Energie für Nachhaltigkeit
Zwischen Bio und Fair Trade sucht Ludger Breloh neue Wege
Die Rewe hat Nachhaltigkeit ins Leitbild des Handelskonzerns aufgenommen. Nachhaltigkeit ist nur ein Begriff und muss verwirklicht werden. Ein Strategiekreis beschließt, auf welche Weise dies geschieht. Der strategische Einkauf stellt die Weichen, damit die Vertriebsschienen wie Vollsortiment, Discount und Fachmärkte dem Verbraucher Ware anbieten können. Im Bereich Energie-Effizienz und Mitarbeiter läuft das mehr im Hintergrund. Im Bereich soziale Verantwortung (CSR) kann das Engagement durch Öffentlichkeitsarbeit bekannt gemacht und das Erscheinungsbild verbessert werden.
Ludger Breloh, Bereichsleiter Strategischer Einkauf.
Ein Konzern braucht Manager, die Nachhaltigkeit von oben nach unten umsetzen. Einer davon ist Ludger Breloh. Der Öko-Bauer und Agrarökonom, gründete 1988 die Breloh Bauern KG für die Erzeugung von Bio-Gemüse und die Landlinie, die mit Bio- Obst und Gemüse handelte. Er entwickelte sich vom Bio-Bauer zum Landwirtschaftsunternehmer. Beide Firmen verkaufte er 1995 an Pfeifer & Langen in Köln. Von 1996 an beriet er die Rewe bei den Bio-Eigenmarken Füllhorn (heute Rewe Bio) für das Vollsortiment und Naturgut für den Discount. Seit 2008 ist er im strategischen Einkauf Bereichsleiter für Bio-O+G.
In der Kölner Zentrale hat der Strategiekreis Nachhaltigkeit, den der Vorstandsvorsitzende Alain Caparros persönlich führt, vier Arbeitsbereiche definiert:
• Energie, Klima, Umwelt
• Soziale unternehmerische Verantwortung (CSR)
• Mitarbeiter
• grüne Produkte
Öko-Sortiment ausweiten
Zu den grünen Produkten zählen Bio-Lebensmittel, Fair Trade- und ProPlanet-Produkte, das neugeschaffene Label der Rewe, MSC für nachhaltige Fischerei und den Blauen Engel kann man auch dazu zählen. Im Rewe-Vollsortiment sind rund 2.500 grüne Produkte verfügbar. In den Regiemärkten kann der Kunde auf 1.000 bis 1.500 zugreifen bei einem Gesamtsortiment von rund 20.000 Artikeln. Grüne Produkte sind also mehr die Zukunft denn Gegenwart im Regal. „Unser primäres Ziel ist es, das Öko-Sortiment auszuweiten. Auch in der Krise hatten wir eine gute Entwicklung. Wir stecken viel Energie in Öko. Bei Obst und Gemüse haben wir einen zweistelligen Bio-Anteil“, berichtet Breloh.
Das Interesse gilt nicht allein der Eigenmarke: „Wir machen mehr Umsatz mit Bio-Markenartikeln als mit Rewe Bio“, fährt er fort. Bei Rewe Bio findet ein Image Transfer von Bio auf das Unternehmen statt, den es bei Markenartikeln nicht verbuchen kann. Der Bio-Anteil von 3,5 Prozent am Lebensmittelmarkt ist allerdings zu gering, um bestimmend zu sein für einen Handelskonzern. Auch konventionelle Produkte will Breloh ökologisieren, zum Nutzen von Bio. „Unser ProPlanet Label beflügelt Bio“, nennt der ehemalige Bio-Bauer ein Beispiel.
Nachhaltige Teillösungen können sofort preiswerter sein und Kosten senken. „Bio-Anbau kostet Geld, allerdings oft weniger als gefühlt. Energieeffizienz verlangt am Anfang Investitionen, aber über die Laufzeit sind die Kosten geringer“, verdeutlicht der Manager. Bei einer Großbäckerei, wie sie die Rewe betreibt, ist das beim Einsatz von Energie-Spartechnik der Fall.
Rückstände in konventionellem Obst und Gemüse
Rückstände in konventionellem Obst und Gemüse hat dem LEH in der Vergangenheit oft Kopfzerbrechen bereitet. Greenpeace hat immer wieder die Hand in die Wunden gelegt. Breloh hat mit Best Alliance einen Ansatz für mehr Verbraucherschutz gefunden. „Beim Anbau von Massenkulturen wie Trauben, Erdbeeren, Paprika und Tomaten sind wir feste Vereinbarungen mit Landwirten in Südeuropa eingegangen. So haben wir vom Anbau auf dem Acker bis hin zur Ladentheke jeden einzelnen Produktionsschritt definiert und unter Kontrolle“, erläutert der Bereichsleiter.
