Start / Ausgaben / BioPress 67 - Mai 2011 / Abholzung contra Bio-Landbau

Abholzung contra Bio-Landbau

Noch ist Velasco in Bolivien ein Waldparadies

Armut, Trockenheit, Abholzung und ein unterentwickelter Landbau sind die Herausforderungen in der Provinz Jóse Miguel de Velasco im Osten Boliviens. Die Kleinbauerngenossenschaft MINGA betreibt Bio-Landbau und ist Hoffnung für hunderte Familien. Drei Bewohner der Region berichten.

Johannes Falch inspiziert seine Rinderherde.{_umbruch_}Foto: Wilhelm Jennissen

Hier leben nur 75.000 Menschen auf 65.400 Qudratkilometer Land, einer Fläche doppelt so groß wie Nordrhein-Westfalen. In den drei Kleinstädten San Ignacio de Velasco, San Miguel und San Rafael wohnt die Hälfte der Bevölkerung, der Rest in 120 Dörfern oder auf den Rinderfarmen. 90 Prozent der Einkommen der Provinz werden mit dem Einschlag und Vertrieb von Holzstämmen und in der Rindviehhaltung verdient. Auf den Weiden der Provinz grasen 300.000 Rinder.

Velasco ist in weiten Teilen unerschlossen und zu mehr als zwei Drittel Wald. Ein Drittel der Provinzfläche ist Staatswald, der extensiv forstwirtschaftlich genutzt wird. Ein weiteres Viertel der Provinz steht unter Naturschutz, der Park Noel Kempff. Es ist ein 15.000 Quadratkilometer großes, wunderschönes Waldgebiet. Der Noel Kempff liegt zwei Tagesreisen vom nächsten großen Flughafen entfernt und ist über schlechte Wege nur mit guten Geländewagen zugänglich. Der Park ist eines der letzten fast unberührten Waldgebiete der Erde. Der Tourismus steckt in den Kinderschuhen.

Zerstörerischer Fortschritt

Etwa ein Drittel der Provinz ist in Besitz von Viehfarmern. Zu jedem Dorf gehören im Durchschnitt 7.000 Hektar Land in Gemeinschaftsbesitz. Die Hälfte der Farm- und der Dorfflächen ist Wald. Aber Gefahr ist im Verzug. Das Foto anbei zeigt auf der einen Seite die bolivianische Grenze, den Wald des Naturparks Kempff.


Bewaldung gibt es nur noch bis zur Grenze zu Brasilien, wo der Urwald zugunsten der Farmer gerodet wurde.{_umbruch_}Foto: Wilhelm Jennissen
Die andere Seite ist die brasilianische Provinz Mato Grosso, reines Weideland. Mato Grosso wurde vor einem Viertel Jahrhundert erschlossen. Vorher war dort weitgehend unberührter Wald. Der Wald wurde vernichtet und Rinderfarmen angelegt. Das wurde Fortschritt genannt. Heute steht ein großer Teil der Farmen im Mato Grosso zum Verkauf. Der Boden ausgelaugt, verarmt und gibt nichts mehr her. Für ein paar Jahrzehnte Rindviehhaltung hat Menschenhand sensible tropische Waldsysteme zerstört. Ist das die Zukunft für Velasco?

80 Prozent der Menschen in Velasco sind arm. Sie müssen mit weniger als zwei Dollar Einkommen pro Tag auskommen. Es ist normal, mangelernährte Kinder und Greise zu sehen. Grotesk, wenn gleichzeitig neue Geländewagen über die unbefestigten Straßen rasen. Sie gehören den Viehfarmern der Region, Holzfirmen oder Holzhändlern. Die Männer der armen Familien arbeiten als Arbeiter für Holzunternehmen oder auf Viehfarmen.

Velasco gehört zu den trockenen Tropen. Zwar fallen um die 1.000 Millimeter Niederschlag im Jahr, jedoch überwiegend in der Regenzeit von November bis März. Der Rest des Jahres ist knochentrocken. Schon immer war die Provinz durch von Jahr zu Jahr stark schwankende Niederschläge geprägt. Jedoch leiden die Menschen unter der sich offenbar verlängernden Trockenzeit und ansteigenden Temperaturen.

