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Verpackung

Biologisch unverpackt

Nachhaltigkeitswelle rollt und erschafft neues Ladenformat

Einkaufen erzeugt viel Verpackungsmüll. Gerade Bio-Obst und Gemüse wird im LEH aufwändig verpackt präsentiert. 2007 ging eine Londonerin gegen den Verpackungswahn an und verkaufte Lebensmittel lose. Der Markt ist inzwischen geschlossen. In Deutschland gibt es mutige Nachahmerinnen, die dem Müll den Kampf angesagt haben. Plastiktüten und Einweg-Verpackungen sollen vermieden werden. Im Sortiment bevorzugen die Unverpackt-Läden nachhaltig erzeugte Bio-Produkte.

Durchweg sind aktuell Frauen am Start, die mit loser Ware einen Beitrag zum Precycling leisten, also Abfall gar nicht erst entstehen lassen. Maria Delaperriere, eine Französin aus Kiel, hat im Februar 2014 ihren Markt mit dem Namen ,unverpackt - lose, nachhaltig, gut’ eröffnet.

 In Bonn hat im Mai Freikost Deinet aufgemacht. In Berlin wollen fünf Frauen im August oder September ihren ersten Markt starten und ein Filialsystem aufbauen. Mit Biosphäre in Neukölln gibt es in Berlin bereits einen Naturkostladen mit loser Ware. Marion Ziehrer und Diana Gölner betreiben das Bio-Fachgeschäft als Sozial-Unternehmen, um Arbeitslose zu qualifizieren.

 

...lose Angebote

Die Unverpackt Läden bieten die Produkte lose in Spendern und Behältern an. Plastiktüten werden vermieden. Der Kun­de bringt seine Gläser, Dosen oder Flaschen mit und befüllt sie und wiegt selbst. Natürlich muss vor dem Kauf das Tara festgestellt werden. Bei Freikost Deinet kann der Kunde wiederverwendbare Gefäße kaufen. Die Gewichte dieser Gefäße sind in der Warenwirtschaft einprogrammiert.

Beim lose Verkauf bestimmt der Kunde die Menge individuell. Dieser bedarfsgerechte Einkauf spart nicht nur Verpackung, sondern verhindert auch Verschwendung, wenn tatsächlich bewusst nur die benötigte Menge genommen wird.

Die Sortimente sind noch klein. Rund 300 Artikel bietet Maria Delaperriere in Kiel an. Mit 600 Artikeln will Sarah Wolf mit ihren Mitstreiterinnen in Berlin an den Start gehen.

Trockenprodukte, Frische und Wasch-, Putz- und Reinigungs­mittel bieten die Läden. Tiefkühlkost gibt es in diesem Ladenformat nicht, da es hier keine lose Ware gibt. Frischfleisch und Fisch führt noch keiner.

Freikost Deinet in Bonn führt in der Theke frische Wurst, Schinken und Käse. Delaperriere, die Französin aus Kiel, hat auf ihren 60 Quadratmetern Obst, Gemüse, Trockenprodukte und WPR. Milchprodukte, Fleisch oder Brot gibt es noch nicht. „Ich bin noch im Anfangsstadium. Mit einer Meierei bin ich gerade im Gespräch. Bio-Produkte im Großgebinde bekomme ich vom Naturkostgroßhandel“, sagt De­laper- riere. Wenn der Kun­de das Ladenformat annimmt, wächst auch die Zahl der Produkte.

Mehrweg und Papiertüten

Bei Getränken setzen die Unverpackten auf Mehrweg. Hilke Deinet bietet in ihrem 90 Quadratmeter großen Tan­te-Emma-Laden Bio-Milch in Mehrweg-Flaschen an. Auch für Jogurt gibt es Pfandgläser. Plastiktüten sind im Handel die große Umweltsünde.

Hilke Deinet rückt ihnen mit Papiertüten zu Leibe. Der Kunde muss dafür eine Solidaritätsabgabe leisten, also einen Obulus bezahlen. Für Lebensmittel kann allerdings kein Recycling Papier verwendet werden, da sonst Schadstoffe auf das Essen übergehen könnten. Für das Papier müssen also Bäume sterben.

Die Unverpackt-Läden vermarkten überwiegend Bio-Produkte. Bei Deinet in Bonn gibt es nur Bio und fair. Unverpackt in Kiel hat seit April eine Bio-Zertifizierung. „Aber das ist kein reiner Bio-Laden, ich habe auch konventionelle Produkte“, macht Delaperriere deutlich.

Nicht nur Bio

Die Gründerinnen in Berlin wollen nicht allein auf Bio setzen, wie Geschäftsführerin Sarah Wolf im Interview sagt. Sie bevorzugt regional gegenüber importierter Bio-Ware: Ei­ne Bio-Gurke aus Israel macht für sie keinen Sinn.

Da irrt die Jung-Unternehmerin. Auch regional bringt Massentierhaltung und Agrarchemie Erosion, Wasserverschmutzung, Bienen- und Vogelsterben mit sich. Diese Umweltsünden entschuldigt der kurze Transportweg und die Wertschöpfung in der Region nicht.

„Die Kundschaft ist bunt gemischt. Es kommen nicht nur Umweltbewusste, sondern auch Singles und ältere Leute, die bedarfsgerechte Mengen wollen“, teilt Delaperriere mit.

Anton Großkinsky

 

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