Gesunde Ernährung
Voelkel fordert Zuckerwerbeverbot
Verbände warnen vor Scheitern des Kinder-Lebensmittel-Werbegesetzes

Ein Jahr ist vergangen, seit Bundesernährungsminister Cem Özdemir seinen Gesetzentwurf, durch den an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel stärker reguliert werden soll, vorgestellt hat. Seither herrscht Stillstand: Die FDP stimmte dem Vorschlag nicht zu, obwohl ein entsprechendes Werbegesetz im Koalitionsvertrag vereinbart worden war. Gesundheits- und Verbraucherverbände appellieren jetzt an die Regierung, das Koalitionsversprechen umzusetzen. Auch der Bio-Safthersteller Voelkel fordert „mehr statt weniger Werbeverbote“.
„Bundeskanzler Olaf Scholz darf nicht länger tatenlos zuschauen, wie die FDP wirksame Werbeschranken zum Gesundheitsschutz der Kinder blockiert“, betont Foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann. Bereits im vergangenen Sommer haben 60 Organisationen FDP-Parteichef Christian Lindner dazu aufgefordert, das Kinderschutz-Gesetz zu unterstützen, darunter Slow Food, die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und das Institut für Welternährung.
Jetzt fordern Foodwatch, die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), der AOK-Bundesverband sowie der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) erneut, die Werbebeschränkung für ungesunde Lebensmittel auf den Weg zu bringen. „Die Faktenlage ist bestechend: Werberegulierung wirkt“, erklärt vzbv-Vorständin Ramona Pop. „Jetzt liegt es an den politischen Akteur:innen, die wissenschaftsbasierten zielführenden Vorschläge aus dem Bundesernährungsministerium in ein Gesetz zu gießen, damit die Kindergesundheit nicht zwischen den Interessen der Industrie weiter zerrieben wird“, so DANK-Sprecherin Barbara Bitzer.
„Werbung für Zuckerbomben, die sich gezielt an Kinder und Jugendliche richtet, ist nie cool. An keinem Ort und zu keiner Tageszeit. Da gibt es kein ‚ein bisschen OK‘“, meint auch Jurek Voelkel, Geschäftsführer der Naturkostsafterei. Noch besser wäre es, nicht nur über Zucker, sondern auch über Chemie zu reden. Viele aktuell von Influencern beworbene Getränke seien „nichts als absurde Cocktails aus Farbstoffen, künstlichen Aromen, Zucker, Konservierungsmitteln und Wasser“. Außerdem seien selbst kalorienarme Limonaden als Genussmittel für den gelegentlichen Gebrauch gedacht – und nicht als reine Durstlöscher. „Darum verzichten wir einfach gänzlich darauf, Kinder mit unserer Werbung zu adressieren“, so Voelkel.
Passend zur Diskussion hat der Hersteller eine neue Range an kalorienarmen Erfrischungsgetränken gelauncht, die auf der Biofach vorgestellt wurden: ‚Biozisch light‘ mit weniger als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter.
Während die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) weiter Stimmung gegen Özdemirs Gesetzentwurf macht, zusammen mit dem Lebensmittelverband Deutschland und dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), hat der Minister Ende letzten Jahres (unerwartete) Unterstützung vom Lebensmittelkonzern Danone und dem Discounter Lidl bekommen.
Danone erklärte das Vorhaben „grundsätzlich für richtig“ und eine Werbebeschränkung auch im Fernsehabendprogramm, das sich an die ganze Familie richtet, für angemessen – obwohl Werbung für ungesunde Lebensmittel bei einer erwachsenen Zielgruppe weiterhin erlaubt sein solle. Lidl hatte schon im vergangenen März angekündigt, selbst weitgehend auf an Kinder gerichtete Werbung zu verzichten. Außerdem wolle der Discounter auch Lieferanten dazu bewegen, entsprechende Werbemotive zu ändern.
Details zum geplanten Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz (KLWG) finden Sie hier.