hatte, erzeugt Honig zum Verkauf. Bereits im Jahr Jahr 2005 stellte er in dem von seinen Bienen gesammelten Pollen Erbgut von genmanipuliertem Mais fest. Für das Jahr 2007 wurden in einer Entfernung von 1500 bis 2200 Meter vom Bienenhaus des Imkers Anbauflächen für den Gen-Mais der Linie MON 810[2] gemeldet. Interessanter Weise nimmt nun das Verwaltungsgericht Augsburg das Land Bayern in die Pflicht: Von Staats wegen muß laut Urteil Sorge getragen werden, dass der Honig des betroffenen Imkers nicht infolge des Anbaus von genmanipuliertem Mais "seine Verkehrs- und Verbrauchsfähigkeit" verliert.
Das Verwaltungsgericht Augsburg verpflichtet mit Beschluß vom 4. Mai 2007 die Bayerische Landwirtschaftsverwaltung, den Gen-Mais vor der Blüte zu ernten oder die Pollenfahnen der Maispflanzen während der Blütezeit abzuschneiden. In der Urteilsbegründung wird darauf abgehoben, dass durch den Gen-Mais-Anbau Pollen von Maispflanzen der Linie MON 810 in den Honig des Antragstellers gelangten. Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten Organismen enthalte, sei ein gentechnisch verändertes Lebensmittel im Sinne der einschlägigen Verordnung der Europäischen Gemeinschaft. Damit sei er weder verkehrsfähig noch verbrauchsfähig.
Unzweideutig stellt das Gericht fest, dass der Imker in seinen Rechten auf Schutz seiner Gesundheit und in seinem Recht auf gentechnikfreie Wirtschaftsweise verletzt werde, solange der Eintrag von genmanipuliertem Pollen nicht unterbunden wird. Möglicherweise steht dieses Urteil vom 4. Mai hinter der jüngsten Blitzentscheidung des Bundesamtes für Verbraucherschutz, wonach ab sofort ausgerechnet Gen-Mais der Linie MON 810 nur noch dann als Saatgut verkauft werden darf, wenn der Hersteller-Konzern Monsanto einen entsprechenden Monitoringplan vorlegt. Da die trickreiche Auflage in dieser Vegetationsperiode sicherlich nicht mehr erfüllt werden kann, läuft sie auf ein Verbot hinaus.
"Das bedeutet de facto ein Verbot des Genmais-Anbaus", sagte gestern hierzu der Verantwortliche für Gentechnik im brandenburgischen Verbraucherschutzministerium, Peter Rudolph. "Nach diesem Bescheid ist das Inverkehrbringen von MON 810 im Augenblick nicht mehr zulässig." Der Bescheid des Bundesamtes war erst gestern den zuständigen Behörden der Länder zugegangen. In Brandenburg, wo der meiste Gen-Mais angebaut wird, löste die Frage heftige Diskussionen aus, was denn nun mit bereits bestellten Feldern geschehen soll. "Wir gehen davon aus, dass der Gen-Mais seit wenigen Tagen in der Erde ist", sagte Peter Rudolph. "Bislang sehen wir keinen Grund, die Ernte beziehungsweise die Weiterverarbeitung des geernteten Maises zu untersagen."
Das sieht der Berliner Rechtsanwalt Georg Buchholz anders. Der Gentechnik-Experte meint, der Bescheid des Bundesamtes ziele eindeutig auf die diesjährige Ernte, da er den Passus enthalte: "Wegen der unmittelbar bevorstehenden Aussaat war eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse aus Zeitgründen erforderlich." Es sei rechtlich strittig, ob die Felder nun umgepflügt werden müssten.
Landwirt Jörg Piprek aus dem Landkreis Märkisch Oderland hält das für absurd: "Wir haben im Januar unsere Flächen angemeldet. Wir haben den Mais gerade in die Erde gebracht. Man kann doch nicht jetzt im Nachhinein sagen, dass das illegal war." Piprek hat MON-810-Saatgut auf 130 Hektar ausgebracht. Dürfte er den Mais nicht verwerten, entstünde ihm ein Schaden von 130.000 Euro, sagt er.
Bundesagrar- und Verbraucher-Minister Horst Seehofer (CSU) hatte den Gen-Mais-Anbau in Deutschland stets mit entsprechenden Genehmigungsverfahren der EU gerechtfertigt.[3] Interessant ist nun, dass sich das Augsburger Verwaltungsgericht ebenfalls auf eine einschlägige Verordnung der EU stützt.
Anmerkungen
[1] Siehe auch unsere Beiträge:
Gen-Kartoffel von BASF wird von EU-Bürokratie verharmlost (18.04.07)
http://www.netzwerk-regenbogen.de/genkar070418.html
Entscheidung über Gen-Kartoffel vertagt (24.02.07)
http://www.netzwerk-regenbogen.de/genkar070224.html
BASF will Gen-Kartoffel anbauen - Fällt nun das europäische Gen-Moratorium? (9.02.07)
http://www.netzwerk-regenbogen.de/genkar070209.html
[2] Siehe auch unseren Beitrag:
Agro-Gentechnik - Über ihre Auswirkungen und Risiken, die Frage der Koexistenz und die Chancen des Gen-Moratoriums (9.04.07)
http://www.netzwerk-regenbogen.de/genmor070409.html
[3] Siehe auch unseren Beitrag:
Eckpunktepapier für Gentechnikgesetz - Beeindruckende Kontinuität zu "Rot-Grün" (2.03.07)
http://www.netzwerk-regenbogen.de/geneck070302.html
Beschluß des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4.5.2007, Aktenzeichen Au 7 E 07.259
http://www.vgh.bayern.de/VGAugsburg/documents/Genmais.doc
Hinweis:
Seit 1998 besteht ein Gen-Moratorium in Europa, das aber - insbesondere durch den Druck der US-Regierung - in Frage gestellt ist und bereits 2003 hätte fallen sollen. Bei der Unterschriften-Aktion zum Erhalt des Gen-Moratoriums in Deutschland kamen bisher über 2,7 Millionen Unterschriften zusammen. Das hat bereits einige Beachtung gefunden. Um den Druck zu erhöhen, muß die Beteiligung weiter gesteigert werden - Vordrucke für Unterschriften-Listen können von der Internet-Seite www.gen-moratorium.de heruntergeladen werden.
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Klaus Schramm
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