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Messestadt Nürnberg

StadtLandBio 2018: Regionale Gesundheitsepidemie

Befördert Ernährungspolitik auf kommunaler Ebene einen Bewusstseinswandel hin zu mehr Bio in öffentlichen Einrichtungen? Und was tragen regionale Wertschöpfungsketten zur Wirtschaftsförderung bei? Verschmelzen Essen und Kultur zum kulturellen Trend der Esskultur? Das waren die Fragen, denen man während der parallel zur Biofach-Messe abgehaltenen Konferenz StadtLandBio 2018 im Nürnberger Messezentrum West auf den Grund ging.

Unter der Überschrift „Der Mensch ist, was er isst – Esskultur als kultureller Trend“ wurde diskutiert, welche Zusammenhänge es zwischen  Kultur und Ernährung gibt und was uns die Soziologie des Essens lehrt. Zudem präsentierten sich die Bio-Städte während des Kongresses auf einem Infomarkt.

Netzwerk der Experten

Am 15. und 16. Februar versammelten sich Entscheider und Fachleute aus Politik, Verwaltung, Organisationen und Unternehmen anlässlich des Kongresses StadtLandBio auf dem Messegelände in Nürnberg, NCC West. StadtLandBio wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft gefördert (BÖLN). Das Bundesmi- nisterium für Ernährung und Landwirtschaft übernahm die Schirmherrschaft der diesjährigen Veranstaltung.

Veranstaltet wird dieser von der NürnbergMesse gemeinsam mit Nürnberg die Biometropole, dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der zugleich nationaler ideeller Träger der Biofach ist, dem Netzwerk Deutsche Bio-Städte sowie Organic Cities Network Europe und unterstützt von der Metropolregion Nürnberg. Es tut sich viel in Sachen Bio in Nürnberg und über die Stadtgrenzen hinaus. Um Bio in der Region auch in Zukunft weiter zu stärken, fassen die Stadt Nürnberg, Bluepingu, Hubert Rottner-Defet und die NürnbergMesse ihre Bio-Projekte unter dem Dach ,Nürnberg  die Biometropole‘ (www.die-biometropole.de) zusammen. Diese Überschrift bündelt diverse Bio-Aktivitäten in Nürnberg, um so gemeinsam die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema – auch unter potentiellen neuen BioInteressenten – zu erhöhen und Nürnberg als Bio-Standort noch mehr Strahlkraft zu verleihen.

Einige Original stimmen deraktiven Akteure

Dr. Peter Pluschke leitet das Umweltreferat der Stadt Nürnberg. Die Metropole engagiert sich seit langem intensiv im Netzwerk der Bio-Städte. Dass Bio auf kommunaler Ebene nun immer mehr in das Blickfeld der Akteure aus Wirtschaft und Politik rückt, freut uns sehr.

Mit dem diesjährigen Programm des Kongresses wollen wir unsere Anliegen auch mit den internationalen Kollegen zum Beispiel aus Frankreich und Italien weiter voranbringen. Gemeinsam haben wir im Januar 2018 das ‚Organic Cities Network‘ in Paris gegründet und setzen damit auf europäischer Ebene ein starkes Signal für mehr Bio in den Kommunen!“
Dr. Claudio Serafini, Direktor des europäischen Netzwerkes und Professor des Italienischen Kulturinstituts Brüssel meinte hierzu: „Der Kongress StadtLandBio ist eine wunderbare Chance, den Austausch von europäischen Kommunalvertretern rund um Bio, regionale Wertschöpfungsketten und Esskultur weiter zu vertiefen und unser gemeinsames Engagement im ‚Organic Cities Network‘ auszubauen.“  

Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) konstatierte, dass „Politik und Wirtschaft beim Thema Landwirtschaft und Ernährung sowohl auf kommunaler als auch auf gesellschaftlicher Ebene aktiv mitgestalten.“  Fragen der Förde- rung von regionalen Wertschöpfungsketten seien der BLE ein wichtiges Anliegen.

 „Austauschforen wie der Kongress StadtLandBio bilden dabei ein wichtiges Element für die gemeinsame Gestaltung der Zukunft“, so Dr. Eiden.
„Gerade die BioStädte sind ein Beispiel für Vorhaben, die ökologische Landwirtschaft in der Öffentlichkeit verankern. Sie verbinden die Menschen in der Stadt mit den Landwirten im Umland. Dadurch werden Lebensmittel mehr wertgeschätzt und die Regionalität gefördert“, betonte der BLE-Präsident.

Einkaufsvolumen ist Marktmacht

Die Gesellschaft zur nachhaltigen Beschaffung, agado, hielt in ihrem Diskussionsbeitrag fest, was Nachhaltig auf regionaler Ebene bedeutet, nämlich, Produkte und Dienstleistungen zu beziehen, die umweltschonend (ökologisch) und zu fairen (sozialen) Arbeitsbedingungen produziert werden. Bund, Länder und Kommunen in Deutschland geben jährlich im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen für Waren und Dienstleistungen ca. 480 Milliarden Euro aus. Sechzig Prozent dieser Ausgaben laufen über die Bücher der Kommunen - und damit können sie über diese enorme Kaufkraft Märkte beeinflussen. Allein die Außer-Haus-Verpflegung hat ein Umsatzvolumen von ca. 70 Mrd. Euro. Dass diese Marktmacht nur geringfügig genutzt wird ist angesichts der geschätzten Folgekosten von 200 Mrd. Euro allein wegen Fehlernährung kaum nachvollziehbar, könnte doch das konzertierte Handeln aller Akteure effektiv zu nachhaltigen Veränderungen führen.

Die website der Gesellschaft zitiert ein Spruch des amerikanischen Orthomolekular-Mediziners Saul Andrews, Autor  des medizinischen Umstürzlerpamphlets „fire your doctor“, mit dem Satz: „Stell Dir vor, wir würden uns alle täglich von Unmengen frischem Bio-Gemüse ernähren. Ich glaube, wir hätten eine Gesundheitsepidemie.“

Thomas W. Baier

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