Start / Ausgaben / BioPress 75 - April 2013 / Bio-Mopro setzt auf Premium

Bio-Mopro setzt auf Premium

Herstellermarken mit Qualitätsprodukten und Spezialitäten

Biologische Milchprodukte der weißen und gelben Linie haben sich im gesamten deutschen Einzelhandel einschließlich Discount etabliert. Basis-Milchprodukte und SB-Schnittkäse ist überall verfügbar. Beim Grundsortiment gibt es eine klare Tendenz zur Handelsmarke. Die Premium-Produkte und Spezialitäten sind eine Sache der Herstellermarken. Heu-, Büffel-, Schaf-, Ziegenmilch, lactosefrei: Die Molkereien bieten ein differenziertes und vielfältiges Sortiment an Bio-Mopro. Die Sortimente leben, die Hersteller entwickeln ständig Neuheiten auf Basis des Rohstoffes Milch mit einer Tendenz Richtung Hochwertigkeit.

Qualität steht bei Bio-Milch im Vordergrund. Die Roh-Milch entscheidet bereits über die Beschaffenheit des Endproduktes. So setzen die Molkereien hier schon an. Söbekke hat ein eigenes Qualitätsmanagement entwickelt. „Ein wesentlicher Bestandteil für hohe Qualitäten ist unser KUH-M-System.

Dieses greift vertikal schon beim Milcherzeuger und führt in letzter Konsequenz zu qualitativ höherwertigerer Milch“, erklärt Vertriebsleiter Klaus Frericks. Die Tiergesundheit durch richtige Haltung und Fütterung der Kühe setzt gleich bei der Roh-Milch an und beginnt nicht erst in der zweiten Stufe bei der Molkerei.

Die Gläserne Meierei hat NOP-Milch nach dem amerikanischen Standard. Hier dürfen die Milchkühe nicht mit Antibiotika behandelt werden. Die Meierei hat eine ESL-Vollmilch im Elopak im Sortiment, die nach diesen Kriterien erzeugt wurde.

Die Meierei verarbeitet außerdem Heumilch. In den Heumilch-Bedingungen verpflichtet sich der Landwirt, auf Silage zu verzichten. Die höheren Kosten werden durch höhere Auszahlungspreise ausgeglichen. Eine frische Demeter-Heumilch ist im Sortiment. Demeter Käse aus Heumilch wird ebenfalls produziert. Außerdem wird Bio-Milch mit den Herkunftsbezeichnungen Spreewald und aus dem Norden abgefüllt. Hier spiegelt sich der Trend zur Regionalität.

Rebellen setzen auf Heumilch

Die Käserebellen aus Österreich und dem Allgäu setzen komplett auf  Heumilch. „Wir differenzieren uns gegenüber anderen Bio-Molkereien durch unseren besonderen Rohstoff Bio-Heumilch. Dies ist die ursprünglichste Form der Milcherzeugung. Weniger als ein Prozent der in Europa erzeugten Milch ist Bio-Heumilch“, teilt Forian Fliegner von den Käserebellen mit. Silofreies Futter ist besonders für die Herstellung von Hartkäse von Bedeutung.

Die Milchwerke Berchtesgadener Land verarbeiten Alpenmilch. Die birgt eine besondere Qualität durch die Kräuter im Grünland-Gürtel der Alpen und hat die gleichen wertvollen Inhaltsstoffe, wie Heumilch. Das ergab ein Greenpeace Milchtest. Bio-Alpenmilch als H-, ESL oder frische Milch ist ein Premium-Produkt mit regionaler Herkunft. Regionalität ist auch bei Milchprodukten ein Trend.

Die Upländer Bauernmolkerei aus Hessen punktet mit Hand- und Kochkäse, Produkte mit regionaler Tradition. Die Genossenschaft liefert neben dem Bio-Grundsortiment Spezialitäten wie Fruchtbuttermilch.   

Verbandszugehörigkeit wird von den Molkereien oft ausgelobt: Weißenhorner und Andechser nutzen das Bioland-Zeichen. Andechser hat zudem eine Demeter-Linie, ebenso die Milchwerke Berchtesgadener Land.
Demeter-Milch unterscheidet sich vom Rest der Welt: Der Verband erlaubt keine Homogenisierung der Milch.

Sie soll an Allergien schuld sein. Homogenisierung sorgt nur dafür, dass die Milch nicht aufrahmt, sich also keine Fettschicht an der Oberfläche absetzt. Das Verfahren verkleinert die Fett-Tröpfchen in der Milch. Zudem lässt Demeter nur die Pasteurisierung der Milch zu, keine Hocherhitzung. So ist keine Demeter H-Milch möglich. Demeter-Milch ist immer frisch.

Hofeigene Schaumolkerei

Das Ökodorf Brodowin in Brandenburg ist ein reiner Demeter-Verarbeiter. In der Brodowin Meierei entsteht eine weiße und eine gelbe Linie. Brodowin hat eine hofeigene Schaumolkerei. Durch eine große Glasfassade können die Besucher zuschauen wie die Molker Mozzarella machen. Brodowin hat mit dem Milchbeutel eine spezielle Verpackung.

Der Beutel besteht  aus Calymer, ein leichtes Material mit 40 Prozent Kreide-Anteil. In Deutschland war Brodowin das erste Unternehmen, das diese umweltfreundliche Einwegverpackung des schwedischen Unternehmens Ecolean genutzt hat.

