Donnerstagstalk
Markenvielfalt für den Bio-Mainstream - Einbahnstraße Fachhandel
Themenvorschlag beim nächsten Donnerstagstalk am 10. Juni 2021
Wie entwickelt sich der Biomarkt der Zukunft?
- Fachhandel (zirka 20 Prozent)
- SEH (teilweise großes Engagement, selbstständige Kaufleute sorgen für Bio-Markenvielfalt im Mainstream)
- Lebensmittelhandwerk (wo Bio angeboten wird, ist das sehr erfolgreich. Ein offenes Entwicklungsfeld mit viel Potenzial)
- AHV und Gastronomie
- Discounter (erreicht 95 Prozent der Konsumenten)
- LEH (eingeschränktes Bio-Sortiment, Filialbetriebe sind von der Vorstufe abhängig)
Von heute rund 15 Milliarden Euro Bio-Umsätze gehen allein 1,2 Milliarden an Aldi, zirka 1,1 Milliarden an Rewe, an Dennree rund 1,05 und Alnatura eine weitere Milliarde (Angaben geschätzt). Im konventionellen Handel wird der Großteil der Bio-Umsätze mit den Eigenmarken des Handels erzielt. Und auch Alantura und Dennree setzen stark auf ihre Handels-Eigenmarken. Bei diesen Strategien bleibt im konventionellen Handel die Biovielfalt auf der Strecke.
Und die Hersteller verarbeiten immer mehr ihrer Bio-Rohstoffe für Handelsmarken und der Anteil ihrer Herstellermarke fällt zurück. Am Ende des Tunnels: Abhängigkeit und Verlust an Vielfalt.
Die Grundversorgung mit Biolebensmitteln ist heute in allen Lebensmittelverkaufsstellen ausreichend vorhanden. Neben Trockenprodukten, die keine besondere logistische Leistung abverlangen, sind heute auch Molkereiprodukte, jedenfalls die weiße Linie, so gut wie flächendeckend in den Regalen aller Outlets. Enger wird es bei Frische wie Obst + Gemüse, frischem Brot, Käse oder gar Fleisch- und Wurstwaren. Sogar TK ist rar.
Vielfalt wird meist nur im Naturkostfachhandel angeboten. Und selbst dort ist, je nach Vorstufe (Dennree oder Naturkostgroßhändler) oftmals nur Durchschnitt vorhanden. Lokale Spezialitäten oder solche aus der Region gibt es - trotz anderslautendem Marketing - eher im konventionellen Bereich, also nicht in Bio!
- Konsumenten finden Bio in folgenden Vermarktungsrichtungen:
- Fachhandel mit hohem Anspruch und oft überdurchschnitlich teuer
- Lebensmitteleinzelhandel mit schmalem Sortiment und immer so teuer wie der Fahchandel, trotz kostengünstigerer Logistik
- Lebensmittelhandel, meist selbstständige Kaufleute, mit weit entwickeltem
- Bio-Sortiment und vielen Kunden (geht nur mit Naturkostgroßhandel, oder - seltener - mit vielen lokalen und regionalen Direkt-Lieferanten)
- Lebensmittelhandwerker wie Bäcker, Metzger und wenige andere
- Discounter mit Biomasse, dafür kostengünstig
- andere
Der aktuelle Bio-Anteil am Lebensmittelumsatz liegt unter zehn Prozent. Legt man nun die politischen Zielsetzungen von 20 bis 30 Prozent Biolandbau zugrunde, stellt sich für die Bauern die Absatzfrage. Das Vertrauen in die Lebensmittelkaufleute scheint in der Politik nicht vorhanden zu sein. Das schlägt sich auch in den - falschen - Annahmen im konventionellen Bauerntum nieder, die Marktsicherheit bei Bio anzweifeln. Auch wenn das nicht dem offensichtlichen Trend entspricht, reagiert Politik auf diese Unkenrufe, und sie versucht, die dem Klima geschuldete Zielsetzungen im Ökolandbau dadurch in Bewegung zu bringen, dass der Außer Haus Verpflegungsmarkt (AHV) gepuscht werden soll. Kommunen und andere Sozialträger sollen ihren Einfluss bei ihren Ausschreibungen im Catering geltend machen und einen Bioanteil vorschreiben. Das soll sogar extra in die neue Ökolandbau-Gesetzgebung geschrieben werden.
Dieser Eingriff in die freie Marktwirtschaft ist - gerade bei der CDU - bemerkenswert. Zwar müsste die Ernährungs-Qualität, schaut man auf die Teller beispielsweise der Krankenhäuser oder Alten- und Pflegeheime, genauso wie in Mensen und Kantinen der arbeitenden Bevölkerung, stark verbessert werden. Die Reaktionen in der Pandemie hat jedoch gezeigt, wo Mensch sich welche Küchenzutaten einkauft, wenn er selbstverantworlich für seine Ernährung zuständig ist. Die Umsatzsteigerungen in den Supermärkten waren enorm. Und dort die Bio-Umsatzsteigerungen um zehn Prozentpunkte höher als im Fachhandel. Was zeigt, dass Bio in den Köpfen angekommen ist und Mensch Bio gerne dort einkauft, wo er sich schon immer versorgt hat.
Bio ist unübersehbar im Mainstream angekommen. Und die Instrumente für die Lebensmittelversorgung sind in der Hauptsache die Lebensmittelsupermärkte. Wie können die übersehen oder gar bewusst beiseite geschoben werden? Die natürlichsten Verbündeten der Biovermarktung, die Kaufleute, spielen meist nur unter dem Ladentisch ihre Rolle. Man nimmt gerne deren Bioumsätze mit, zeigt aber keinerlei Zustimmung und verweigert jegliche offene Unterstützung. Ist das nicht sogar DER Hemmschuh in der Biomarktentwicklung?
Und es passiert doch. Die Dämme brechen! Das hält niemand auf, solange sich das allgemeine Bewusstsein Bahn brechen darf. So wie die Dinge im Moment liegen, haben die Bio-Enthusiasten die Bio-Zukunft aus der Hand gegeben. Wer noch immer glaubt, dass Supermärkte von Biosupermärkten abgelöst werden bis, ja bis was? Und bis wann?
Große Mengen Bio-Rohstoffe drängen in die Eigenmarken. Die Herstellermarken halten nicht mit in der Entwicklung. Das führt zu einer sich immer weiter öffnenden Schere und zuletzt zu genau dem Zustand, den die Biobranche ursprünglich ändern und überwinden wollte: Die unendliche Konzentration der Lebensmittelversorgung.
Sprechen Sie miteinander. Mischen Sie sich ein. bioPress hat in diesem Pandemie-Frühling das Format Donnerstagstalk ins Leben gerufen. Dort kann immer ab 15 Uhr alles zum aktuellen Zustand der Biobranche ausgetauscht und diskutiert werden: