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Frischfleisch im Supermarkt: kleine Schritte zu besserer Haltung

Transparenz in Theken mangelhaft

Frischfleisch im Supermarkt: kleine Schritte zu besserer Haltung © Fred Dott / Greenpeace

Bis 2030 wollen die führenden Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland die Haltungsformen 1 und 2 (Stallhaltung und Stallhaltung Plus) komplett aus ihrem Frischfleischsortiment verbannen. Der Weg ist allerdings noch weit: Nach dem Supermarkt-Check, für den Greenpeace seit 2019 jährlich den Handel befragt, liegt der Anteil des Billigfleisches bei den Eigenmarken momentan bei gut 82 Prozent – immerhin knapp fünf Prozent weniger als 2023. Ein Sorgenkind bleiben die Bedientheken – sowohl mit Blick auf die Haltungsform als auch was die Kennzeichnung angeht.

„Um in den nächsten Jahren Billigfleisch wirklich aus ihren Kühltheken zu verbannen, müssen die Supermärkte jetzt weiter Tempo machen und ihre Zwischenziele einhalten”, sagt Christiane Huxdorff, Landwirtschaftsexpertin von Greenpeace. „Gerade in Zeiten großer Veränderungen sind Planungssicherheit und verlässliche Handelspartner für die Landwirt:innen unerlässlich.“

Für seinen Supermarkt-Check hat Greenpeace zehn große Einzelhandelsketten befragt. Von Metro und Norma gab es keine Rückmeldung. Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny und Rewe gaben jedoch Auskunft über den Status quo und ihre nächsten Ziele. Sie alle wollen bis 2025 Frischfleisch aus Haltungsform 1 vollständig aus ihrem Angebot streichen. Aktuell stammen laut der Umfrage allerdings noch gut elf Prozent aus der niedrigsten Haltungsstufe. Besonders herausfordernd ist die Umstellung bei Rindfleisch, das momentan noch zu 61 Prozent aus Haltungsform 1 bezogen wird.

Insgesamt verteilt sich das Frischfleischsortiment der Supermarkt-Eigenmarken 2024 wie folgt:

  • Haltungsform 1: 11,5 Prozent
  • Haltungsform 2: 71 Prozent
  • Haltungsform 3: 10,2 Prozent
  • Haltungsform 4: 6,3 Prozent

Dabei wurde bei der Premium-Stufe 4, die ständigen Weide- oder Laufhofzugang vorschreibt und zu der auch Bio gehört, seit 2023 die geringste Verbesserung erzielt: Sie legte nur um 0,3 Prozent zu.

Luft nach oben – in der Theke und beim Rind

Das Rindfleisch-Sortiment sticht aus der Statistik sowohl im Positiven als auch im Negativen heraus. Überwiegt bei Schwein und Geflügel deutlich die Haltungsform 2 mit über 80 Prozent, ist diese bei Rind fast gar nicht vertreten. Dem vielen Billigfleisch aus Stufe 1 steht ein überdurchschnittlicher Anteil an Premium-Ware gegenüber: Die Haltungsform 3 erreicht über 20 und die Haltungsform 4 fast 14 Prozent.

Insgesamt überwiegen die Haltungsformen 1 und 2 nach Auskunft der Händler vor allem noch in den Bedientheken. Mit Blick auf Rindfleisch bietet Netto hier bisher ausschließlich Ware der Haltungsform 1. Ziel des Discounters ist es, das Rindfleischangebot komplett auf Stufe 3 zu hieven.

Auch bei der Edeka stammen noch 65 Prozent des Theken-Rindfleischs aus der niedrigsten Haltungsstufe. Greenpeace bemängelt, es gebe für das kommende Jahr so gut wie keine Ziele für die Umstellung auf Haltungsform 3.

Rewe hat das Billig-Rindfleisch in der Theke bereits auf 30 Prozent dezimiert und bezieht mehr als die Hälfte aus Haltungsform 3 – bei Putenfleisch sind es sogar schon über 80 Prozent. Bis Mitte 2025 will der Händler Hähnchen und Pute fast komplett auf Stufe 3 gebracht haben, beim Rind werden 75 Prozent angepeilt.

