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Antibiotika-Einsatz bei Masttieren geht zurück

Bundesinstitut für Risikobewertung veröffentlicht ersten Jahresbericht

Antibiotika-Einsatz bei Masttieren geht zurück © stock.adobe.com_littlewolf1989

Seit diesem Jahr hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die Aufgabe, jährlich die Daten zum Antibiotika-Einsatz im Hinblick auf deren mögliche Bedeutung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu bewerten. Im ersten Jahresbericht für 2022 zeigt sich eine rückläufige Tendenz: sowohl mit Blick auf die Zahl der Behandlungstage pro Tier als auch auf die insgesamt eingesetzte Antibiotika-Menge. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Verbrauchsmenge von Antibiotika bei zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten insgesamt um zwölf Prozent zurückgegangen.

„Der Rückgang zeigt, dass das im Tierarzneimittelgesetz festgeschriebene Antibiotikaminimierungskonzept wirksam ist“, sagt BfR-Präsident Andreas Hensel. „Das ist eine gute Nachricht. Durch den geringeren Antibiotikaeinsatz sinkt langfristig das Risiko durch resistente Keime. Mit Hilfe der nun jährlichen Berichte sind wir deutlich näher am Geschehen und können zeitnah Handlungsempfehlungen geben.“

Konkret untersucht wurde die Entwicklung der Therapiehäufigkeit und der Verbrauchsmengen von antimikrobiellen Substanzen bei Mast-Kälbern, -Rindern, -Ferkeln und -Schweinen, -Hühnern und -Puten. Bezogen auf die Verbrauchsmengen je Tier und Tag war der Rückgang bei Ferkeln und Hühnern am stärksten (jeweils 12 %), gefolgt von Puten (8 %), Kälbern (5 %) und Schweinen (3 %).

Auch die populationsweite Therapiehäufigkeit ging zurück: am stärksten bei den Ferkeln mit acht Prozent, gefolgt von Hühnern (4 %), Puten (3 %), Kälbern und Schweinen (je 2 %). Lediglich bei den über acht Monate alten Mastrindern stiegen Therapiehäufigkeit und Verbrauchsmengen für Antibiotika im vergangenen Jahr. Allerdings ist in dieser Tiergruppe der Antibiotikaeinsatz insgesamt mit deutlichem Abstand geringer als in allen anderen untersuchten Gruppen.

Hervorzuheben sei außerdem ein Rückgang der Verbrauchsmengen bei den besonders kritischen Wirkstoffen der Cephalosporine der 3. und 4. Generation (32 %) und der Polypeptidantibiotika (24 %). Die populationsweiten Therapiehäufigkeiten für diese Substanzen gingen bei der Mehrzahl der Tiergruppen ebenfalls zurück. Auch die Verbrauchsmengen von Fluorchinolonen sanken insgesamt (9 %), allerdings wiesen vier der sechs Nutzungsarten (Kälber, Ferkel, Schweine, Puten) einen Anstieg der Therapiehäufigkeit auf.

Die Ergebnisse für das Jahr 2022 zeigen, dass Hühner die höchste populationsweite Therapiehäufigkeit aufwiesen (45 Tage je Tier und Jahr), gefolgt von Puten (41 Tage), Kälbern (26 Tage), Ferkeln (21 Tage), Schweinen (6 Tage) und Rindern (< 1 Tag). Die Verbrauchsmenge von Antibiotika in den sechs untersuchten Tiergruppen betrug insgesamt 309 Tonnen, von denen der größte Teil auf Schweine entfiel (91 Tonnen), gefolgt von Ferkeln (62 Tonnen), Puten (56 Tonnen), Hühnern (52 Tonnen) und Kälbern (46 Tonnen). Bei Mastrindern wurde weniger als eine Tonne an Antibiotika verbraucht.

Die Antibiotika-Resistenzraten des Indikatorkeims E. coli haben sich in den vergangenen Jahren verringert. Allerdings zeigt sich, dass nicht jeder reduzierte Antibiotika-Einsatz unmittelbar zu verringerten Resistenzraten führt. Es seien deshalb weitere Anstrengungen erforderlich, um das Risiko einer Exposition der Verbraucher gegenüber antibiotikaresistenten Bakterien zu verringern.

In der Vergangenheit hat das BfR bereits zwei Berichte zum Antibiotika-Einsatz über längere Beobachtungs-Zeiträume veröffentlicht. Jetzt ist der erste Jahresbericht erschienen. Die Auswertungen stützen sich auf Meldedaten des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG).

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