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Mehr Bio nach Corona?

III. Öko-Marketingtage der Akademie Schloss Kirchberg digital

Mehr Bio nach Corona?
Bioland-Vorstand Jan Plagge in der Diskussion Taktgeber Bio: Dem Ziel entgegen!

Der Corona-Krise geschuldet hat die Akademie Schloss Kirchberg den Rittersaal ins TV-Studio verwandelt und die III. Öko-Marketingtage weitgehend ins Netz verlagert. Die Moderatoren und einige wenige Vertreter der Branche waren vor Ort. Mehr als 450 Teilnehmende verfolgten die Beiträge per Livestream und konnten per Chat auch direkt Fragen stellen. Im Impulsvortrag von außen sagte Tristan Horx vom Zukunftsinstitut voraus, „Ökologie ist ein Gewinner von Corona.“

Das neue Format habe seine Stärken, etwa den schnellen, direkten Austausch des Publikums mit den Referierenden. Viel beschäftigte Experten ließen sich zudem gerne, statt eine lange Anreise auf sich zu nehmen, für eine Stunde vor den Computer verpflichten. Darauf wies Gastgeber Rudolf Bühler, Vorsitzender der Stiftung Haus der Bauern, in der Begrüßung hin: „Eine online-Konferenz erlaubt auch einen weiteren Kreis an Teilnehmenden.“ Das direkte Netzwerken in den Pausen, das die Vertreter der Bio-Branche an dieser Veranstaltung so schätzen, fiel freilich flach.

„Ökologie wird wieder eine große Rolle spielen“, sagte Tristan Horx vom Zukunftsinstitut voraus, „Ökologie ist ein Gewinner von Corona.“ Aus der Zukunft ins Heute gedacht werde der Mensch nach der Krise mehr auf Nachhaltigkeit setzen, prognostizierte der Trendforscher vom Zukunftsinstitut in Wien, „Greenwashing wird schwieriger, da Kunden auch mehr Transparenz fordern.“ Krisen seien nach Corona eben nicht mehr abstrakt. Als „Impuls von außen“ referierte der junge Österreicher zur Frage „Zukunft erkennen: Trend-Werkzeuge für eine Welt nach Corona“.

Doch Horx zufolge sieht es für den ökologisch wirtschaftenden Sektor in der NachCorona-Zeit umso besser aus. Regionalität („Nach dem Zusammenbruch der globalen Wertschöpfungskette gewinnen regionale Produkte und Bezüge wieder an Wert“),  Sicherheit („Vertrauen ist die Währung der Zukunft“) und Konnektivität („Der Mensch benötigt eine gute Balance zwischen Real und Digital“) komplettieren seine vier Megatrends. Themen, die sich auch als roter Faden durch die Tagung „European Green Deal – die Biobranche als Taktgeber des Wandels“ zogen.

„Green Deal oder Green Washing?” hat Alexander Beck von der Arbeitsgemeinschaft Ökologische Lebensmittelwirtschaft seinen Auftaktvortrag überschrieben. Das Urteil fiel wenig optimistisch aus. Mehr pflanzliche und weniger fleischliche Ernährung, „dann ist genug für alle da“. Bleibe es so, wie es ist, werde die Transformation scheitern. Mit Absichtserklärungen würden „die wirklich heißen Eisen nicht angesprochen“. Sein Appell: „Wir sind alle gefordert, dass aus dem Green Deal kein Green Washing wird.“

Die „neue Neugier rund ums Essen“ (Julia Köhn, Pielers) komme neuen Ansätzen im Bio-Handel zugute: Stichworte wie digitale Direktvermarktung von Lebensmitteln, genossenschaftliche Zusammenschlüsse, Ganztierverwertung von Bio-Fleisch, Storytelling über die digitalen Kanäle fielen in der Diskussion. Aber Vorsicht sei geboten, darauf wies Robert Poschacher hin, Bereichsleiter Bioprodukte von Edeka: „Die Generation Greta fällt auf Greenwashing nicht mehr herein.“ Das große Interesse an Transparenz bestimmte auch die Diskussion „Ethik im  Einkaufskorb“ – Marketingkonzepte müssen sich immer an ihrer Glaubwürdigkeit messen lassen, so der Tenor.

Mit dem Demeter-Koch Simon Tress und Martin Albrecht vom Albrechthof Catering & Menü kamen zwei Praktiker zu Wort, die mit Bio-Produkten aus der Umgebung in der Außer-Haus-Verpflegung erfolgreich sind. Dass hier „deutlich weniger Bio als im Einzelhandel umgesetzt wird“, darauf machte Carola Strassner aufmerksam, Professorin für nachhaltige Ernährungssysteme und Ernährungsökologie der FH Münster. Und darauf, dass Bio beim Gast ankomme – wenn es gut schmeckt.

„Green New Deal heißt auch Wirtschaft neu denken“, darüber diskutierten Volker Krause von der Bohlsener Mühle und Sassa Franke vom Märkischen Wirtschaftsverbund e.V. mit Boris Voelkel vom gleichnamigen Safthersteller. „Wir schlittern in die gleichen Probleme rein wie die Konventionellen“, warnt Voelkel, der sich für „gesunde Lebensmittel aus gesunden Strukturen“ stark macht. Wie funktioniert „empathisches“ Wirtschaften zwischen Erzeugern, Verarbeitern und dem Handel? Zumindest darauf konnte sich die Runde einigen: „Öko ist ein stabiles Standbein für mittelständige und kleinere Betriebe.“

Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette: Wie fair ist die Beziehung zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Handel? Hubert Heigl (Präsident Naturland) plädierte für einen Prozess orientierten Ansatz. Johannes Knubben (Hipp) setzte schon der benötigten Mengen wegen auf große Strukturen:  „Wir wollen aber gemeinsam mit Erzeugern Risiken managen.“ Für Marion Hoffmann (Lehmann Natur) bleibt wichtig, „immer miteinander im Dialog zu sein“. 

Zum Abschluss ging es um die große, die EU-Politik. Wolfgang Burtscher (Generaldirektor Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der Europäischen Kommission), Jan Plagge (Präsident von Bioland und seit 2018 Präsident der IFOAM Organics Europe) und Katharina Eckartz (Professorin Volkswirtschaftslehre, Agrarpolitik und Ressourcenökonomie, Technische Hochschule Bingen) diskutierten zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Burtscher verteidigte die Entscheidung, dass Mitgliedsstaaten entscheiden, wie sie die Vorgaben aus der GAP umsetzen. „Für die Kommission ist es wichtig, wie engagiert die Pläne sind, wir arbeiten Empfehlungen für die Mitgliedsstaaten aus.“ Er versprach: „Ökologischer Landbau wird in der Umsetzung der GAP eine Schlüsselrolle spielen.“ Dies sagte Plagge zu: „Wir nehmen die Rolle an, Schrittmacher der Transformation zu sein.“

Alexander Gerber, Demeter-Chef und Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), hatte die Tagung online verfolgt und sprach per Video das Schlusswort. Er griff den Vortrag von Tristan Horx auf. „Hier setzt unsere Aufgabe an: Wir haben eine – sicher noch nicht perfekte, aber doch die zukunftsträchtigste – Lösung anzubieten, für einen guten Umgang mit der Natur, der unser Über- und ein gutes Weiterleben sichert. Wir denken aus der Zukunft.“

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