Öko-Absacker in Fülle
Brennereien liefern umfangreiche Bio-Sortimente

Bio gleich enthaltsam? Das war einmal. Spirituosen-Hersteller ermöglichen Bio-Kunden heute ein buntes, volles Schnapsregal ohne Abstriche und garantieren einen umweltfreundlichen und schmackhaften Absacker. Ob Wodka, Gin, Rum oder Liköre – aus reinem Quellwasser, Getreide und Botanicals in Bio-Qualität kreieren die Brennereien Schnäpse für jeden Geschmack.
Neben der Verwendung von biologischen Zutaten setzen Bio-Produzenten auf traditionelle Verfahren und handwerkliche Herstellung. Viele verwenden eigenes Quellwasser, sind vegan-zertifiziert und heben zudem eine besonders schonende Destillation hervor.
Gin Gin!
Gin-Liebhaber, die pestizidfreie Drinks konsumieren wollen, haben im Bio-Regal die Qual der Wahl. Die Brennereien liefern vielfältige Variationen des beliebten Wacholderschnapses. In der Regel werden Dry Gins produziert, also Getränke mit maximal 0,1 Gramm Zucker pro Liter, die mindestens zweimal destilliert werden. Zur Aromatisierung mit Botanicals setzen die meisten Bio-Hersteller auf die Mazeration, bei der die Botanicals direkt über mehrere Stunden bis Tage im Rohalkohol eingeweicht werden.
In der fantasievollen Kombination von zahlreichen verschiedenen Botanicals zeigt sich die individuelle Note der Gins. Spitzenreiter bei der Menge der Zutaten ist die traditionelle Südtiroler Gutsbrennerei Walcher, die für ihre Gins mit Namen wie ‚La Vita è Bella‘ und ‚Sole e Luna‘ 24 mediterrane Botanicals verwendet. Dadurch verspricht sie einen opulenten südländischen Gin-Genuss mit frischen, fruchtigen Akzenten und würzig-feurigen Nuancen. Klassischer präsentiert sich ihr Premium Gin, Marke Biostilla, mit handverlesenen wildwachsenden Wacholderbeeren, Koriandersamen, Salbei- und Holunderblüten sowie Iriswurzel.
„Reduziert auf das Wesentliche“ ist Dwerstegs MoGin mit kräftigem Wacholdergeschmack und einer leichten floralen Note von Orangen- und Lavendelblüten. Die Wacholdernote etwas zurückgenommen hat die Daisy & Friends GmbH Köln bei ihrem London Dry Gin. Stattdessen dominieren hier Gänseblümchen, Goji-Beere, Muskatnuss- und Orangen-Blüte. Einen Klassiker liefert auch die Erfurter Brick GmbH mit ihrem Gin, der mit Zitrone und Kubeben-Pfeffer versetzt wurde und 2021 ein neues orangenes Design bekommen hat.
Von Spreewaldgurken bis Tannenknospen
Ausgefallene Gin-Variationen gibt es von der Berliner Grote & Co. Spirits oHG: Ihr Spree Gin mit Demeter-Spreewaldgurken wird in einer historischen Vakuum-Destille schonend von Hand destilliert, mit Botanicals wie Lavendelblüten, Pomeranzenschalen und Süßholzwurzel angereichert und hat bereits internationale Preise gewonnen, etwa beim World-Gin-Club als ‚Outstanding Gin‘. Preisgekrönt ist auch ihr noch neuer Rhubarb Melon Gin, eine milde, fruchtige Sommer-Edition. Als Gegenstück gibt es für den Winter den Blood Orange Gin mit dezenter Zimt-Note, der auch gut mit heißem Apfelsaft als Glühgin genossen werden könne.
Den „vielleicht schärfsten Gin der Welt“ bietet die Hamburger Peppe Deutschland GmbH mit ihrem neuen Ingwerer Gin, der mit Ingwer und Apfel veredelt wird. Hergestellt wird er in einer Berner Spirituosen Manufaktur, wo jede Flasche nach der Abfüllung von Hand verschlossen werde. „Hier gilt Achtsamkeit statt Fließband“, so die Kommunikationsverantwortliche Doro Beck. Die Apfelbauern, von denen Peppe die Ware bezieht, seien dem Unternehmen außerdem persönlich bekannt.
