Start / Ausgaben / BioPress 67 - Mai 2011 / Käse muss gekonnt sein

Käse muss gekonnt sein

Mit Bio-Spezialitäten einen Qualitäts-Schwerpunkt an der Theke setzen


Foto: Jäckle
Käse in Bedienung verlangt Kompetenz. Geschultes Personal und ein hochwertiges Sortiment sind erforderlich. Die Schwerpunkte können mit Bio plus Regionalität gesetzt werden. Internationale Bio-Käsespezialitäten, die Kenner und Feinschmecker anlocken, beschafft der Fachgroßhandel.

Die biologische Thekenware sollte aus handwerklicher Herstellung stammen und sich deutlich vom SB-Sortiment unterscheiden. Der gleiche industrielle junge Bio-Gouda in SB, vorverpackt und in Bedienung zum Niedrigpreis macht Kunde und Kaufmann keinen Spaß. Drei Alibi-Bio-Käse verteilt auf drei Thekenmeter bringen nichts. Wer im LEH in der Käsetheke Bio-Kompetenz zeigen will, sollte rund zehn Prozent der Sorten in Bio anbieten. Der erfolgreiche Verkauf erfordert Spezialwissen über Käse und Bio. Das ist bei den Fachgroßhändlern wie Käse-Scheer, Ruwisch & Zuck, Frische Partner Jäckle und einigen anderen angesiedelt. Diese geben ihr Wissen in Schulungen, Fortbildung, Beratung und schriftlichem Informationsmaterial weiter.


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Im LEH konkurrieren Bio-Käse mit traditionellen geschützten Käse-Sorten. Im Geschmack sind da kaum Unterschiede feststellbar. Die Vorteile von Bio-Käse müssen vom Käsefachpersonal erklärt werden.

Bio bietet Mehrwert. Das fängt bei den Vorschriften zum Futter an. Bei Bio-Rindern, -Schafen und -Ziegen sind Weidegang und 60 Prozent Raufutter (Heu/Gras) vorgeschrieben. Die Weiden dürfen nicht synthetisch gedüngt werden. Dadurch ist die Pflanzenwelt vielfältiger und das Futter hochwertiger.

Mehrwert durch Bio-Heumilch

Silofreie Fütterung wird von den Bio-Richtlinien nicht vorgeschrieben, aber oft verlangt von den Käsereien. Eine Studie zeigt den Wert von Heumilch für die Gesundheit auf: Sie enthält im Durchschnitt doppelt so viele Omega-3-Fettsäuren und konjugierte Linolsäuren (CLA) wie Standardmilch, wie der Käsehof aus Seekirchen in Österreich mitteilt. Ein Großteil der Käsehof Biobauern setzen aus Überzeugung auf die traditionelle Heuwirtschaft; konventionelle Bauern, denen es um Rationalisierung geht, setzen fast ausschließlich auf Silage.


Foto: Jäckle
Die Milchkühe fressen frisches Gras im Sommer und Heu im Winter. Diese naturbelassene Fütterung mit bis zu 50 verschiedenen Kräutern und Gräsern wirkt sich positiv auf den Geschmack und die Qualität des Biokäses aus. Zudem erhält die Heuwirtschaft die Artenvielfalt in der Natur. Auch vorbeugende Medikamentation und Leistungsförderer im Futter sind in der Bio-Landwirtschaft tabu.

Damit aus Milch Käse wird, muss sie mit Lab dick gelegt werden. Lab ist tierischen Ursprungs aus dem Kälbermagen. Heute wird vielfach mikrobielles Lab verwendet. Im LEH ist dies nach den Erfahrungen von Käsegroßhändler Volker Zuck im Gegensatz zum traditionellen Bio-Handel kein Thema. Der Käsehof zum Beispiel verwendet nur mikrobielles Lab. Der Grund für die Wahl des mikrobiellen Labs war neben der technischen Weiterentwicklung auch die BSE-Krise und die vermehrt vegetarische Ernährung. 

Laktosefrei hat sich etabliert und wird zum Beispiel von Großhändler Ruwisch & Zuck ausgelobt. Das Thema lactosefreier Käse wird von Bio-Importeur Vallée Verte aktuell bearbeitet. Vallée Verte weist darauf hin, dass länger gereifte Käse per se lactosefrei sind.

