BioFach
Bio und Fair ist Thema des Jahres 2010
Weltleitmesse BioFach rückt fairen Handel in den Fokus
Fairer Handel und nachhaltiges Wirtschaften unter Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte zählen zu den Eckpfeilern unternehmerischen Handelns innerhalb der Bio-Branche. Ökologisch und fair produzierte Waren erlebten Fachbesucher von BioFach und Vivaness 2009 erstmals auf einer eigenen Sonderschau Organic + Fair. 29 Aussteller und 125 Produktpräsentationen bildeten das gesamte Spektrum des fairen Handels unter internationalen, nationalen und regionalen Aspekten ab. 2010 steht die Messe ganz im Zeichen von Organic + Fair.
„Eine wachsende Zahl von Kunden hinterfragt heute die Entstehungsprozesse der Produkte, die in ihren Einkaufskörben landen. Bio-Hersteller sind traditionell Überzeugungstäter, was Fairness betrifft. Ihnen allen bieten wir mit Organic + Fair eine ergänzende Plattform, auf der sie dem Fachpublikum die verschiedenen Aspekte fairen Handels, wie zum Beispiel das Thema soziale Verantwortung, vorstellen können“, betont Udo Funke, Projektleiter BioFach und Vivaness. Zwei Drittel aller Angebote aus fairem Handel stammen aus biologischem Anbau. Produkte mit dem Fairtrade-Label von Transfair in Bonn erbrachten 2008 einen Umsatz von circa 2,9 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Das Fairtrade-Siegel ist weltweit bekannt und genießt das Vertrauen der Verbraucher. In 15 Ländern, die im Rahmen einer Fairtrade-Studie untersucht wurden, kennt die Hälfte der Befragten das entsprechende Siegel. Neun von zehn Menschen halten es für glaubwürdig.
64 Prozent aller Verbraucher identifizieren Fairtrade mit strengen Standards. Dies steht in direktem Zusammenhang mit dem Vertrauen der Verbraucher. Knapp 75 Prozent halten eine unabhängige Zertifizierung für den besten Weg, den ethischen Anspruch eines Produktes glaubhaft zu machen. 120 unabhängige Inspektoren kontrollieren 1.150 Händler in 73 Ländern sowie 870 Produzentengruppen in 58 Ländern.
In Zeiten der Finanzkrise, die starke Schwankungen bei den Rohstoffpreisen nach sich zieht, spielt der faire Handel eine besonders große Rolle. Gerechte Arbeitslöhne leisten einen wichtigen Beitrag zur Existenzsicherung von Millionen Kleinbauern und ihren Familien in Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika.
Regionaler Aspekt: faire Erzeugerpreise
Traditionell bezeichnet Fairtrade den Handel zwischen wohlhabenden Industrieländern und Entwicklungsländern. Doch auch in Europa rücken gerechte Löhne für heimische Landwirte in den Fokus. Dank einer Initiative der Upländer Bauernmolkerei und der Einführung der Fair-Milch konnte in Deutschland ein Bewusstsein für Bio-Milchpreise geschaffen werden.
Anfang 2009 vereinbarten die wichtigsten Bio-Molkereien und weitere Akteure der Wertschöpfungskette mit den Erzeugern einen fairen Milchpreis von rund 40 Cent pro Liter. Unter Leitung des Bundesverbandes Naturkost und Naturwaren (BNN), Herstellung und Handel, startete Anfang Mai 2009 ein Aktionsbündnis aus Molkereien, Verbänden und Großhändlern eine Infokampagne gegen Milchpreisdumping im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel und für den Kauf von Bio-Milch.
Gepa als Wegbereiter
Deutsche Verbraucher kauften 2008 Gepa-Produkte im Wert von 73 Millionen Euro. Der Großhandelsumsatz der Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt in Wuppertal stieg im selben Geschäftsjahr um 2,5 Millionen auf 54 Millionen Euro.
