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EU-Export verbotener Pestizide steigt an

Deutschland ist wichtigster Umschlagplatz

EU-Export verbotener Pestizide steigt an © opak.cc

Fast 122.000 Tonnen in der EU verbotener Pestizide wurden im Jahr 2024 aus der EU exportiert – rund doppelt so viel wie 2018. Das haben neue Recherchen der Schweizer NGO Public Eye sowie der Greenpeace-Investigativabteilung Unearthed ergeben. Mit Abstand größter Exporteur ist Deutschland mit 40 Prozent der exportierten Mengen. Bei den Herstellern führt BASF die Rangliste mit 33.000 Tonnen an.

2018 wurden noch Ausfuhrgenehmigungen für rund 81.000 Tonnen erteilt. Unter Berücksichtigung des Brexits – Großbritannien verantwortete damals 40 Prozent des Volumens – beziffert Public Eye den Anstieg seither auf gut 50 Prozent.

Das spektakuläre Exportwachstum sei primär auf das Verbot von rund 100 neuen Pestiziden in der EU seit 2018 zurückzuführen. Auf der recherchierten Exportliste stehen nun 75 Pestizide, die in der EU wegen ihrer hohen Risiken für die menschliche Gesundheit (wie Hirnschäden bei Kindern und Fortpflanzungsstörungen) verboten wurden. Vom Volumen her an erster Stelle rangiert Dichlorpropen (1,3-D), ein Pestizid zur Schädlingsbekämpfung im Obst- und Gemüseanbau, das in den USA als wahrscheinlich krebserregend eingestuft wurde und in der EU seit 2007 verboten ist. Darauf folgen in der Rangliste Glufosinat, ein von BASF exportiertes Herbizid, das die Fruchtbarkeit schädigen kann, sowie das Fungizid Mancozeb. Hinzu kommen die als ‚Bienenkiller‘ bekannten Neonicotinoide, die von der EU als globale Bedrohung für die biologische Vielfalt und Ernährungssicherheit eingestuft und im Jahr 2018 verboten wurden.

Deutschland ist inzwischen der wichtigste europäische Umschlagplatz für verbotene Pestizide. Sein Branchenführer BASF dominierte 2024 mit 33.000 gemeldeten Tonnen den Handel. Insgesamt wurden von hier 50.000 Tonnen und damit sechs Mal so viel wie noch 2018 exportiert. Auch der Schweizer Konzern Syngenta mit insgesamt 9.000 exportierten Tonnen hat einen Teil seiner Aktivitäten auf Deutschland verlagert – insbesondere aus Frankreich, wo der Export verbotener Pestizide im Jahr 2022 gesetzlich eingeschränkt wurde. Belgien, wo seit Mai ein ähnlicher Erlass gilt, war 2024 noch zweitgrößter Exporteur, gefolgt von Spanien und den Niederlanden.

Fast 60 Prozent der Ausfuhrmenge sind für Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen bestimmt, in denen die Vorschriften weniger streng sind. Am meisten der in der EU verbotenen Stoffe importieren die USA, gefolgt von Brasilien, dem weltweit größten Markt für Pestizide. In Afrika sind die wichtigsten Zielländer Marokko und Südafrika. Für Kara Mackay, Kampagnenkoordinatorin der südafrikanischen Organisation ‚Women on Farms‘, ein Ausdruck einer „eklatanten Doppelmoral und rassistisch-kolonialen Denkweise, unter der Europa noch immer leidet“.

Im Rahmen ihres Green Deals versprach die Europäische Kommission noch 2020, nach der Anwendung der Giftstoffe auch deren Ausfuhr zu verbieten. Angesichts der Rückkehr von Trump ins Weiße Haus und dem Rechtsrutsch bei den Europawahlen befürchtet Public Eye allerdings, dass das Vorhaben wieder begraben wird. Ein EU-weites Verbot sei unerlässlich, damit Agrochemiekonzerne ihren Handel nicht einfach entlang den sich ändernden nationalen Vorschriften verlagern können. Bei einer Demonstration Ende Juni in Brüssel forderte eine Koalition aus über 600 NGOs und Gewerkschaften die Kommissionspräsidentin auf, ihr Versprechen einzuhalten und den Export von in Europa verbotenen Pestiziden zu stoppen.

Ein ausführlicher Artikel von Public Eye zu den neuen Recherchen ist hier zu finden.

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