Start / Ausgaben / BioPress 81 - Oktober 2014 / Bio in der Kleinstadt Coburg

Edeka

Bio in der Kleinstadt Coburg

Der qualitätsorientierte Händler Jörg Wagner macht es möglich

2010 wagte der selbstständige Einzelhändler Jörg Wagner den großen Sprung ins E Center Coburg. Der qualitätsorientierte Edekaner bietet dort mit 2.500 Artikeln das größte Bio-Sortiment in der Stadt Coburg. In der Region Nordbayern erfordert das mehr Anstrengungen als in Ballungszentren. Jörg Wagner stellt sich der Herausforderung. Sein E Center spielt in der höchsten Liga mit, seit es mit dem deutschen Fruchtpreis und als Supermarkt des Jahres ausgezeichnet wurde.

Beim Eintritt in das E Center in Coburg wird der Kunde von Bio empfangen. Mit einer Sonderplatzierung von regionalem Bio-Gemüse der WEFA (Werkstatt für angepasste Arbeit), ein soziales Unternehmen getragen von der Diakonie, beginnt der Hauptlauf. Wunderschöne großgewachsene Salatgurken, Lauchzwiebeln, Rote Beete und vieles mehr sind aufgebaut. Der Bioland-Betrieb hat mit Eierlieferungen begonnen und ist jetzt in Coburg exklusiv für Wagner mit Gemüse gestartet. Bio, Regional und Sozial sind drei Faktoren, die die Produkte zusätzlich aufladen. Aber die Kombination Bio und Regional ist selten in Oberfranken.

Ein Naturkostfachgeschäft sucht der Bürger von Coburg vergeblich. Ein Bio-Supermarkt ist aktuell in Planung. Der SEH ist in der Kleinstadt und auf dem Land auch der Bio-Händler. Allerdings fehlt es an der Vorstufe für eine adäquate Versorgung in Coburg und in der Nation. Den Handelszentralen fehlt die notwendige Struktur und Bio-Großhändler stehen für eine flächendeckende Versorgung nicht zur Verfügung.

O+G verleiht Profil

Wagner profiliert sich mit dem grünen Sortiment. Innerhalb der großzügigen Abteilung gibt es zwei Bio-Blöcke: einen für Obst und einen für Gemüse. Rund 75 Bio-Artikel sind vorhanden: 25 Obst und 50 Gemüse. Eine reiche Auswahl an Salat wird den Kunden angeboten. Der robuste Eisbergsalat ist heute in fast jedem Supermarkt in Bio-Qualität zu finden.

Eine Salatmischung, Romana, Lollo Rosso und  Ackersalat bietet Wagner noch. „Bio-Ackersalat ist inzwischen bei unseren Kunden fast beliebter als konventioneller“, berichtet Dieter Hümmer, Assistent der Geschäftsleitung. Im Bio-Anbau werden andere Sorten eingesetzt als im herkömmlichen Gartenbau. Der Salat-Aufbau ist recht üppig und lässt darauf schließen, dass die Konsumenten auch zugreifen.

Die Bananen sind biologisch und fair. Das muss den Kunden 2,29 Euro/Kilo wert sein. Für konventionelle Äpfel nimmt Wagner 2,99 Euro, für biologische auch. Der gleiche Preis für Bio und konventionell macht bei O+G den lose-Verkauf unproblematisch und verlustfrei. Bio-Übersee-Ware liegt allerdings über diesem Preis. Die nächste Stufe zur Verbesserung wäre ein weiterer O+G-Großhändler, der Bio-Exoten liefert.

Demeter Mopro als Glanzlicht

Mopro ist nach Obst und Gemüse die große Warengruppe in Bio. Hier ist das Angebot etwas dünn. Neben der Eigenmarke und Andechser hat das E Center mit Söbbeke und der Demeter-Molkerei Schrozberg noch zwei Glanzlichter. Beim SB-Käse beschränkt sich Wagner auf  Edeka Bio. Bei den H-Produkten ist die Andechser Ziegenmilch das besondere Bio-Produkt neben der H-Milch der Edeka Eigenmarke.

Milch- und Fleischersatz aus Soja in Bio-Qualität gehört seit einigen Jahren zum Pflichtprogramm jedes ambitionierten Supermarktes. Frische Veggie-Produkte sind in einem separaten Kühlregal untergebracht. Viana und Soto bieten hier Fleischersatz aus Soja an. Vegetarische und vegane Produkte erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Die Käsetheke bietet 15 biologische Produkte. So den Wilden Bernd und der Grienkenschmied von Söbbeke aus Nordrhein-Westfalen. Im Prepacking sind gängige Sorten wie Gouda und Emmentaler ebenfalls breit präsentiert.