Einen belebenden Effekt verspricht die belgische Maredsous Distillery mit ihrem Botanical Dry Gin ‚Invictus‘, der aus vitalisierenden Pflanzen wie Wacholderbeere, gemeiner Bärenklau, Haselkätzchen und Engelwurz gewonnen wird und durch die Reifung in Eichenfässern dazu holzige, trockene Aromen erhält. Dagegen wirke ihr Gin ‚Aéquatis‘ regulierend und verdauungsfördernd, was auf einen Aufguss aus mehr als zehn Baumknospen und Blättern zurückzuführen ist, etwa Tannenknospen, Eschenblätter, Weißdorn und Haselnussblätter.
Auch für Antialkoholiker ist vorgesorgt: Die Schwarzwälder Familien-Brennerei Boar Distillery hat mit ihrem Boar Zero neu ein alkoholfreies Bio-Destillat auf den Markt gebracht. Ohne Zucker und Konservierungsstoffe, dafür verfeinert mit würzigem Wacholder, pikant-süßlichem Thymian, blumigem Lavendel und Zitrus- und Koriandertönen sei die Neuheit eine ideale Basis für alkoholfreie Cocktails und „der perfekte Drink für alle, die nicht trinken“. Auf Lavendel, Zitronen und Kräuterextrakte setzen auch Grote & Co. mit ihrem würzig-frischen, alkoholfreien Gin Spree Zero.
Limoncello, Amaretto und Ingwerer
Wer es lieber süß mag, kann auf eine große Auswahl an Bio-Likören zurückgreifen. Eine Reihe an Likören vertreibt Walcher unter seiner Marke Biostilla: ob ein Limoncello mit Bio-Zitronen aus der Gegend um Catania, ein Arancello mit sizilianischen Blutorangen, ein Holunderblüten-Likör mit sizilianischen Limonen oder ein Haselnuss-Likör mit frisch gerösteten Haselnüssen.
Den Bestseller Limoncello, mit handgeschälten Zitronenschalen und natürlich-frischem Sommer-Aroma, hat auch Dwersteg im Sortiment, zusammen mit zahlreichen anderen Likören. Eine Kombination aus Bittermandeln, Karamell und Bourbon-Vanille auf Basis von Weizenfein- sowie Mandeldestillat ergibt seinen Amaretto. Auf Grundlage von Kakao und Vollrohrzucker aus fairem Handel wird ein Schoko-Crème-Likör produziert. Und eine handwerklich hergestellte Kaffee-Essenz ist Basis eines Kaffee- sowie eines Café-Crème-Likörs.
Einen Kaffee-Likör mit eigenem Rum liefert auch die Alte Hausbrennerei Penninger GmbH aus Bayern. Sie verwendet dafür Arabica-Bohnen aus einer kleinen bayerischen Kaffeerösterei in der Oberpfalz und setzt auf das Cold-Brew-Verfahren, bei dem der Kaffee bei Zimmertemperatur über Nacht angesetzt wird.
Bei Dwersteg gibt es weiterhin Orangen-Likör, Ingwer-Likör, Amaro-Kräuter-Likör und einen Eierlikör in Naturland-Qualität, der nach altem Hausrezept auf kaltem Wege hergestellt wird. Besonders fruchtig wird es bei einem Likör auf Grundlage schwarzer Johannisbeeren oder auch beim ‚Quadro Nuevo Rhabarber Aperitif Organic‘, der direkt gepressten Rhabarber mit den Auszügen ausgesuchter Kräuter kombiniert. Namensgeber des Drinks war die Band Quadro Nuevo, deren Album-Cover auch auf der Flasche wiedergegeben wird. An den Duft von 1001 Nacht erinnert Dwerstegs Damascena Rosenblüten-Liqueur, der einen intensiven Rosenöl-Geschmack mit einem Hauch exotischer Gewürze vereint. Hier wurde das Etikett von Federico Bencini, einem Künstler aus Barcelona, gestaltet.
Die Rechtalbrennerei aus dem Schwarzwald ist seit 2019 Partner von Bioland und verspricht mit ihren Kleine Lotte Bioland Likören neben einem Eierlikör echte Fruchtliköre ohne künstliche Zusätze und Aromastoffe, in den Geschmacksrichtungen Birne, Pfirsich, Himbeer, Sauerkirsche oder Johannisbeere.
