Wein
Ein Prosit den Piwis
Fortschrittliche Winzer setzen auf resistente Neuzüchtungen
Seit 1978 ist das Weingut Köpfer aus Grunern im Markgräflerland südlich von Freiburg biozertifiziert. Gert Köpfer war einer der ersten Winzer, die der Agrochemie den Rücken kehrten und sich dem Bio-Weinverband Ecovin anschlossen. Auch jetzt mit 84 Jahren geht er den ökologischen Weg weiter. Köpfer baut Piwis an, pilzwiderstandsfähige Rebsorten. Piwis sind im Anbau einfacher, aber im Verkauf schwieriger. Fortschrittliche Winzer wie Köpfer setzen auf die Neuzüchtungen des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg.
In der mehr als 250jährigen Geschichte des Weinguts Köpfer war die agrochemische Produktionsweise nur eine kurze Episode in den 60er und beginnenden 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Sechseinhalb Hektar Weinberge bewirtschaften Gerd und Margret Köpfer. Grunerner Altenberg und der Staufener Schlossberg sind die Lagen des historischen Weinguts.
„So einen verregneten Juni wie 2012 hatten wir noch nie“, blickt Köpfer zurück. Der Regen gibt den Pilzen Nahrung. Je nasser desto größer ist die Pilzgefahr. Von Mitte Mai bis Ende Juli fielen in Südbaden 600 Millimeter Regen auf den Quadratmeter, 75 Prozent der durchschnittlichen Jahresniederschlagsmenge. Soviel fällt in der Pfalz im Schnitt pro Jahr nicht.
Für Peronospera, zu deutsch falscher Mehltau, ist das ein prima Klima. Der Pilz befällt die Blätter der Reben. Im biologischen und im konventionellen Weinbau wird die Krankheit mit Kupfer bekämpft. Der Einsatz ist bei Bio auf drei Kilo pro Hektar jährlich beschränkt.
Der konventionelle Winzer kann außer Kupfer, das dort keiner Mengenbegrenzung unterliegt, auch synthetische Pflanzenschutzmittel einsetzen. Kupfer ist zwar nicht chemisch-synthetisch, aber das Schwermetall schädigt das Bodenleben. Gerade der Bio-Anbau setzt aber auf einen gesunden Boden.
Piwis sind eleganter als viel spritzen
Eleganter ist der Ansatz des Staatlichen Weinbauinstituts in Freiburg. Volker Jörger, Referatsleiter für Resistenz- und Klonenzüchtung, züchtet pilzwiderstandsfähige Sorten. Eine pilzwiderstandsfähige Rebe ist nicht völlig resistent gegen Pilzbefall, sie ist jedoch deutlich weniger anfällig als die traditionellen Sorten. „Null bis zwei Spritzungen benötigen wir bei den Piwis durchschnittlich pro Jahr.
In extremen Jahren haben wir bei den klassischen Rebsorten bis zu zehn Spritzungen gegen Pilzbefall im konventionellen Anbau, im Bio-Anbau bis zu 14 Spritzungen. Das kostet Geld und Zeit und die häufigen Weinbergbefahrungen belasten den Boden. Die Zeit für den Rebschutz kann der Winzer nicht für die Vermarktung nutzen“, nennt Jörger zwei starke Argumente.
Das Weingut Köpfer baut die Piwis Merzling und Bronner sortenrein aus. Köpfer öffnet im Wohnzimmer des alten Bauernhauses eine Flasche Bronner zum Probieren. Der Wein überzeugt Auge, Nase und Zunge.
Er kostet bei hoher Qualität etwas weniger als die Standardsorten. Käufer mit Weinverstand können hier günstig einkaufen. Die Piwis tun sich im Weinberg leichter als die Standardsorten, aber im Verkauf schwerer. Gutedel, Riesling und Spätburgunder hat Hänschen gelernt. Hans lernt jetzt nicht mehr Johanniter, Helios, Bronner und Solaris. „Die Vermarktung von Piwis ist schwierig. Die Leute probieren und sagen, schmeckt gut. Dann kaufen sie Gutedel oder Spätburgunder wie immer“, hat Köpfer erfahren.
Köpfers Weine sind preisgekrönt, auch die aus pilzwiderstandsfähigen Sorten. Der 2010er Bronner Kabinett Altenberg hat eine Silbermedaille beim Internationalen Bio-Weinpreis 2012 bekommen.
Mit seinem 2011er Bronner Qualitätswein Altenberg stellte er beim Wettbewerb Best of Freiburger Piwis 2012, den Siegerwein in der Kategorie Bronner-Weine. Fortschrittliche Winzer, bewusste Weintrinker und ambitionierte Forscher können etwas bewegen und den Piwis zum Durchbruch verhelfen. Die Zeit ist reif für widerstandsfähige Reben.
Anton Großkinsky