Traditionell legen die Menschen in Mulden Teiche als Wasserspeicher für Mensch und Tier an. Diese füllen sich in der Regenzeit. Aber die Teiche trocknen in der langen Trockenzeit immer häufiger aus. Die Ursachen für die Verschlimmerung sind der weltweite Klimawandel und regional die bereits vollzogene Komplettabholzung in großen Landstrichen Lateinamerikas.

Illegaler Holzeinschlag

In Bolivien gibt es seit langen Jahrzehnten Gesetze über die Kontrolle der Nutzung des Holzes und die Besiedlung. Die Wälder auf privatem Farmland und auf Gemeinschaftsland der Dörfer unterliegen der behördlichen Aufsicht. Für den Staatswald gibt es Bewirtschaftungspläne. Das Herausholen von wertvollen Hölzern aus den staatlichen wie privaten Wäldern unterliegt einem Genehmigungsverfahren.

Ebenso bedarf eine Besiedlung, also die Umwandlung von Staatswald in Farmland oder Siedlungsfläche für neue Dörfer, einer Genehmigung. Leider wurden und werden die Gesetze nur wenig beachtet. Der überwiegende Teil des Holzeinschlags ist illegal und ohne Kontrolle der ökologischen Verträglichkeit. Investoren zäunen große Flächen Land ein und etablieren Viehfarmen.

Aus den Hochlagen der Anden drängen immer mehr Siedler in die Provinz Velasco und gründen meistens nach freiem Ermessen Dörfer. Bisher war die Regel, dass öffentliche Bedienstete die fehlenden Genehmigungen als Freundschaftsdienst oder für Bestechungsgeld nachträglich ausstellten. Aber alle wissen: Wenn die Abholzung ungehemmt weitergeht, ist in einem dutzend Jahren Schluss.

Mittelständiger Farmer in der Zwickmühle


Jorge Cespedes erntet in seiner Kaffeeparzelle auch andere Früchte wie Papaya.{_umbruch_}Foto: Wilhelm Jennissen{_umbruch_}
Johannes Falch ist Agraringenieur und bewirtschaftet die 1.500 Hektar große Farm La Victoria. 350 Hektar der Farm sind pam­pa, in flachen Talmulden gelegene, natürliche, ebene Weideflächen. 500 Hektar der Farm ist Wald mit natürlichem aber spärlichem Grasunterwuchs, die „pampa monte“. Der Rest sind Waldflächen mit dichtem Unterholz.

Johannes Falch erklärt: „Wir sind eine mittelgroße Farm mit 450 Stück Rindvieh. Bis vor 20 Jahren haben die Farmer ihr Vieh auf den Naturweiden der „pampa“ und der „pampa monte“ grasen lassen. Man rechnete zehn Hektar Land pro Stück Vieh. Bis zur Schlachtreife brauchten die Rinder vier bis fünf Jahre. In der Pampa entsprangen Bäche. Es gab immer Wasser. Um das Vieh in der Trockenzeit zu tränken, gruben die Leute Löcher von einem Meter Tiefe. Die füllten sich nach kurzer Zeit von alleine mit Wasser. Es war ein langsames Wirtschaften. Alles war im Gleichgewicht.“

Johannes Falch berichtet, dass der Boom der Abholzung vor 15 Jahren begann: „Immer mehr Farmer rodeten den Wald mit dichtem Unterholz und säten Gras. Pro Rind rechnen sie mit nur zweieinhalb bis fünf Hektar Land. Hinzu kommt, dass sich Brasilianer niederlassen. Die kommen meistens aus dem Mato Grosso, wo sie ihre Farmen verkauften. Durch die Brasilianer wird der Trend zur Abholzung verstärkt. Sie machen hier das gleiche wie im Mato Grosso und holzen oft komplett ab. Die brasilianischen Rinderfarmer haben viel Geld. Es entstehen Großfarmen von mehreren zehntausend Hektar Größe.