Bio-Milchprodukte haben sich zu einem lukrativen, aber auch umkämpften Markt entwickelt. Die Hersteller müssen Neuheiten bringen, wollen sie attraktiv bleiben. 2012 hat Söbekke mit den Deutschen Obstbauern auf Regionalität als Innovation gesetzt. Die Andechser Molkerei Scheitz verwendet das alternative Süßmittel Stevia in einigen Jogurts. Das Thema wird die gesamte Lebensmittelherstellung in Zukunft beschäftigen.

Mit lactosefreien Milchprodukten  berücksichtigen viele Bio-Molkereien die Bedürfnisse von Menschen mit Unverträglichkeit. Züger aus der Schweiz, Biedermann, ebenfalls aus der Schweiz, und die  Milchwerke Berchtesgadener Land bieten  unter anderem lactosefreie Produkte an.

Saumweber aus München, ein Lieferant für Großverbraucher, hat ein neues Einzelhandelsprodukt namens Butteria auf den Markt gebracht: Ein Bratöl mit Butterschmalz. Es ist hitzebeständig und bringt Buttergeschmack an die Speisen.

Bei den Milchgetränken ist Bewegung im Sortiment. Mit Cafe Latte hat Biedermann ein modernes Produkt auf den Markt gebracht. Andechser hat bereits vor Jahren mit Lassi Trinkjogurt nach indischer Art in den Fachhandel und die Supermärkte getragen. Söbekke hat zur BioFach Fruchtmilch vorgestellt. Molke-Getränke, Kefir und Buttermilch sind ebenfalls auf dem Markt.

Nachholbedarf bei Bio-Desserts

Bei den Desserts hat Bio eher Nachholbedarf. Im Vergleich zu den herkömmlichen Anbietern ist die Auswahl hier eingeschränkt. Die Weißenhorner Milch-Manufaktur hat das Mousse au Chocolat im Winter um die Sorte Marzipan-Walnuss erweitert. Daneben punktet Weißenhorner mit Tiramisu. Andechser ergänzt das Dessert-Angebot mit Bio-Puddings.

Fruchtjogurts sind nach der Trinkmilch das gefragteste Bio-Produkt. Vier, fünf Sorten sind selbst im Discount erhältlich. Im Supermarkt ist die Auswahl meist besser. Hier zeigt die Tendenz in Richtung Vielfalt.

Cuestionario aus Spanien ist mit seinen Bio-Milchprodukten auch im deutschen Naturkostfachhandel vertreten. Die Bio-Molkerei produziert Jogurt nach griechischer Art.

Das Mopro-Regal ist im Handel das Synonym für Kühlregal. Mopro ist die traditionelle und dominierende Warengruppe dort. Die Kühlregalmeter wachsen mit den immer größeren Flächen der Supermärkte. Statt sie mit immer mehr der gleichen, standardisierten Industrieware zu bestücken, die sich lediglich im Marketing unterscheidet, kann sich der qualitätsorientierte Handel mit Bio profilieren.

Alternative zu Kuhmilch

Bio-Kuhmilch ist der dominierende Rohstoff. Bei Bio ist aber der Anteil an alternativer Schaf- und Ziegenmilch hoch. Die Käserei Henri Willig aus Holland käst auch Schaf- und Ziegenmilch. Andechser verarbeitet Ziegenmilch. Bobalis verarbeitet Büffelmilch zu Bio-Mozarella, -Ricotta und Jogurt. Die Auswahl für den Handel ist umfangreich.

In der gelben Linie wird der weitaus größte Teil geschnitten als SB-Ware verkauft. Die Bio-Spezialitäten liegen in der Käsetheke, die nach einem Niedergang seit einigen Jahren wieder eine Renaissance erlebt. Der Käse-Großhandel bietet fast immer auch ein großes Bio-Sortiment.

Das Netz der Fachgroßhändler erstreckt sich über das ganze Land. Ruwisch & Zuck im Norden und Scheer im Süden sind die größten mit jeweils über 2.500 Käsen. Rund 250 liefern sie auch in Bio-Qualität. Schilcher Käse, Würth oder Gerald Bartke haben sich ganz auf Bio spezialisiert und liefern bundesweit. Die Großhändler haben internationale und regionale Spezialitäten in Bio-Qualität auf Lager.

Die Ware stammt von Hofkäsereien und handwerklichen Betrieben. Sie setzen auf Qualität und produzieren die geschmacksintensiven Käse. Einsatz von Rohmilch, lange Reifezeiten und Naturrinde kennzeichnen die Produkte oft. Sonderangebote gibt es dort nicht. Der Preis steht hier an zweiter Stelle. Die Zahl der Käse-Kenner im Wurst-Land Deutschland wächst. Gute Aussichten für hochwertige Bio-Produkte in Käsetheken. 

Anton Großkinsky

Was ist Heumilch?

Heumilch klingt wie eine Binsenweisheit. Im 21. Jahrhundert füttert der Bauer im Winter die  Milchkühe nicht mehr mit Heu (getrocknetes Gras). Silage (vergorenes Gras oder Mais) ist kostengünstiger herzustellen. Darunter leidet aber die Qualität.

Bekommen die Kühe traditionell Grünfütter, Heu und wenig Kraftfutter ist der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und der konjugierten Linolsäuren (CLA) in der Milch höher. Sie wirken blutdrucksenkend, gefäßschützend bei Arteriosklerose und entzündungshemmend bei rheumatischen Erkrankungen. Der gesundheitliche Nutzen ist wissenschaftlich belegt.

Für einige geschützte Käse wie Emmentaler, Bergkäse und Parmesan ist silofreie Heumilch vorgeschrieben. In Österreich gibt es seit 2004 die ARGE Heumilch. Hier haben sich konventionelle und Bio-Landwirte zusammengeschlossen.

[ Artikel drucken ]