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Italien

Italien: Olio d'oliva extra vergine

Wegen der zahlreichen Wolkenbrüche, die sich in dieser Saison über die Halbinsel Italien ergossen haben, sank die Olivenöl-Produktion von 2014 im Schnitt um 35 Prozent im Vergleich zu 2013. 2014 werden nach dem Istituto Statistica Italiana nur 302 Tausend Tonnen erwartet statt 464 Tausend Tonnen des Vorjahres.

Der Preis des italienischen Olivenöls erhöht sich ständig, so auf 4,40 Euro pro Kilo in der Ölmühle. Der italienische Olivenöl-Preis ist der höchste im Vergleich zu anderen Ländern (auch zu den Spanischen Ölen), weil die Qualität des Italienischen Öls höher eingeschätzt wird und weil es auch das am meisten verkaufte Öl im Ausland ist. In der Tat stieg zwischen Januar und Juli 2014 der Verkauf des Olivenöls im Ausland um 13 Prozent im Vergleich zu den ersten sieben Monaten im Vorjahr.

Der Präsident des Italienischen Olivendachverbandes UNAPROL (Unione Nazionale Produttori Olivicoltori), David Granieri, bekräftigt, dass keine strategische Zukunfts-Vision zur Systematisierung auf diesem Gebiet sichtbar ist.

Die Ölfliege, la Mosca Olearia, die sich auf Grund der ungeheuren  Regenmassen unbehindert monatelang seuchenartig vermehren konnte, hat gewaltige Schäden in vielen Olivenhainen Italiens angerichtet. Deshalb ist es dringend nötig, Vorbeugungsmaßnahmen und Frühwarnsysteme zu entwickeln, die in Zukunft diese immensen Produktionsschäden verhindern oder einschränken können.

Weitere Auskünfte seitens UNAPROL verheißen nichts gutes. So sollen begüterte Ölproduzenten, besonders aus der Toscana, wo die Ernte fast völlig zusammenbrach,  bereits ganze Ernten oder das, was in diesem Jahr geerntet werden konnte, aufgekauft haben, um es dann als eigenes Öl auf den Markt zu bringen. Aufgekauft wurden besonders Öle aus Nordapulien, Südkalabrien und Westsizilien, natürlich auch solche aus anderen EU-Staaten und aus Nordafrika.

Der Olivenöl-Sektor hätte durchaus die Fähigkeit, diese Krisen zu überwinden. Immerhin ist die Italienische Olivenöl-Produktion mit zwei Milliarden Euro zu bewerten und der weltweite Verbrauch zeigt sich ungebremst stabil. In Italien sind noch rund 3.760 Ölmühlen aktiv und die wichtigsten Märkte für die italienischen Öle sind die USA, Deutschland und Japan.

Die Herstellung biologischer Öle erfolgt überwiegend in Apulien, Kalabrien und in Sizilien. Während in diesen Regionen die Produktion bei einigen Bauern lediglich eingeschränkt wurde, konnten in den anderen Regionen Italiens viele Bauern überhaupt keine Oliven-Ernte einfahren.

Die jetzige italienische Regierung sollte daher die Initiative ergreifen, ihre Öle entsprechend aufzuwerten, allein schon wegen der in den Ölen enthaltenen Nahrungs- und Gesundheitswerte. Dies dürfte auf jeden Fall eine große Hilfe sein in den von der Naturkatastrophe besonders betroffenen Gebieten.

In Italien enthalten zwei von drei Ölflaschen fremde Olivenöle

Ein anderes Problem betrifft die Transparenz, die Rückverfolgbarkeit bei den Olivenölen, denn immer häufiger finden sich ausländische Beimischungen in den italienischen Ölen. COLDIRETTI, ein anderer italienischer Olivenölverband, meldet, dass der Import von ausländischen Olivenölen sich gegenüber 2013 um 45 Prozent erhöht hat und der Export spanischer Öle nach Italien sich vervierfachte.

Ein erheblich größeres Problem stellen die vielen Betrügereien dar. Ein großer Teil der Flaschen enthalten fremde und unbekannte Öle, die angeblich native Olivenöle extra sind. Aus rund 80 Prozent nativer Olivenöle der jeweiligen Ernte gelangen wunderbarerweise 80 Prozent Olivenöle extra vergine auf den Markt.

Schlechter Geruch und ein zu hoher Säuregehalt, meist um die drei bis vier Prozent, werden bei 60 Grad unter Vakuum und Dampf sowie unter Beigabe von Laugen in Tanks behandelt bis sie chemische Werte aufweisen, wie sie typisch sind für naturreine extra vergine Olivenöle, die nicht raffiniert sein dürfen. Hier ist Transparenz dringend erforderlich.

Auf vielen Flaschen-Etiketten wird in kaum lesbarer Schriftgröße mitgeteilt, ob es sich um ein Öl aus den EU- oder nicht EU-Ländern oder aus beiden handelt. Gänzlich getäuscht werden Verbraucher durch den Verkauf von Flaschen unter italienischen Markenzeichen, mit Bildern oder sonstigen Hinweisen, die eine italienische Herkunft belegen sollen.

Mit preiswerten Untersuchungen, die das Olivenöl auf exakte Herkunftsangaben analysieren, verhindern Einkäufer von extra nativen Olivenölen die gängigen Täuschungen. Auch das Alter lässt sich damit exakt bestimmen. Olivenöl verliert, anders als etwa Weine, mit der Zeit sein Aroma und den Geschmack. Aus fetten Jahren in riesigen Tanks für Spekulationen geparkte Olivenöle dürften in dieser Saison vergoldet werden.

Den typisch fruchtigen Geruch und den Geschmack von Obst- und Gemüse-sowie Nuss-Aromen wird man in Flaschen mit solchem Inhalt nicht finden. Die gesetzlich vorgeschriebene Qualität von extra nativen Olivenölen verlangt neben chemischen auch geschmackstypische Eigenschaften, die von geschulten Kennern, ähnlich Sommeliers, bestimmt werden können.

Horst Schäfer-Schuchardt

 

Analysemethoden

Um die Herkunft festzustellen werden  mit der Isotopenanalythik die Verhältnisse unterschiedlich schwerer Wasserstoff-, Kohlenstoff- und Sauerstoffatome ermittelt. Und mit der Nahinfrarot-Spektroskopie werden Molekülschwingungen untersucht, die Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Öle erlauben. Mithilfe einer Datenbank kann dann mit ziemlicher Sicherheit die Herkunft zugeordnet werden.

Chemische Analysen der freien Fettsäuren, Abbauprodukte des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll, sogenannte Pyropheophytine lassen Rückschlüs­se auf das Alter der Öle zu.

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