Pressefreiheit
Teilerfolg im Südtiroler Pestizidprozess
Landesgericht Bozen beendet Strafverfahren
Das Landesgericht Bozen hat das Strafverfahren gegen Jacob Radloff, Verleger des Münchener oekom verlags, und Mitglieder des Umweltinstituts München aus Mangel an Beweisen eingestellt. Die Pestizidprozesse gegen oekom-Autor Alexander Schiebel und Agrarreferent Karl Bär vom Umweltinstitut München gehen jedoch weiter. Die nächste Verhandlung gegen Karl Bär ist für den 27. November angesetzt.
Das Bozener Landesgericht hat gestern entschieden, das Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer des Münchner oekom verlag, Jacob Radloff, einzustellen und keine Anklage gegen ihn zu erheben. Radloff verlegte im Jahr 2017 Alexander Schiebels Buch ‚Das Wunder von Mals‘, in dem der Autor die massive Anwendung von Pestiziden im Südtiroler Apfelanbau anprangert. Aus diesem Grund war gegen den Verleger als ‚Mittäter im Verbrechen der erschwerten üblen Nachrede‘ ermittelt worden.
Auch die Ermittlungen gegen aktive und ehemalige Vorstände des Umweltinstituts München wurden heute zu den Akten gelegt. Das Umweltinstitut initiierte im Jahr 2017 eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zur Aufklärung der Öffentlichkeit über den hohen Pestizideinsatz in Südtirol, woraufhin Anzeigen wegen übler Nachrede folgten.
Initiator der Anzeigen gegen Radloff und das Umweltinstitut München war der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft und damalige stellvertretende Landeshauptmann Arnold Schuler. In beiden Fällen sah das Bozener Gericht aber keine ausreichenden Beweise für eine Anklage und stimmte jetzt dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Archivierung der Strafverfahren zu.
Jacob Radloff begrüßte die Entscheidung, dass sein Verfahren zu den Akten gelegt wurde, äußerte sich gleichzeitig jedoch besorgt über den weiteren Fortgang der Südtiroler Pestizidprozesse: „Auch wenn ich nun nicht mehr selbst auf der Anklagebank Platz nehmen muss, stehen immer noch Menschen vor Gericht, weil sie auf ein real existierendes Problem aufmerksam gemacht haben. Meine Solidarität gehört weiterhin unserem Autor Alexander Schiebel und Karl Bär vom Münchner Umweltinstitut.“
Solidaritätsbekundungen für die Beklagten gab es im Vorfeld der Verhandlung auch von über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verlegerkollegen sowie zahlreichen Persönlichkeiten aus Politik und Umweltverbänden, darunter der bayerische Landesverband der Grünen, Renate Künast, der Präsident von Slow Food, Carlo Petrini, sowie die EU-Abgeordnete Sarah Wiener.