Bier
Alkoholisches in Bio-Qualität
Wer nicht verzichten will...
Mittlerweile tragen auch alkoholische Getränke nicht selten das Bio-Siegel. Nach Bio-Wein wächst im Handel das Angebot an Öko-Bieren, und sogar Spirituosen sind zu finden.
Bio-Weine gewinnen nicht nur glänzende Medaillen, sondern auch die Herzen der Verbraucher. Als ein Beispiel von zahlreichen Anbietern kann man den Großhändler und Importeur Naturian heranziehen. Zu dessen Portefolio gehören ca. 700 Weine, Sekt, Prosecco sowie Likör und andere Spirituosen. Für das Unternehmen gilt Bio-Wein generell als Qualitäts- und Live Style-Produkt, wobei momentan vor allem deutsche Weine sehr gefragt seien.
Naturian beliefert alle Absatzmärkte für Bio-Weine und ist bei einigen freien Einzelhändlern (REWE, Edeka) gelistet. Um die Vermarktung zu unterstützen, geben die Mitarbeiter Hilfestellung bei der Regalauszeichnung und führen vor Ort Verkostungen durch.
Der Bio-Weinhändler macht auch Bio-Eigenmarken und Privat Labels. Durch die Zusammenarbeit mit Erzeugern ist Naturian auch in der Lage, die im LEH für derartige Projekte benötigten Mengen anzubieten. Den Eigenmarkensektor will das Unternehmen jetzt sogar ausweiten und dabei mit einer eigenen Demeter-Serie auf den Markt kommen.
Bio-Bier gerätin den Preiskampf
Nach Premium-Reinheitsgebot
Öko-Bier spielt eine zunehmende Rolle in der Gastronomie und im LEH, mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 115,2 Liter ein gewinnbringender Bereich. Im harten Wettbewerb können sich Öko-Brauer locker behaupten, sei es in punkto Vollmundigkeit, Frische, Bitterqualität oder Harmonie. Das Aroma stammt aus natürlichen Hopfendolden und nicht aus Extrakt, die Hefe ist nicht genmanipuliert, das Saatgut weder gebeizt noch begast. Zudem verzichten sie auf Reifebeschleuniger oder Stabilisatoren. Damit die Geschmacksstabilität auch erhalten bleibt, gilt es, traditionelle Braukunst und moderne sauerstofffreie Abfüllung miteinander zu verbinden.
„Durch den Eintritt der Discounter in den Bio-Bereich zeichnet sich eine Spaltung des Marktes in einen Bio-Billig-Sektor und einen Bio-Premium-Sektor ab", sagt Dr. Franz Ehrnsberger, Inhaber von Neumarkter Lammsbräu. Premium-Bier prägten eine ganzheitliche Bio-Qualität in Gesundheit, Herkunft und Innovation.
Auch Dennree hat begonnen, ein billiges Bier (0,5 Liter für 69 Cent) ausgerechnet in Neumarkt brauen zu lassen. Der unbedarfte Konsument wird womöglich von der Bezeichnung „Neumarkt" auf dem Billigbier gar nicht bemerken, dass es sich nicht um „sein" gewohntes Neumarkter Lammsbräu handelt. Es liegt nicht unbedingt an Aldi & Co.,dass Bio ins Billigangebot rutscht und damit die Gefahr des Qualitätsverlustes droht.
Neumarkter Lammsbräu arbeitet schon seit 1995 ausschließlich ökologisch. Gemeinsam mit dem Riedenburger Brauhaus decken die Bayern alles ab, was die Braukunst zu bieten hat: 14 verschiedene Biere! Bei Lammsbräu reicht das Angebot vom klassischen Pils über Biermischgetränke bis zur alkoholfreien Weisse, in 0,33 Liter- oder 0,5 Liter-Flaschen.
Der Marktführer berücksichtigt das wachsende Gesundheitsbewusstsein, weshalb etwa der Malztrunk nicht mit Zucker gesüßt ist. Bei den alkoholfreien Weissbieren hell und dunkel, die so gebraut wurden, dass erst gar kein Alkohol entsteht, gibt Lammsbräu sogar eine Nährwerttabelle an.
Ebenso bekömmlich munden die Biere der Riedenburger Brauerei, die eine steigende Nachfrage nach ihren Spezialitäten aus Urgetreide wie Emmer, Dinkel oder Einkorn verzeichnen. Aktuell haben sie ein glutenfreies Hirsebier auf den Markt gebracht. Alkoholfreies Radler, womit sie bereits in Frankreich erfolgreich sind, soll folgen.