Auf den ersten Blick scheinen sie eine intensive Landwirtschaft einzuführen, wo traditionell extensive Weidewirtschaft betrieben wur­de. Aber Johannes Falch kennt die Grenzen des Machbaren: „Nur wenige sehen die Folgen. Die Waldböden sind arm. Wenn du die Wälder abholzt, zerstörst du das natürliche Gleichgewicht. Niemand düngt. Es wird wie in Brasilien enden.“ Die Entwicklung geht rasend schnell.

Der mittelständige Farmer ist besorgt: „Die Behörden und Universitäten müssten Studien durchführen, wie die Bodenfruchtbarkeit unter den sensiblen Bedingungen erhalten werden kann. Nichts wird unternommen. Die Kosten steigen. Ich muss meine Familie ernähren und suche nach Möglichkeiten, in Zukunft mehr Fleisch zu produzieren um so ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Auch ich habe Wald abgeholzt. Aber auf abgeholzten Flächen lasse ich in Abständen von 250 Metern einen 50 Meter breiten Streifen Wald stehen. Ich experimentiere mit der Aussaat von Leguminosen.“

Grotesk ist, wenn die Farmer wie Johannes Falch von der sozialistischen Regierung unter dem Präsidenten Evo Morales sogar gezwungen werden, abzuholzen. Auslöser ist ein Gesetz, welches die „ökonomisch-soziale Funktion“ von Grundbesitz fordert. Grund und Boden sollen für eine wirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden, die der Eignung des Bodens entspricht. Gleichzeitig soll die Bewirtschaftung nicht nur den eigenen privaten Interessen dienen, sondern auch von Nutzen für die Gesellschaft insgesamt sein wie durch die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Viele Funktionäre und Verwaltungsangestellte beurteilen die extensive Bewirtschaftung von Wald als eine nicht dem Gesetz entsprechende Nutzung, wohl aber die Umwandlung in Weideland. Die Folge in Velasco ist dramatisch. Ein Großteil der Farmen hat noch immer wertvollen Wald mit dichtem Unterholz. Viele Farmer fürchten die Enteignung durch die sozialistische Regierung und deren angestachelten Anhängern in den Provinzen. Es gibt Präzedenzfälle. Und um dem Gesetz Genüge zu tun, holzen die Farmer ab. Über 10.000 Quadratmeter Wald auf Farmen sind in Gefahr, in den kommenden Jahren verloren zu gehen.

Unterentwickelter Landbau in Velasco

Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts war Velasco fast unbesiedelt. In den Dörfern lebten wenige tausend Menschen von der Jagd und den Früchten der Wälder. Die Männer legten kleine Ackerflächen, die chacos an und kultivierten Mais, Trockenreis, Bananen und Yucca, um den Speiseplan der Natur zu ergänzen. Es war eine Wanderwirtschaft. Die Ackerflächen auf den kargen Böden wurden nur wenige Jahre genutzt. Wenn die Erträge sanken, legten die Familien einen neuen chaco an und überließen die alte Fläche für lange Jahre zur Regenerierung der Natur.

Mit dem Einzug der Holzfirmen und der Zunahme der Rinderfarmen fanden viele Männer aus den Dörfern eine Arbeitsmöglichkeit. Mit dem Verdienst kaufen die Familien Grundnahrungsmittel und andere Waren des modernen Lebens. Aber wegen der neuzeitlichen Arbeitsteilung vernachlässigen viele Familien ihren chaco. Es fehlen Gemüse und Früchte. Die Folge ist Mangelernährung. Gleichzeitig nimmt die Rinderhaltung auf den Gemeinschaftsweiden der Dörfer zu. Wer in einem Dorf 20 Rinder sein Eigentum nennen kann, genießt Ansehen. Wald wird Zug um Zug in Weideland umgewandelt.

In einem Dutzend Jahren sind die Wälder außerhalb des Naturparks Kempff abgeholzt. Die Leidtragenden werden die ohnehin armen Dorfbewohner sein: Wenn der Holzboom in Velasco endet, werden viele Familien ohne Einkommen bleiben. In den 120 Dörfern der Provinz leben 2.500 Familien. Sie betreiben unzureichend Landwirtschaft. Wovon sollen Sie leben?