Käserhandwerk ist Trumpf


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Kleine Käsereien wie die Bio-Manufakur Schwarzwald-Bodensee, Zurwies, Anderlbauer und die Dorfkäserei Geifertshofen liefern die handwerklichen Bio-Spezialitäten, die den Käse-Kenner überzeugen. Käse ist international, deshalb sollten bei Bio die Nachbarländer Österreich oder Schweiz etwa bei Hartkäse berücksichtigt werden. Frankreich darf bei Weichkäse natürlich nicht fehlen. Ein Geheimtipp ist laut Handelskontor Willmann in Vaihingen/Enz die Käsenation England mit Stilton, Cheddar oder Wensleydale in Bio-Qualität.

Aber auch Industrie-Produkte finden sich in der Käsetheke als Einstieg. Die Großmolkerei Zott aus Schwaben ist mit seinem Bio Emmentaler und -Mozarella in Theken des LEH und in Käsefachgeschäften vertreten. „Die Ansprüche, Bedürfnisse und auch Wünsche der Verbraucher nach gesunden, hochwertigen, nachhaltigen und leckeren Lebensmitteln steigen immer mehr, gerade in Zeiten von Lebensmittelskandalen. Aus diesem Grund hält der Markt für Bio-Käse noch Wachstumspotenziale bereit“, teilt Caroline Fritz von Zott mit.

Die Milchwerke Oberfranken-West aus Coburg liefern ebenfalls Bio-Schnitt- und -Weichkäse aus pasteurisierter Kuhmilch als Thekenware. Der Hersteller ist in allen Vertriebskanälen vertreten vom Naturkostfachgeschäft bis zum LEH. 
Die Theke wird im Bio-Fachhandel von den Naturkost-Großhändlern bestückt. Die regionalen Großhändler haben hier Kompetenz erworben. Mit Frühlingsbrie, Grillkäse, Maronikäse im Herbst und Winterkristall setzt das Handelskontor Willmann Akzente.

Großhandel ist Thekenspezialist

Der Käsegroßhandel ist spezialisiert auf die Belieferung der Theken und beschafft die Ware international. Stöwer Käsehandel aus Wermelskirchen in Nordrhein-Westfalen bedient  alle Vertriebsformen mit Bio-Käse und berät den Handel bei Sortiment und Aktionen. Stöwer handelt mit Käse aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch. Im Sortiment vertreten sind Weich-, Schnitt- und Hartkäse. Michael Schulz-Stöwer sieht einen Trend zum natürlichen traditionellen Käse und erwartet einen wachsenden  Markt für Bio-Käse in Bedienung, wie die meisten seiner Kollegen. Manche beobachten auch Stagnation.


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Geschäftsführer Volker von Großhändler Zuck von Ruwisch & Zuck wird geleitet von seiner Leidenschaft für guten Käse. Mit einem starken Außendienst berät das Hannoveraner Unternehmen alle belieferten Theken des LEH in Sortiment, Präsentation und Auszeichnung. „Wir bieten besondere Preisschilder an, die Bio hervorheben und empfehlen im traditionellen LEH, der überwiegend Nicht-Bio-Produkte im Sortiment hat, eine entsprechende Blockbildung vorzunehmen“, teilt Zuck mit.

Das Zuck Bio-Sortiment deckt alle Gruppen von Hart- über Schnitt- sowie Weich- und Frischkäse ab und auch aus allen Milchsorten von Kuh, Schaf, Ziege bis Büffel. „Käse aus Büffelmilch tut sich schwer. Im Fokus der Entwicklung liegen Ziege und Schaf. Der Schwerpunkt des Verbraucherinteresses konzentriert sich auf Hart- und Schnittkäse“, berichtet Zuck.

Vallée Verte aus Kehl am Rhein importiert rund 280 biologische Käsesorten aus acht Ländern. Das Sortiment umfasst alle Käsegruppen mit allen Milcharten (Kuh, Schaf, Ziege) aus pasteurisierter, thermisierter oder Roh-Milch, hergestellt mit mikrobiellem oder tierischem Lab. Die Kunden kommen vorwiegend aus dem deutschen Bio Fachgroßhandel, der wiederum den Bio-Fachhandel bedient.

Anton Großkinsky

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