Fruchtig und scharf überzeugt Peppes preisgekrönter Ingwerer, der neben 24% Alkohol Schweizer Apfelsaft, frischen Ingwer aus Asien, Rohrohrzucker und Gewürze enthält. Grote & Co. schließlich haben mit ihrem Pijökel 55 einen milden Bio-Kräuterlikör auf den Markt gebracht – mit Ingwer, Kardamom, Vanille und Zimt, frei von Tanninen und mit einem niedrigen Zuckergehalt. Gold beim International Spirits Award 2020 gab es für Grotes ‚Feine Haselnuss Spirituose‘, die geschmacklich feine Noten von Nuss, Schokolade und Karamell verspricht. Bald in die Regale kommen soll der „weltweit erste vegane Bio Eyy Likör.“
Digestif vom Feinsten
Wer sich nach einem ausgiebigen Mahl einen Kräuterbitter genehmigen will, wird etwa bei der Neuen Mazerate GmbH aus Köln fündig. Inspiriert von Hildegard von Bingen ist ihr Halbbitter ‚Neue Mazerate Hilde‘, dessen Rezeptur durch Fenchelsamen, Galgantwurzel, Wermutkraut, Orangenschale und Süßholz bestimmt wird. Seine Basis bilden Dinkel- und Weizen-Feinbrannt, gesüßt wird mit etwas Agavendicksaft. Die handproduzierte Spirituose hat Gold beim Berliner Crafts Spirits Festival gewonnen. Ihre Schwester, die neue Mazerate Fasshilde, darf drei Jahre in französischen Eichenfässern reifen und überzeugt so als kraftvoller, cremig-goldener Digestif.
Einen echten bayerischen Bio-Bärwurz mit Noten von würzigem Liebstöckel, Sellerie und Maggikraut gibt es bei Penninger. Auch Walcher hat mit ihrem Kräuterbitter Tyrolensis, Marke Biostilla, einen Verdauungsschnaps im Repertoire. Und Dwersteg verspricht mit seinem Weizenkorn aus Weizenfeindestillat ein besonders dezentes Getreidearoma.
Die renommierte Brennerei Schladerer aus dem Schwarzwald hat mit ihrem Naturschnaps in den Geschmacksrichtungen Birne, Blutorange und Aprikose ebenfalls eine erste Bio-Range gestartet. Für die gesundheitsbewusste Bio-Kundschaft habe man den gewohnten Alkoholgehalt dabei von 40 Prozent auf 30 Prozent gesenkt.
Wodka aus reinem Quellwasser
Die Hersteller von Bio-Wodka heben besonders die Reinheit des verwendeten Quellwassers und der verwendeten Bio-Getreide hervor. So bewirbt die Schweizer Humbel Spezialitätenbrennerei AG ihren Wodka Wodotschka als „Inbegriff des klaren, reinen und sauberen Wodkas“. Einen Wodka in Bioland-Qualität und mit Schwarzwälder Quellwasser bietet die Renchtalbrennerei, die eine schonende Destillation und einen milden und vollmundigen Geschmack verspricht. Basis des Vodkas ‚Partisan Green‘ der Brick GmbH sind 100 Prozent reiner Weizen aus Deutschland. Als Alternative wird ihr Hafer Vodka ‚Partisan Oat‘ komplett aus Hafer hergestellt.
Sonnengereifter Weizen aus Norditalien bildet die Grundlage des Nykur Vodkas der Kopenhagener Nykur Spirits ApS. Dazu kommt Quellwasser, das dem vulkanischen Felsen des Kirvi auf den Färöer Inseln entspringt. Das Ergebnis soll durch seine Sanftheit und einen besonders runden Geschmack bestechen und wurde vom Beverage Tasting Institute 2021 mit Gold bedacht.
Auf eine Mischung von Weizen mit Roggen und Malz setzen Daisy & Friends mit ihrem Greenyard Vodka. Etwas spezieller wird es bei Humbels Deutschem Kartoffelwodka DKW, der aus niedersächsischen Bio-Kartoffeln destilliert wird. Eine einzigartige Reinheit verspricht schließlich auch Walchers Biostilla-Vodka, der gleich fünffach destilliert wird und dessen Wasser aus einer renommierten Mineralwasserquelle im Herzen der Dolomiten stammt.