Kampf für eine Subsistenzlandwirtschaft

Minga ist ein Wort der Indianer und bedeutet „zusammen arbeiten“. 1983 wurde Minga als Genossenschaft der Familien, die in den Dörfern in Velasco leben, gegründet. Minga will in der Provinz Velasco eine ökologische kleinbäuerliche Landwirtschaft etablieren. Die Agrarberatung wurde mit Unterstützung von Agraringenieuren des Deutschen Entwicklungsdienstes DED aufgebaut. Vor 26 Jahren schenkte die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) eine komplette Fabrik und Rösterei. Heute bauen 180 Familien Kaffee an. Mit dem Verkauf der Kaffeebohnen an die eigene Genossenschaft erzielen die Bauern einmal jährlich ein Zusatzeinkommen von durchschnittlich 300 Euro.

Minga vermarktet den Kaffee der Mitglieder. Aber die Beratungsarbeit geht über das Thema Kaffee hinaus. Die Genossenschaft unterstützt die Familien, auf diversifizierten Parzellen eine langfristig stabile Agrarproduktion zu erreichen. Das Grundprinzip ist einfach: Die Familien bearbeiten idealerweise zwei bis drei Hektar Land. Sie bauen Reis, Mais, Bananen, Yucca-Wurzeln, Erdnüsse, Gemüse, Obstbäume und Kaffee ohne Chemie an. Ein Teil der Ernte ist für den Eigenbedarf bestimmt, den anderen Teil verkaufen die Bauern. Aber von den 2.500 Familien, die in den Dörfern Velascos leben, haben es erst einige Dutzend Familien geschafft, die ökologische Wirtschaftsweise erfolgreich umzusetzen. Immer wieder vernachlässigen Familien die Anbauflächen wegen mangelhafter Kenntnisse, Annahme von Arbeitsverhältnissen für Holzfirmen oder Viehfarmer oder einfach, weil die Arbeit in der Landwirtschaft hart ist und stark schwankende Erträge auf den armen Böden frustrieren.

Minga kann wegen begrenzter finanzieller Mittel nur sieben Agrartechniker beschäftigen und erreicht mit der Beratung etwa 300 Familien. Trotzdem ist Minga in ganz Bolivien ein Synonym für Bio-Landwirtschaft. Die Leute sagen „ohne Chemie“ oder „natürlich“. Das ist ein Erfolg der Genossenschaft Minga, deutscher Entwicklungszusammenarbeit und der unermüdlichen Arbeit der Bio-Bauernfamilien. Wer in die Dörfer fährt und mit den Bauern über Minga spricht, kann lernen, was die Wörter Herzlichkeit, Zufriedenheit und Zuversicht bedeuten.

Innovative Bäuerin Doña Maria Arcumá


Maria Arcumá zeigt die Vielfalt ihres Gemüsegartens.{_umbruch_}Foto: Wilhelm Jennissen{_umbruch_}
Doña Maria Arcumá lebt in San Lucas, einem Dorf mit 26 Familien. Sie hat mit ihrem Mann acht Kinder großgezogen, von denen sieben das Elternhaus bereits verlassen haben und in der Stadt leben. Die Eheleute bewirtschaften anderthalb Hektar Land, das überwiegend mit Kaffee bepflanzt ist. Den Kaffee kauft Minga. Andere Kulturen wie Bananen, Ananas und Yucca werden für den Eigenbedarf angebaut. Nur ein kleiner Teil der Früchte wird verkauft. Maria Arcumá erklärt: „Wir benötigen Geld für notwendige Einkäufe. Mit Kaffee verdienen wir drei Viertel unserer Einkünfte. Minga ist eine Hilfe für die Bauern, denn die Genossenschaft kauft den Kaffee.“

Maria Arcumá ist eine mutige Frau. Vor anderthalb Jahren hat sie mit vier weiteren Frauen des Dorfes mit Gemüsebau begonnen. Die Frauengruppe baut in zwei etwa 100 Quadratmeter großen Gärten Salat, Tomaten, Möhren, Zwiebeln, Kohl und Rote Beete an. Die Frauen werden in Anbaufragen regelmäßig durch Agrartechniker von Minga unterstützt. Soweit notwendig stellt Minga auch Betriebsmittel wie Hacken und Gemüsesamen zu Verfügung.