Bio-Fleisch verkauft sich schwieriger als Obst und Gemüse. Wagner hat bei Fleisch das SB-Programm der Edeka Nordbayern-Thüringen-Sachsen gefahren. Der gewünschte Erfolg blieb aus. Deshalb hat man auf Bedienung umgestellt. Geflügel, Rind, Schwein und einige Standard-Wurstsorten wie Leberwurst, Fleischkäse und Salami sind in Bio-Qualität vorhanden.

Das Edeka Fleischwerk in Rottendorf liefert das Fleisch einschließlich Bio. Die Vorlaufzeit von sieben Tagen macht ein flexibles Reagieren nicht möglich. „Manche Kunden legen Wert auf artgerechte Tierhaltung und fragen nach Bio“, sagt Metzger Lutz Pommer.

Eine Fischtheke betreibt Wagner ebenfalls. Nicht jeder Supermarkt bietet seinen Kunden frischen Fisch. Deutsche See aus Bremerhaven bestückt die Theke von der Niederlassung in Bamberg. Lachs, Dorade und Saibling können die Kunden auch in Bio-Qualität wählen. In den TK-Truhen sorgt Follow Fisch für Bio. Die Wagner Bio-Pizza, Oerlemanns Bio-Gemüse und Edeka Bio-Gemüse sind ebenfalls verfügbar.

Im Trockenbereich bilden die Dachmarken das Grundsortiment. Edeka Bio, BioZentrale, BioGourmet, Rinatura und Campo Verde in Demeter-Qualität liefern die gängigen Produkte.

Getreideprodukte, Nüsse, Kerne, Saaten und Trockenfrüchte sind damit gut abgedeckt. Müsli ist das wichtigste biologische Trocken-Produkt. Die Auswahl ist reichhaltig, und die Zahl der Dubletten begrenzt. Die kultigen MyMüsli, Whole Earth und Kölln ergänzen hier die Dachmarken. Bauck Getreideprodukte runden das Sortiment nach oben ab.

Tee ist eine Bio-Domäne. Das wird auch auf der Großfläche in Coburg sichtbar. Frutec, Yogi Tee, Himmelreich und die Gepa sind unter den Lieferanten. Die Kräutertees sind in der Überzahl. Grüntees, in Bio überproportional beliebt, sind in der Fülle nur schwer auszumachen. Beim Kaffee hat der Kunde die Wahl zwischen fairem Gepa und dem französischen Ethiquable Fair-Label. Die Marke Mount Hagen Kaffee ist ebenfalls bio und fair. Darboven ist in Bio-Qualität verfügbar. Mit dem Würzburger Partnerkaffee ist noch eine regionale Bio-Röstung im Angebot.

Bei Obst- und Gemüse-Konserven ist Wagner mit de Rit und biofit recht gut bestückt. Bei den Marmeladen ist der Edeka Markt gut sortiert. Die Premiummarke Rigoni aus Italien ist vorhanden, die Eden Fruchtaufstriche  und die Aronia-Mehrfruchtaufstriche aus Dresden sind ebenfalls zu finden. Bei den Aufstrichen ist mit den Nuss-Produkten von Eisblümerl mit Sitz in Nürnberg ein regionaler Hersteller vertreten.

Große Bandbreite an Öl

Bei Essig und Öl ist der Markt gut aufgestellt. Die ganze Bandbreite von ­Sonnenblumen-, Raps-, Kürbiskern-, Se­sam-, Kokos-, Lein- und Olivenöl ist in Bio vorhanden. Bei Essig ist die Auswahl ebenfalls groß. So ist der italienische Hersteller Redoro neben Byodo im Regal. Die edlen Klosterkräuter werden geführt. Die Belt’s Essige sind ebenfalls vorhanden. Bei der Feinkost sind noch die Hörrlein Dressings im Sortiment. Hörrlein ist ein regionaler Bio-Hersteller aus Adelsdorf.

Bei Süßwaren ist Björnsted, Ethiquable und die Gepa mit Schokolade präsent. Zuckerwaren sind rein konventionell. Bei Keksen und Knabberartikeln ist Bio wiederum vertreten. Bei Kartoffelchips ist die Auswahl gut.