Rum und Whisky für Genießer
Auch bei den Bio-Rum-Produzenten wird die Reinheit ihrer Spirituosen großgeschrieben. Die Renchtalbrennerei bewirbt ihre Bio-Rume mit einem weichen und ausgewogenen Geschmack. Grundlage ist Zuckerrohrmelasse. Das verwendete Wasser stammt wiederum aus der eigenen Quelle und wird mehrfach filtriert, um jegliche Trüb- und Schwebstoffe zu entfernen. Den weißen Pavel’s Bio-Rum und den braunen Pete’s Bio-Rum gibt es im Repertoire. Letzterer erhält sein besonderes Aroma durch die Reifung in Eichenholz.
Humbel verwendet für seinen vollmundigen braunen Matrosen-Rum ‚Ron de Marinero-Oro‘ paraguayische Bio-Melasse, die nach Richtlinien von Max Havelaar Fairtrade-zertifiziert ist. Selbiges gilt für seinen ‚Ron Guajira Blanco‘, der einen süßlich-samtigen Geschmack verspricht.
Echten schottischen Bio-Whisky gibt es von der schottischen Bio-Destillerie Nc’nean. Ganz auf Gerste basiert ihr Klassiker Single Malt, der in speziell behandelten Rotwein- und amerikanischen Whisky-Fässern reifen darf. Alljährlich erscheint im Herbst mit den ‚Quiet Rebels‘ eine limitierte Sonderabfüllung, die sich an den Präferenzen einzelner Mitarbeiter des Nc’nean Teams orientiert. Die neueste Edition ist der Brennmeisterin Lorna Davidson gewidmet, die süßen Whisky bevorzugt, wofür die Spirituose in ehemaligen Pineau des Charentes-Fässern reift.
Dass auch Dänen hochwertigen Whisky liefern können, zeigt die Nyborg Destillerie. Für Einsteiger empfiehlt sich etwa ihr ‚Little Isle‘, ein drei Jahre junger, fruchtig-süßer Whisky. Rauchiger Whisky mit 100 Prozent getorftem Malz verbirgt sich hinter ‚Isle of Fionia Peated‘. Und ihren ersten zehn Jahre alten Whisky hat die noch junge Destillerie mit ihrem ‚Adventures Spirit‘ auf den Markt gebracht, einem mittelschweren Whisky mit leichten Noten von süßen Früchten.
Optimistisch in der Krise
Wessen Lieblingsspirituose bis jetzt außen vor geblieben ist, der wird garantiert bei den zahlreichen internationalen Spezialitäten, die Humbel vertreibt, fündig: Cognac, Pastis, Tequila, Grappa, Ouzo, Cachaça und mehr sind hier in Bio-Qualität verfügbar. Für den Verkauf in Deutschland ist die Dschinn GmbH & Co. KG verantwortlich. Ab einer Bestellung von 60 Flaschen bietet der Spezialist ein Display aus Obstkisten als Blickfang gratis dazu.
In die Zukunft blicken die Bio-Spirituosen-Hersteller mit gemischten Gefühlen. „Im Moment ist es gerade nicht leicht, da die Menschen in Deutschland zunächst an Lebensmitteln sparen, wenn sie nicht wissen, wie sie ihre Energiekosten bezahlen sollen“, meint Gabriel Grote, Mitgründer der Grote & Co. Spirits oHG.
„Bio-Zertifizierung, Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz gewinnen zukünftig an Bedeutung, sodass eine Bio-Zertifizierung für hochwertige Spirituosen bald zu einem Standard wird“, ist dagegen Veronika Stich, Marketingleiterin bei Penninger, überzeugt. Und auch Doro Beck aus dem Vorstand von Ingwerer zeigt sich optimistisch: „Wir sind uns sicher, dass in den nächsten Jahren der Bio-Trend in der Spirituosenszene an Fahrt gewinnt. Der Markt für Bio-Spirituosen wird ein starkes Wachstum erleben.“
Lena Renner