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Wie Bio auf großer Fläche Wirkung zeigt

bioPress-Korrespondent Peter Jossi im Gespräch mit Arnika Organic (Teil 2)

Wie Bio auf großer Fläche Wirkung zeigt © Anastasiia Bilych/ Arnika Organic

Anastasiia Bilych, Fachfrau für Sustainable Development in Agribusiness, wirkt seit über fünf Jahren für die Agroindustrial Group Arnika Organic – heute als Leiterin der Strategie- und Kommunikationsabteilung. Im zweiten Teil des Interviews (Teil 1: ‚Bio in Kriegszeiten‘, siehe Ausgabe 119) gibt sie Einblick in Best Practices im Ökolandbau und die auf großer Biofläche erzielte Wirkung.

bioPress: Seit dem ersten Interview-Teil ist es Sommer geworden – wie geht es Ihnen und Ihrem Team?

Bilych: Wir leben und arbeiten im Vertrauen auf unsere Streitkräfte, unsere internationalen Partner – und auf uns selbst. Eine bedeutende Herausforderung liegt in der Verantwortung für unsere wehrpflichtigen Mitarbeiter. Notwendig und wichtig ist die Entwicklung einer sozialen Praxis für unsere mobilisierten und demobilisierten Mitarbeiter. Akut bleibt die Arbeit mit den Familien der Gefallenen sowie für den Agrar- und Ernährungssektor allgemein, im Besonderen auch für unser Team.
Gleichzeitig bleiben die Fragen der Sicherheit, der Logistik und der finanziellen Liquidität der Unternehmen akut. All diese Probleme sind jedoch lösbar – angesichts der übergeordnete Ziele: der gerechte Sieg und ein Leben in Frieden für die ganze Ukraine.

bioPress: Wie entwickeln sich die Kulturen auf den Arnika-Feldern?

  • © Anastasiia Bilych/ Arnika Organic
Anastasiia Bilych, Leiterin Strategie und Kommunikation der Agroindustrial Group Arnika Organic, im Feldeinsatz im Juni 2024

Bilych: Unser Team ist mit einem Portfolio von Grundnahrungsmitteln in die Frühjahrs-Anbaukampagne gestartet: Bio-Sojabohnen, Mais, Sonnenblumen mit hohem Ölsäuregehalt, Flachs, Senf sowie Selektions- und Saatgutparzellen. Das Agronomieteam beschäftigt sich derzeit mit der Pflanzenpflege. Die Abteilung für Phytopathologie und Entomologie ist mit der Einrichtung von Biodiversitäts-Hotspots für die seltenen Gelbköpfigen Dolchwespen (Megascolia maculata)  beschäftigt. Diese Populationen wollen wir erhalten und vergrößern.
Mit einem Wiederaufbau-Projekt weiten wir gleichzeitig unsere Bewässerungsnetze aus. Für die Saison 2024/2025 ist eine Erweiterung um etwa 400 Hektar geplant. Mit diesem Ziel ergreifen wir konkrete Maßnahmen für die Neuausrüstung des Maschinen- und Traktorenparks.

bioPress: Welche Arbeiten stehen abseits der Felder im Fokus?

Bilych: In naher Zukunft können wir die erste Bauphase für ‚Arnika Oil‘ abschließen und unsere eigene Öl- und Fett-Herstellung in Betrieb nehmen. Der Bioverarbeitungsbetrieb wird eine Kapazität von 50.000 Tonnen Bio-Sonnenblumen mit einem qualitativ hohen Ölsäuregehalt bieten.
Das Logistik- und Exportteam arbeitet an der Verschiffung unserer biozertifizierten Agrarprodukte an Partner in den EU-Ländern und optimiert die Routen unter Berücksichtigung von Kosten, Verfügbarkeit und Lieferzeiten. Wir entwickeln dazu praxisfähige Lösungen, etwa durch Automatisierung und Lean-Management. Mit Hilfe von technologischen Kreisläufen wollen wir als wichtiges Ziel etwa die Vermeidung von Verlusten optimieren.
Das Marketingteam bereitet derweil die Teilnahme an den nächsten internationalen Messen vor, insbesondere die SIAL 2024 und Biofach 2025. Wir hoffen sehr, dass wir dort mit unseren Partnern:innen aus dem Sektor zusammentreffen werden.

bioPress: Was bedeutet ‚Organic Best Practice’ für Arnika Organic?

