Start / Ausgaben / BioPress 70 - Februar 2012 / Was ist neu im EU Bio-Recht?

Was ist neu im EU Bio-Recht?

Gesetzesmühlen mahlen langsam und umständlich, dennoch gibt es im Laufe eines Jahres regelmäßig zahlreiche Änderungen. Das gilt auch für das Bio-Recht, das längst ein komplexes Regelwerk aus europäischen und deutschen Gesetzen, Verordnungen sowie Richtlinien umfasst.

Sich selber in Rechtsfragen stets auf dem Laufenden zu halten, ist nicht leicht. Kein Wunder, dass auch in diesem Jahr das Frankfurter Kompaktseminar über Neuerungen im Bio-Recht von Dr. Manon Haccius (Alnatura Bickenbach) und Rechtsanwalt Hanspeter Schmidt, Freiburg, Ende November mit rund 140 Teilnehmern ausgebucht war. Bereits zum 13. Mal konnten sie sich von dem kompetenten Duo auf den neuesten Stand bringen lassen.

Unter den Teilnehmern fanden sich Mitarbeiter bekannter Unternehmen von Herstellern wie Herbaria, Herzberger oder Hipp über Großhändler und Handelsketten wie Basic oder Edeka bis zu Bio-Verbänden oder der BioFach. Besonders stark vertreten war der Bereich Qualitätssicherung, gefolgt von Einkauf und Produktentwicklung.

Bio ufert aus

Die Gesetzesänderungen hatten zwangsläufig konsolidierte Durchführungsverordnungen zur Folge, von denen die Referenten die wichtigsten herausgriffen. Quasi zum Aufwärmen schilderte Schmidt etwa den Streit um das Biomineralwasser, den Neumarkter Lammsbräu nach einer Klage für sich entscheiden konnte. Interessant ist der Fall schon insofern, dass auch andere Hersteller daraus Lehren für eine Werbung mit Bio ziehen können und das Oberlandesgericht den Begriff als „ausufernd“ gebraucht bezeichnete.

Zusatzstoff oder Monoprodukt

Am Beispiel Rosmarinextrakt, der jetzt als Antioxidans zugelassen ist, ging es im Folgenden um die bei Bio-Produkten erforderliche Positivlistung von Zusatzstoffen. Ein freier Einsatz als Lebensmittelzutat ist ebenfalls auch möglich, und zwar wenn der Einsatz zur Geschmacksgebung oder aus einem anderen plausiblen Grund erfolgt.

Dies trifft auch bei süßem Stevia zu. Seit November sind die aus der Pflanze gewonnenen Steviolglykoside (E960) in Europa zugelassen. Für Bio-Lebensmittel stellt sich das Problem, dass es als Bio-Zusatzstoff nicht positiv gelistet ist. Als Bio-Monoprodukt ist es dagegen zulässig, vorausgesetzt, es wird nach den Bio-Regeln gewonnen.

Kostengünstiger und schneller am EUGH klagen

Haccius und Schmidt gaben immer wieder Tipps und Empfehlungen für die Praxis. Unter anderem verwiesen sie auf die Möglichkeit, dass von Kommissions-Verordnungen Betroffene direkt beim Europäischen Gerichtshof klagen können. Das sei einerseits der kostengünstigste Weg und gehe andererseits schneller, als eine generelle Entscheidung der Kommission abzuwarten. Die umständlichen Wege bis zu einem Beschluss auf EU-Ebene seien in vielen Fällen unbefriedigend.

Beispiel Wein, um dessen Aufnahme als Bio-Wein schon seit Jahren gerungen wird. Neben dem Fehlen von definierten Verarbeitungsrichtlinien verwiesen die Referenten auf weitere Rechtslücken und Widersprüche im Gesetzes-Kanon. Fazit ist, dass Ende Juli 2012 nun auch die vorläufig erlaubte Formulierung „Wein aus ökologischen Trauben“ endet – es sei denn, die Bio-Winzer machten Eingeständnisse bei ihrer bisherigen Beschränkung von Zusatzstoffen.

Bio-Zertifikate müssen veröffentlicht werden

Ein weiterer Themenkomplex bezog sich auf die Bio-Kontrollen. Dazu gehörte zum einen die neue Pflicht zur Veröffentlichung von Bio-Zertifikaten, wo die private Bio-Wirtschaft sich leider noch auf kein Vorgehen einigen konnte. Zum anderen die Aktualisierung der Drittlandsliste sowie der Stopp der Einzelfall-Einfuhrermächtigungen der Regierung für Importe aus Drittstaaten. In Zukunft sollen die in der EU speziell zugelassenen Kontrollstellen die Überprüfung der gleichwertigen Öko-Anbauregeln übernehmen (noch bis November 2014 können Kontrollstellen einen Antrag auf Konformität stellen).

Ein Querschnittsthema stellten die neuen allgemein gültigen Kennzeichnungsregeln für Lebensmittel dar. Haccius und Schmidt gelang es auch im Hinblick auf die Health Claims, Nährwert- oder Allergenkennzeichnung, eine Übersicht über die wichtigsten Maßgaben für Bio-Betriebe zu geben. Nun bleibt den Betrieben, ihre Hausaufgaben zu machen und die Informationen des Tages auf die eigene Problematik umzusetzen.

Bettina Pabel

[ Artikel drucken ]