Nur wenig Bio ist im Teigwarensortiment zu finden. Da könnte Wagner sicher noch aufrüsten. Haltbare Backwaren stehen von Mestemacher, Pema aus der Region und Dr. Karg im Regal. Bei frischem Bio-Brot klafft eine Lücke. Wenn er die geschlossen hat, nähert sich Wagner einem Bio-Vollsortiment.

Durch Individualisierung hebt sich der Kaufmann von den Regiemärkten ab und fährt ein erweitertes Bio-Angebot, auch wenn er die exakte Zahl seiner Bio-Produkte über das Warenwirtschaftsprogramm nicht feststellen kann. Zusätzliche Lieferanten sorgen für mehr Vielfalt.

Naturkostgroßhändler Rhein-Main-Reformwaren bietet den Edeka-Händlern rund 1.100 Produkte. Großhändler EcoPlus aus Freising liefert Feinkost. Der Frischdienst Feinkost Vogel aus Selbitz bringt Söbbeke Jogurt nach Coburg. „Der schmeckt hervorragend“, hat Wagner festgestellt und will dieses Bio-Produkt seiner Kundschaft bieten. Die Demeter-Produkte der Molkerei Schroz­berg hat Wagner inzwischen über den Frischdienst Walther beschafft.

Bio-Angebot ausgebaut

„Wir haben das Bio-Angebot Schritt für Schritt ausgebaut“, erzählt Wagner. Edeka Bio, biozentrale und BioGourmet waren mit rund 350 Produkten bereits vorhanden. „Angefangen hat der Ausbau mit Rinatura. Dann habe ich die Biofach besucht und die Herbaria Gewürze entdeckt“, so Wagner. Zusammen mit den Wagner Bio-Gewürzen von Fuchs gibt das ein ansehnliches Gewürz-Sortiment. Auch die Kinder-Sortimente Mogli und Freche Früchtchen hat er dort entdeckt. Allein die Kleinen stehen mehr auf die Marken der Industrie.

Das Sarah Wiener Bio-Sortiment hat er auf der Biofach ebenfalls entdeckt. Die Produkte haben es dem Kaufmann angetan. Bisher hat er jedoch noch nicht den Kontakt dazu gefunden.

Bereits 1994 hatte sich Jörg Wagner als Lebensmittelkaufmann in Coburg/Bayern selbstständig gemacht und 1995 von seinem Vater eine 450 Quadratmeter große Kleinfläche übernommen. 2007 eröffnete der Edeka-Händler einen Markt in Rödental im Kreis Coburg mit 1.350 Quadratmeter.

Das E Center auf der Lauterer Höhe in Coburg hat die Edeka Nordbayern-Thüringen-Sachsen 2007 als Regiemarkt in Betrieb genommen. 2010 privatisierte die Regionalgesellschaft die Großfläche. Wagner erhielt unter mehreren Bewerbern den Zuschlag. Im E Center hat der Kaufmann binnen drei Jahren den wöchentlichen Umsatz von 170.000 auf 320.000 Euro fast verdoppelt.

Das hat er durch eine Qualitätsstrategie erreicht, zu der auch ein umfangreiches Bio-Sortiment zählt. Service und Beratung zählen noch dazu. „Den Personalkosten-Anteil habe ich auch gesteigert. Der liegt jetzt bei elf Prozent. Als ich den Markt übernommen habe, waren es  acht Prozent“, sagt der Inhaber. Das sind mittlerweile 84 Beschäftigte in dem Markt. „Ein Supermarkt wird von Personal betrieben, nicht von Maschinen“.

Wagner setzt auf Frische. Der Obst- und Gemüse-Anteil liegt bei überdurchschnittlichen 16,5 Prozent. Die Bedientheken mit Fleisch, Käse und Fisch tragen 19 Prozent zum Umsatz bei. Zusammen  mit der gekühlten Frische sind das etwas mehr als 50 Prozent Anteil.

Damit ist der Markt ein Frische-Center. „Frische ist der Magnet“, erzählt der Kaufmann. Das lockt Kundschaft im Umkreis von 30 Kilometer an. „Für ein gehobenes Sortiment brauchen sie auch die entsprechende Kundschaft. Das geht nicht an jedem Standort. In Coburg haben wir eine überdurchschnittliche Kaufkraft.

HUK Coburg und der Autozulieferer Brose sind die zwei großen Player“, berichtet Wagner. Die beiden führenden Unternehmen bringen Wirtschaftskraft in die 41.000 Einwohner zählende Stadt. Das ist Voraussetzung für qualitätsorientierten Lebensmittelhandel mit einem umfangreichen Bio-Sortiment.

Anton Großkinsky

 

 

 

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