„Solidarität und nicht Gier muss die Triebfeder in einer globalen Wirtschaft sein. Gerade in Zeiten der Krise liegt im fairen Handel die Chance, dies aufzuzeigen“, erklärt Thomas Speck, Geschäftsführer der GEPA.
In Frankreich erlebte das Unternehmen Alter Eco einen beeindruckenden Aufstieg zum Marktführer im Fairhandelsbereich. 1998 von Tristan Lecomte gegründet, erreichte es mit fair gehandelter Schokolade, Tee, Kaffee, Säften und Trockenfrüchten bereits Ende 2008 einen Umsatz von knapp 20 Millionen Euro.
Zu diesem Zeitpunkt lancierte Alter Eco das Null-Emissionsprogramm und brachte eine CO2-neutrale Schokolade auf den Markt. 2008 betrug der Umsatz mit Fairtrade-Lebensmitteln im französischen Lebensmittel-Einzelhandel 14 Millionen Euro. Alleine auf Kaffee entfielen 54 Prozent dieser Summe. Schokolade erzielte 14, Tee neun und Säfte fünf Prozent. Der Anteil der Sonstigen lag bei 18 Prozent.
Großbritannien: Fairtrade boomt
2008 überschritten die Umsätze mit Waren, die das Fairtrade-Siegel tragen, die 700 Millionen Pfund-Marke, so die Fairtrade Foundation. Dies entspricht einem Wachstum von 43 Prozent im Vergleich zu 2007. Tee, Zucker und Baumwolle verdoppelten die Verkaufszahlen, am stärksten nachgefragt wurden Bananen, die einen Zuwachs von 27 Prozent auf 184 Millionen Pfund verzeichneten.
In Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz wurde der faire Handel vor allem unter dem Namen Max Havelaar bekannt. Max Havelaar war der Titel eines 1860 in den Niederlanden veröffentlichten Buches, das sich kritisch mit der Kolonialverwaltung auseinander setzte.
Je beliebter fair gehandelte Produkte werden und sich dies in entsprechender Kaufbereitschaft äußert, desto mehr Siegel gibt es. Teilweise sind Anbieter fair gehandelter Produkte bereits seit Jahrzehnten mit ihren Produkten auf dem Markt – so zum Beispiel die Kennzeichnung Hand-in-Hand des deutschen Bio-Herstellers Rapunzel. Die Mittel dieses Projektes werden von einem Fonds verwaltet, der bei der Deutschen Umwelthilfe angesiedelt ist.
Im Gegensatz zum Bio-Begriff, der in der EU, USA, Japan und vielen anderen Ländern gesetzlich geschützt ist, trifft dies auf den Begriff Fairtrade nicht zu. Hier handelt es sich ausschließlich um privatwirtschaftliche Richtlinien und Vereinbarungen, was Kunden die Orientierung sowie die Einschätzung der Glaubwürdigkeit erschwert. Umso wichtiger ist es, diese selbstgesetzten Standards von unabhängigen Kontrollstellen überprüfen zu lassen.
Das Unternehmen FLO-Cert in Bonn wurde als Tochtergesellschaft von Transfair gegründet und bietet seine Dienste in mehr als 70 Ländern an. Getragen wird die Firma von 24 internationalen Mitgliedsorganisationen, denen die Marke Fairtrade gehört. Sie bestimmen die Entscheidungen beim Dachverband der Fairhandelsbewegungen FLO.
Die zertifizierten Waren entsprechen den Kriterien der internationalen Dachorganisation. Damit ist sichergestellt: Der Einkauf von Produkten mit dem FLO-Siegel trägt wirklich zur Verbesserung der sozial-ökonomischen Bedingungen in den Herkunftsländern bei.
Richtlinien und Rahmenbedingungen eines großen Teils des fairen Handels werden von FLO definiert und in Abstimmung mit den Mitgliedsorganisationen in den einzelnen Ländern ausgearbeitet. Eckpunkte des Standards: Mindest-Erzeugerpreise, ein Mehrpreis, der für Sozial- und Umweltprojekte verwendet werden kann, eventuelle Vorfinanzierung der Ernte.