Bilych: Bei Arnika geht es um das Land und das Ökosystem, um die biologische Vielfalt und Nachhaltigkeit, um Menschen, modernes Management, Transparenz und Rückverfolgbarkeit, um internationale Reputation, Partnerschaft, Strategie und Entwicklung sowie um langfristige Ziele. Dies erreichen wir im Team als Gemeinschaft, in Verbindung mit der Umwelt und der Überzeugung, dass wir als wichtiger Akteur für die positiven Veränderungen im Kontext globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel wirken müssen.
Der ökologische Landbau in unserem Betrieb besteht nicht nur aus einem Komplex moderner Maschinen, die in den technologischen Kreislauf eingebunden sind, sondern zudem auf wissenschaftlich fundierten Ansätzen für die Auswahl der Kulturen, die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen. Unser Vorteil gegenüber dem kleinbäuerlichen Bioanbau liegt in der technologischen Effizienz. So haben wir etwa auf die Biomethode angepasste Technologien für die großformatige Aussaat und das Eggen entwickelt. Alle unsere technologischen Prozesse sind durch GPS-Überwachung begleitet, was die Effizienz der betrieblichen Aktivitäten erhöht. Der Einsatz unbemannter Technologien ermöglicht es, Krankheitsherde auf den Feldern rechtzeitig zu erkennen und entsprechend schnell einzugreifen.

bioPress: Manche sagen: Bio auf großer Fläche ist nicht möglich – Ihre Antwort?

Bilych: Die ökologische Produktion in großem Maßstab hat sich als äußerst

effektiv erwiesen. Wir haben unseren Weg in der ökologischen Landwirtschaft schrittweise begonnen, um die Technologie zu entwickeln, um zu verstehen, worauf es ankommt, um bestimmte Probleme auf den Feldern effektiv zu bekämpfen. So erreichen wir das gleiche Produktivitätsniveau wie mit der intensiven konventionellen Technologie.
Zu den Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung der ökologischen Agrartechnologie und ihrer Skalierung kamen noch die Klimarisiken. Wir versuchen, deren negative Auswirkungen zu minimieren. In diesem Bereich hat unser Team eine gewisse Meisterschaft der Agrartechnologie erreicht.

bioPress: Die Solidarität und Kooperation ist nach wie vor auch an der EU-Ostgrenze bedroht…

Bilych: Offizielle Einfuhrbeschränkungen auf der einen Seite und die seit Monaten anhaltenden Blockadeaktionen an der Ostgrenze der EU auf der anderen Seite sind das Gegenteil von Solidarität. Wir hoffen, dass der ‚gordische Knoten‘, der sich rund um die Demonstrationen gegen den ukrainischen Agrarsektor, die politischen Prozesse in verschiedenen EU-Ländern sowie die Frage der Fortführung der Handelsvereinbarungen gebildet hat, nicht zerschnitten, sondern sorgfältig gelöst wird. Daran sollten alle Parteien interessiert sein. Wenn eine Partei Veränderungen oder Umgestaltungen braucht, dann muss dies im Interesse der gemeinsamen Entwicklung geschehen.

bioPress: Zum Abschluss ein Blick in bessere Zukunftszeiten?!

Bilych: Wenn wir über den Biomarkt sprechen, so durchläuft er derzeit schwierige und turbulente Zeiten. Dies ist eine Zeit wie in jeder Krise, in der sich der Markt verändert: Die stärksten Teams werden überleben, die stabilsten Unternehmensmodelle werden auf dem Markt bleiben, flexibel und mit einer ausreichenden Marge an Stärke und Vertrauen. Der Markt braucht also Zeit, und alle Akteure brauchen die Kraft, um durch diesen stürmischen Ozean zu schwimmen.
Aber Marktturbulenzen sind nicht so schrecklich wie ein Krieg im eigenen Land, wie die Abwesenheit von Frieden, wie das Ausbluten der eigenen Nation. Was die Ukraine braucht, und was die gesamte zivilisierte Welt brauchen sollte, ist daher der Sieg der Ukraine, eine Welt, in der ein klares Bewusstsein für die Bestrafung des Bösen herrscht, eine Welt, die sich mit den Problemen des Planeten und seiner Zukunft beschäftigt und nicht mit seiner Zerstörung.

 

Arnika Organic: Bio als Geschäft und Philosophie
- 18.000 Hektar zertifizierte Biofläche
- 50.000 Tonnen Bruttojahresproduktion
- 1.600 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche unter Bewässerung
- 220 Einheiten selbstfahrende Maschinen
- 114.000 Tonnen Lagerkapazität für die gleichzeitige Lagerung von biologischen Landwirtschaftsprodukten
- Einhaltung der EU-, BioSuisse-, NOP-, COR- und JAS-Normen für die biologische Produktion
- 40.000 Tonnen jährlicher Export
- 1/5 des Gesamtvolumens der ukrainischen Bio-Exporte in EU-Länder
- Insgesamt über 25 Exportländer, darunter die EU, die Schweiz, der Nahe Osten, Nordamerika und Japan
- Top-3-Schlüsselkulturen wie Sojabohnen, Mais und Sonnenblumen
- Verringerung der Kohlenstoffemissionen in einer Größenordnung von 1,02-1,51 t CO²-Äq./ ha pro Jahr je nach Anbaukultur dank der vorhandenen landwirtschaftlichen Technologie
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