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NGOs werfen EU-Kommission Täuschung bei Pestizidzahlen vor

Beschwerde bei der Europäischen Bürgerbeauftragten eingereicht

Die NGOs Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Europe), IFOAM Organics Europe und Global 2000 haben eine formelle Beschwerde bei der Europäischen Bürgerbeauftragten eingereicht. Der Grund: Die EU-Kommission stützt sich bei der Messung von Pestizideinsatz und -risiko auf den sogenannten Harmonisierten Risikoindikator 1 (HRI 1), den die Organisationen als irreführend kritisieren.

„Der aktuelle Indikator spiegelt die tatsächliche Toxizität von Pestiziden nicht wider“, betont Helmut Burtscher-Schaden, Chemikalienexperte bei Global 2000. So werde damit etwa Backpulver, das im Ökolandbau eingesetzt wird, ein über 800 Prozent größeres Risiko zugeschrieben als Difenoconazol, ein synthetisches Fungizid, das als hochgiftig und persistent einzustufen sei.

Dieser Fehler liege darin begründet, dass es sich bei HRI 1 um einen im Wesentlichen volumenbasierten Indikator handelt, erklärt Eric Gall, stellvertretender Direktor des Bio-Dachverbands IFOAM Organics Europe. Natürliche Substanzen, die in größerer Menge ausgebracht werden, werden dadurch benachteiligt.

Gestützt auf den fehlerhaften Indikator behaupte die Kommission nun regelmäßig, dass der Pestizideinsatz in Europa zurückgehe, kritisiert Martin Dermine, Geschäftsführer von PAN Europe. „Das stimmt nicht: Vorliegende Verkaufszahlen von Pestiziden zeigen, dass es keinen nennenswerten Rückgang beim Einsatz toxischer Pestizide gibt“, stellt er klar. Die Verwendung des HRI 1 führe damit sowohl politische Entscheidungsträger als auch die Öffentlichkeit in die Irre.

Die drei NGOs sehen in der Nutzung und Förderung des Indikators einen Verstoß gegen die Grundsätze guter Verwaltung, aufgrund fehlender Genauigkeit und Transparenz.

Sie fordern die Kommission auf:

  • einen wissenschaftlich fundierten Indikator einzuführen, der die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt berücksichtigt und eine glaubwürdige Messung des Pestizidreduktion ermöglicht.
  • bisherige irreführende Aussagen zu korrigieren, um das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherzustellen.

Die Europäische Bürgerbeauftragte wird nun prüfen, ob die Beschwerde gerechtfertigt ist und ein Verwaltungsfehler seitens der EU-Kommission vorliegt.

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