So gibt es zum Beispiel für Pestizide eine Positivliste. Unabhängige Kontrollen sollen die Einhaltung garantieren. Die Pestizidbelastung liegt im Schnitt bei etwa zehn Prozent der gesetzlichen Grenzwerte. „Hier geht es darum, Pest und Cholera zu bekämpfen. Den Husten und Schnupfen lassen wir“, erläutert Breloh die Dimension.
Die Rewe baut das Best Alliance-Konzept noch weiter aus. „Neben dem Rückgang der Pestizidrückstände kümmern wir uns in Zusammenarbeit mit dem WWF um die effiziente Wassernutzung beim Erdbeeranbau im Doñana Nationalpark in Spanien. Beim Anbau von Paprika legen wir den Fokus auf faire Arbeitsbedingungen und unterstützen lokale Initiativen, die sich um afrikanische Flüchtlinge kümmern“, führt Breloh weiter aus. Das ist dann die soziale Komponente der Nachhaltigkeit. Fair Trade aus Europa und nicht nur aus Südamerika und Afrika ist eine Errungenschaft des beginnenden 21. Jahrhunderts.
Anton Großkinsky
Backen mit weniger Energie-Einsatz
Eine der modernsten Großbäckereien Deutschlands steht seit 2010 in Bergkirchen bei Dachau. Durch die Nutzung von Fernwärme und Wärmerückgewinnung senkte der Rewe-Produktionsbetrieb Glocken Bäckerei den Energieverbrauch im Vergleich zu einer herkömmlichen Großbäckerei um 40 Prozent.
400 Mitarbeiter verarbeiten pro Jahr 36.000 Tonnen Mehl, um über 1.100 Rewe- und Penny-Märkte mit Backwaren zu beliefern. Darunter das Mühlhof Bio-Sortiment und Rewe Bio. Auf ganz andere Weise engagiert sich die ReweGroup im Bereich ihrer eigenen Produktionsbetriebe für Biodiversität. Statt Getreide für die Produktion von Brot- und Backwaren in der konzerneigenen Glocken Bäckerei auf Spotmärkten einzukaufen, setzt Glocken Brot auf eine Versorgung mit Mehl durch regionale Partner. Derzeit kooperiert die Rewe Group mit drei Mühlen in Bayern, die verpflichtet sind, Getreide aus lokaler und regionaler Produktion für die Glocken Bäckerei zu verarbeiten.
„Wir fördern damit den einheimischen Getreideanbau, der um ein vielfaches kleinflächiger ist, als beispielsweise in Osteuropa. Dieser Landbau auf kleinen Flächen hat zur Folge, dass sich die Relation von Ackerfläche und Randstreifen zugunsten der Biodiversität verschiebt“, so Ludger Breloh, Bereichsleiter Strategischer Einkauf Bio, Obst und Gemüse bei der Rewe Group. Die größeren Ackerrandstreifen mit ihrem vielfältigen Nahrungsangebot dienen als Lebensraum für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und viele weitere Lebewesen.
Aktion blühender Bodensee
Im Bereich der Eigenmarken startete das Handelsunternehmen Rewe ein Projekt in Kooperation mit Obstbauern am Bodensee. „Weil Bienen und andere Insekten nicht mehr genügend Nahrung finden, haben wir von der Rewe Group zusammen mit der Bodensee-Stiftung und der Vertriebsgemeinschaft Obst vom Bodensee ein gemeinsames Pilotprojekt gestartet, um im Sommer die Trachtlücke für Blüten besuchende Insekten zwischen Juni und September zu schließen“, erklärt Josef Lüneburg-Wolthaus von der strategischen Qualitätssicherung diesen Ansatz.
Dafür werden zunächst auf zehn Pilotbetrieben zwischen Stockach, Friedrichshafen und Ravensburg unterschiedliche Maßnahmen getestet, um das Nahrungsangebot für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge zu verbessern und neue Lebensräume für die Insekten zu schaffen. Hierfür werden Blühflächen angelegt, Hecken gepflanzt und Nisthilfen für Wildbienen aufgestellt. Mittelfristig soll es nicht bei elf Betrieben bleiben. Schließlich profitieren gerade sie von der Bestäubungsleistung der Honig- und Wildbienen. Ziel ist es, durch ein verbessertes Umweltmanagement die Nachhaltigkeit im gesamten Obstbau am Bodensee zu stärken.