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Donnerstagstalk

Keine Angst vor neuen Wegen

Zwölfter Donnerstagstalk im bioPress Square & Fair Table, jede Woche ab 15 Uhr

Welche Chancen haben Hersteller mit ihren Bio-Marken? Wieso ist Bio im LEH großenteils als Eigenmarke zu finden? Und wie kann Bio den Weg in den Mainstream schaffen, ohne von Zentralen überrollt zu werden? Beim zwölften bioPress-Donnerstagstalk ging es um die Entwicklung von Bio-Marken im Handel und das Potenzial von Kooperationen mit Kaufleuten.

Um die Jahrtausendwende führte die bioPress gemeinsam mit der CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) eine Umfrage durch, um den Anteil von Bio in Supermärkten zu ermitteln. Das Ergebnis lag damals noch bei rund 0,8 Prozent.

Heute hat allein Aldi 300 bis 400 Bio-Artikel im Sortiment. Mit Äpfeln, Orangen und Bananen, zwei bis drei Käsesorten und etwas Wurst bietet der Discounter eine flache Grundausstattung, mit der ein genügsamer Bio-Käufer über die Runden kommen kann. Seit etwa drei Jahren wird sogar qualitativ hochwertiges Fleisch zu niedrigen Preisen angeboten. Mit knapp 1,3 Milliarden Euro Umsatz ist Aldi mittlerweile führend in der Bio-Vermarktung.

Das Manko bei Bio im Supermarkt: Herstellermarken sind dünn gesät. Der konventionelle Handel hat erkannt, dass sich die Bio-Herstellung finanziell auszahlt und sieht Bio schon lange als eigenes Geschäft. Er bindet Bauern ein, schafft Verbünde und lässt Vieles selbst produzieren. Bereits 1988 hat Rewe mit der Eigenmarke Füllhorn (heute Rewe Bio) das erste Private Label für Bio etabliert. Heute brüsten sich sämtliche Supermärkte von Aldi bis Edeka mit ihren Bio-Eigenmarken.

„Der Widerstand bröckelt“

„Die Bio-Branche hat sich diese Wettbewerber selbst geschaffen“, kommentierte bioPress-Herausgeber Erich Margrander. Indem sie Herstellermarken ausschließlich für den Fachhandel reservierte, habe sie den Aufschwung der Bio-Eigenmarken im LEH vorangetrieben. „Aber der Widerstand bröckelt.“ Noch vor fünf Jahren habe es einen Riesenaufstand gegeben, als Artikel des Naturkost-Herstellers Davert bei dm auftauchten. Der Naturkostfachhandel rief damals zum Boykott auf und manche Bio-Supermärkte machten Ernst und listeten den Bio-Pionier aus.

„Das hat Davert aber nicht umgebracht“, so Margrander rückblickend. Die Kooperation mit dm, der dank seiner Strukturen ganze LKW-Ladungen zu niedrigen Kosten abnehmen könne, habe sich ausgezahlt. Heute belieferten viele fachhandelstreue Hersteller auch regionale Kaufleute, sofern diese ethisch genug handelten. Dass das gut funktioniert, bleibe nicht unbemerkt, und so lerne auch die Bio-Branche dazu. tegut sei mittlerweile als Partner vieler Bio-Marken akzeptiert und nicht nur über Shop-in-Shop-Systeme gelangten sie mehr und mehr in den LEH. „Es gibt inzwischen keine Mauer mehr – höchstens noch einen Maschendraht mit großen Löchern.“

Vorbei an den Zentralen

Viele Bio-Großhändler, wie etwa Grell im Norden oder Naturkost West in NRW, könnten seit jeher nur überleben, indem sie auch Kaufleute belieferten. Aber auch im Süden machten regionale Großhändler wie Bodan in Überlingen oder Rinklin in Eichstetten bereits bei Kaufleuten Halt. Die Zentralen wüssten um die Image-Wirkung von Bio und ließen engagierten Kaufleuten die Zügel bei der Regalplanung. Die werde heute durch die digitalen Möglichkeiten immer einfacher. Alles, was die Kaufleute noch brauchten, um Bio nach vorne zu bringen, seien mehr Allianzen mit den Bio-Herstellern.

„Bio steht heute an einem Scheideweg“, meinte Margrander. Der Umsatz von 15 Milliarden klinge zunächst gut, umfasse aber immer noch weniger als zehn Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes. Damit es mit den Anbauzielen von 20 bis 30 Prozent bis 2030 klappe, müssten nun Bauern und Händler auf den Zug aufspringen. Dabei dürfe man Quereinsteiger nicht ausschließen. Nur sehr wenige in der Branche seien von Anfang an Ökos gewesen und viele BWLer seien heute erfolgreiche Bio-Supermarktbetreiber. „Daran ist nichts verwerflich – auch Trittbrettfahren können zum Paulus werden“, ist Margrander überzeugt.

Das Gefährdungspotenzial von „viel und billig“ bei einer geringen Auswahl, das sich besonders bei Discountern zeige, sei jedoch real. Es wäre schade, wenn Naturkosthersteller von Eigenmarken-Produzenten mit großen Verarbeitungskapazitäten abgehängt würden und so die Markenvielfalt schrumpfe. Um das zu verhindern, müsse die Naturkostbranche ihre Herstellermarken in den LEH bringen.

„Man darf keine Angst vor der eigenen Größe haben!“, mahnte Margrander. „Wir müssen ja nicht bei Aldi anfangen und auch nicht bei den Filialen.“ Die 10.000 Outlets von selbstständigen Kaufleuten zu bedienen sei aber ein gangbarer Weg. Mit ihnen müsse Bio sich verbünden, um an zentralistischen Systemen vorbei in alle Regale zu gelangen.

Lena Renner

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