Riedenburger findet man vielerorts bei Rewe, Real, Edeka und Netto, Lammsbräu beliefert vorwiegend Bayern. Letztere haben die Kampagne „Fair zum Bauern" initiiert, bei der die Partner für ihre Rohstoffe pro 20-er Kiste einen Euro mehr bekommen. Die regionale Herkunft und die Natürlichkeit von Hopfen und Gerste stellen unter anderem auch Riedenburger und Schleswig (‚Malz aus Bayern’) heraus. Mit dem Joint Venture Ecodrinks kommt Neumarkter Lammsbräu in Zukunft auch in die konventionellen Märkte. Der aufmerksame Konsument findet Lammsbräu vermehrt auch im gut sortierten Supermarkt.
Zu den Anbietern von naturtrüben, ungefilterten Bieren gehört etwa das milde Kellerbier der Flensburger Brauerei, die damit gerade in den Markt einsteigen. Die Brauerei Kapsreiter aus Österreich mit ihrem Stadtbräu aus bayerischem Tennenmalz in der auffallenden Bügelflasche, die Brauerei Schleswig und die Schlossbrauerei Stein Wiskott kommen hinzu.
Ein weiterer Trend geht in Richtung Lifestyle, dem das Lammsbräu Blond in der Longneck-Flasche Rechnung trägt. So wie das Pils The 4 Elements von Dupetit Natural Products zielt man damit auf die jüngere Generation.
Bei Schleswig mit der Marke Asgard setzt man auf ein originelles Wikingerimage. „Bier braucht Heimat", lautet das Motto der Brauerei, die neben 0,33 und 0,5 Liter-Gebinden auch moderne, schlanke Vichy-Flaschen im Six-Pack füllt.
Weissbier boomt längst nicht mehr nur im Süden. Viele Brauerein, die in den Biohandel einsteigen, beginnen mit der süffigen Sorte, beispielsweise die Meierhof-Privatbrauerei, die nach dem Hefe-Weizen ab Herbst ihre ganze Produktion ökologisch umgestellt haben will. Unertl hat zwar ein kleines, dafür aber nicht alltägliches Angebot, denn sie brauen ihre Philomena Weisse aus dem beliebten Dinkel.
Die Schlossbrauerei Stein Wiskott vermarktet unter der Dachmarke Heinz vom Stein ebenfalls zwei Weissbiere, außerdem ein naturtrübes Bier. Der Absatzmarkt liegt überwiegend im Gebiet zwischen Chiemgau und München, wobei die Brauerei den Werbevorteil hat, ihr Bier auf einer Höhlenburg in Stein mit der Erlebniswelt Heinz vom Stein tausenden Besuchern vorstellen zu können.
Rhöner Braukunst erwartet die Kunden mit den vier Öko-Varianten von Rother Bräu. Ihr Weizenbier begleiten Öko-Urtrunk, Ur-Pils und ein Biermischgetränk mit 35 % Apfelsaft. Demnächst sollen alle Biere, wie bereits der Urtrunk, in Bügelflaschen abgefüllt werden.
Moderne Biermixgetränke wie den alkoholarmen Radler haben viele Bio-Brauereien im Programm. Neben den Bier-Vollsortimentern sind das unter anderem Weissenoher mit Amrita (Ingwer und Früchte) und Härtsfelder mit Beer& Apple. Ungewöhnlich erscheint Hanf-Bier, das aber durchaus seine Kundschaft hat. Das aromatische Getränk bieten mittlerweile Rother Bräu, Dupetit Natural Products, Hirt oder die Weissenoher Klosterbrauerei an.
Hochprozentiges eher selten
Bio-Spirituosen fassen dagegen recht schwer Fuß im konventionellen Handel, zumal es recht wenige Unternehmen gibt, die ihre Erzeugnisse nicht nur im regionalen Rahmen verkaufen.
Eine Ausnahme macht Dwersteg mit diversen Spirituosen bzw. Likör und Trüffel: Ihre Vertriebspartner sind gehobene Gastronomie, Lebensmittelfilialisten, Wein- und Spirituosenfachhandel sowie Großhändler. Dwersteg will dabei das Life-Style Potenzial mit einem Nachhaltigkeitswert verbinden, was auch in Design und Verpackung zum Tragen kommt.
Liköre produziert das Unternehmen selbst. Auch Privat Label zum Beispiel für GEPA, Tiemann oder Voodoo-Food. Außerdem arbeitet man gerade an einem Weinbrand und einem Kräuterlikör. Eine höchst ausgefallene feinbittere Spezialität aus Topinambur kann man von der Destillerie Cordes erstehen, bislang nur auf Verdener Hofläden.
Die originellen Weithaltsflaschen mit Den Ouden Advokaat-Eierlikör aus Belgien werden dagegen durchaus über konventionelle Geschäfte und Großhändler vertrieben. Auch hier wird an Neuheiten getüftelt: Eierlikörtörtchen und -pralinen.
Bettina Pabel