Kaufland gewinnt Thekencheck – allerdings ohne Bio

Klarer Sieger in der Bedientheke ist – für einige wohl überraschend – Kaufland. Nur noch zwei Prozent des Rindfleischs bezieht der Einzelhändler laut eigenen Angaben aus Haltungsform 1. Dagegen dominiere durchweg schon die Haltungsform 3: bei Schwein, Pute und Hähnchen fast zu 100, bei Rind zu 81 Prozent.

Was Bio- und Weidefleisch angeht, können dagegen ausschließlich Edeka und Rewe punkten – wenn sich die Anteile auch erst zwischen ein und fünf Prozent bewegen. „Bei den meisten Händlern befindet sich das Biofleisch in den SB-Regalen, da die Zertifizierung für die Theken Aufwand bedeutet“, heißt es im Greenpeace-Bericht.

Wenige Label in den Theken…

Deutlich kritisiert wird im Supermarkt-Check ein Mangel an Transparenz, der nicht über die Befragung, sondern mittels Stichprobenrecherche ermittelt wurde. Dafür hat die NGO im Juni bundesweit 104 Filialen von Edeka, Kaufland, Netto und Rewe besucht und die Fleischtheken auf Tierhaltungskennzeichen überprüft. Der Recherche nach ist nur ein Drittel der Thekenware mit dem freiwilligen Haltungsform-Label gekennzeichnet und in über 35 Prozent der besuchten Märkte fehlte die Kennzeichnung komplett.

Insbesondere Fleisch mit Haltungsform 1-Kennzeichnung sei lediglich bei Netto zu finden gewesen – dabei ist es in den meisten Theken wie erwähnt im Rinderbereich noch vielfach vorhanden. „An den renommierten Fleischtheken ist für Kund:innen weiterhin kaum ersichtlich, wie die Tiere gehalten wurden, deren Fleisch sie kaufen”, kommentiert Huxdorff. „Das grenzt an Verbrauchertäuschung.“

Als besonders intransparent kritisiert der Bericht die Edeka, in deren Theken zu über 70 Prozent überhaupt keine Kennzeichnung vorhanden war. Mit Blick auf die gesamte Thekenware seien nur zwölf Prozent gekennzeichnet gewesen, womit sich der Händler im Vergleich zur letzten Stichprobe deutlich verschlechtert habe.

Die Rewe hat sich dagegen um sechs Prozentpunkte verbessert und konnte in 20 Prozent der Theken eine Haltungsform-Kennzeichnung vorweisen. Insgesamt waren 45 Prozent der untersuchten Produkte ausgezeichnet.

Kaufland und Netto zeichnen sich laut Greenpeace bereits durch ein höheres Transparenz-Niveau aus. Das Label habe man dort „recht umfassend in allen besuchten Filialen“ gefunden und mehr als 90 Prozent der Thekenware sei gekennzeichnet.

Ziel erreicht: Geflügel der Stufe 1 ist Vergangenheit

Etwas Positives zum Schluss: Lässt man das Rindfleisch außen vor, haben alle teilnehmenden Einzelhändler den Ausstieg aus der Haltungsform 1 fast vollständig abgeschlossen: Schweinefleisch wird kaum noch und Geflügel überhaupt nicht mehr aus der niedrigsten Haltungsstufe angeboten.

Im SB-Bereich bezieht Aldi Süd 70 Prozent des Putensortiments aus Haltungsform 3, Lidl hat beim Rind 62 Prozent der Stufe 3 erreicht. Was die Premium-Stufe 4 angeht, ist die Edeka Vorreiter und erreicht bei fast allen SB-Fleischsorten die höchsten Anteile: zwischen zwölf und 24 Prozent. Die Rewe landet bei SB-Geflügel auf Platz 2, Aldi Süd beim SB-Schwein – mit jeweils über zehn Prozent. Und Aldi Süd kann den Preis für den größten SB-Rindfleischanteil der Haltungsform 4 für sich verbuchen: mit fast 28 Prozent.

 

Das Greenpeace-Ranking zum Frischfleisch-Angebot

  1. Aldi Süd
  2. Kaufland
  3. Edeka
  4. Lidl
  5. Rewe
  6. Aldi Nord
  7. Netto
  8. Penny

Dabei gab es bei Aldi Süd, Kaufland, Lidl, Rewe und Penny eine Verbesserung seit dem letzten Supermarkt-Check. Edeka, Aldi Nord und Netto haben sich dagegen leicht verschlechtert.

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