Maria Arcumá erklärt: „Vor dem Gartenprojekt mussten wir Gemüse auf dem Markt in San Ignacio kaufen. Aber wir haben wenig Geld. Und wir wussten, dass das Gemüse auf dem Markt mit Chemie kontaminiert ist. Ich will, dass sich unsere Situation verbessert. Deshalb habe ich die Frauengruppe aufgebaut. Zunächst dachten wir nur an die Verbesserung unserer Ernährung. Aber immer mehr Leute kamen und wollten Gemüse kaufen. Deshalb werden wir einen weiteren Garten anlegen und die Anbaufläche verdoppeln.“ Der Elan der Frauen ist groß. Aber die Entwicklung geht in kleinen Schritten.

Maria Arcumá beschreibt die anstehenden Herausforderungen, die die Gruppe meistern will: „In der langen Trockenheit tragen wir Wasser für die Bewässerung der Pflanzen in Eimern vom nahen Dorfteich. Aber oft trocknet der Boden so schnell aus, dass wir nicht nachkommen. Wir benötigen eine Wasserpum­pe.“

Minga-Präsident Jorge Cespedes ist Bio-Bauer

„Wir haben Probleme.“ sagt Jorge Cespedes. Er lebt in San Juan, einem Dorf mit 24 Familien und ist Vater von sieben erwachsenen Kindern. Jorge Cespedes ist Bauer. Er bewirtschaftet ein Hektar Kaffee und anderthalb Hektar Zuckerrohr. Jorge Cespedes engagiert sich seit seiner Jugendzeit politisch für den Zusammenhalt der Bauern in der Provinz und eine nachhaltige Landwirtschaft. Im vergangenen März wurde er für zwei Jahre zum Präsidenten der Genossenschaft Minga gewählt. In dieser Funktion vertritt er die Interessen der Bauern und gleichzeitig leitet er die Geschäfte der Kaffeefabrik.

Er beschreibt die Aufgabe von Minga: „Wir arbeiten im Rahmen des Machbaren für die Verbesserung des Lebens der Bauernfamilien, die Mitglied bei Minga sind. Für die Bauern bedeutet Minga, dass sie nicht auf sich alleine gestellt sind. Sie können ihren Kaffee an die eigene Organisation verkaufen und erhalten Unterstützung durch die Agrartechniker. Minga ist nicht perfekt und immer wieder haben wir mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Aber solange wir bestehen, können wir neben dem Verkauf des Kaffees auch Projekte mit internationalen Entwicklungsorganisationen organisieren und so das Leben der Bauern verbessern.“

Minga ist nicht unabhängig. Jorge Cespedes macht deutlich: „Für die Beratung sind wir langfristig auf internationale Unterstützung angewiesen. Bleibt die Hilfe aus, dann stirbt Minga.“ Er sieht eine neue Herausforderung: „Wir leiden unter den Folgen des Klimawandels. In Zukunft werden wir unsere Parzellen bewässern müssen. Aber kostengünstige und auf die Verhältnisse in der Region angepasste Methoden gibt es noch nicht.“

In Mitteleuropa sind Umweltschutz und Bio-Landwirtschaft etabliert und als anerkannte Wirtschaftszwei­ge auf Wachstumskurs. Fast ist es so, dass sich die Mahner in Sachen Umweltschutz und Ressourcenschonung beruhigt zurücklehnen können. Wer in Bolivien die Provinz Jóse Miguel de Velasco besucht, wird eines Besseren belehrt. Hier ist der Niedergang einer der letzten Lungen der Erde in dramatischer Weise sichtbar.

Kurzfristiges Profitdenken und hemmungsloses Siedeln zerstören Wälder. Sensible Wald-Bodensysteme werden in wenigen Jahren zerstört. Makaber ist, dass vor dem Boom für Holz und Rinder über 80 Prozent der Menschen in Armut lebten und dass sie nach dem kurzem Boom noch schlechter dastehen werden als vorher.

Wilhelm Jennissen

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