Positive Stimmung auf BioFach
Indien steht 2012 als Land des Jahres im Zentrum
Mehr als 44.000 Besucher gegenüber 43.669 im Vorjahr strömten zur BioFach und Vivaness 2011 in Nürnberg. Vier Tage begeisterte sich das Fachpublikum aus 131 Ländern (119 im Vorjahr) für Bio-Lebensmittel, Ökotextilien und Naturkosmetik. Aus 86 Ländern reisten die 2.544 Aussteller des Messe-Duos an. Alljährlich sorgen BioFach Kongress und Vivaness Forum für Wissenstransfer auf beiden Fachmessen. Rund 8.500 Kongress-Teilnehmer informierten sich in 158 Veranstaltungen. Auf der nächsten BioFach vom 15. bis 18. Februar 2012 steht Indien als Land des Jahres im Mittelpunkt.
IFOAM-Präsidentin Catherine di Matteo, der EU-Vertreter Jozsef Angyan und der deutsche Staatssekretär Robert Kloos bei der Eröffnung der BioFach.„Vier Tage voller Leidenschaft für Branche und Produkte, für Zukunftskonzepte und Politik: die gute Stimmung im globalen Bio-Markt war auf dem Messegelände deutlich zu spüren. 80 Prozent der Besucher von BioFach und Vivaness beurteilten die Konjunktur sehr positiv. Die Zufriedenheit mit dem Angebot lag bei 97 Prozent“, erklärte Claus Rättich, Mitglied der Geschäftsleitung der NürnbergMesse.
Die Stimmung der Bio-Aussteller war durchweg zuversichtlich. Schon bei der Eröffnungsfeier gab es lauter fröhliche Gesichter. „Bio ist noch nicht die Hauptströmung, aber auch nicht länger eine Nische. Wir sind eine Gemeinschaft und eine Bewegung für weltweite Veränderungen“, betonte IFOAM-Präsidentin Catherine diMatteo.
Deutsche Politik tut sich schwer
Der ungarische Staatssekretär Jozsef Angyan als Vertreter der EU-Ratspräsidentschaft gab sich als Geburtshelfer der ungarischen Bio-Bewegung aus. „Ich sehe die Verbreitung der ökologischen Landwirtschaft als eine meiner wichtigsten Aufgaben an“, kam ihm über die Lippen. Worte, die vom deutschen Staatssekretär Robert Kloos als Hauptredner so nicht zu hören waren. Angyans Ausführungen zur Gentechnik ernteten Szenenapplaus: „Die ungarische EU-Präsidentschaft strebt an, dass die Mitgliedsstaaten eine Möglichkeit erhalten, den Anbau von GVO-Pflanzen zu untersagen“.
Der Biomarkt sei nach wie vor ein bedeutender Wachstumsmarkt, wie der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, bei der BioFach erklärte. Die deutschen Bauern seien bestrebt, auch im ökologischen Landbau mit der heimischen Produktion den Markt zu wesentlichen Teilen zu gestalten.
Links oben: André und Oliver Freidler vertraten Alb-Gold.{_umbruch_}Rechts oben: Wolfgang Neuerburg (g. li.) vom Referat Ökologischer Landbau führt Landwirtschaftsminister in NRW (MKULNV) Johannes Remmel (2.v.re.) über den Länderstand.{_umbruch_}Links unten: BESH-Vorsitzender Rudolf Bühler auf der BioFach im Gespräch mit Bernolf Schlauch, Erzeuger von Bio-Holunder Sekt und Bruder vom bekannten Grünen Politiker Rezzo Schlauch. {_umbruch_}Rechts unten: Basile Teberekidis von Vita Verde vertritt seine griechischen Oliven-Produkte {_umbruch_}mit Verve.
„Dazu brauchen wir Marktpartner, die Regionalität und kurze Wege in den Lieferbeziehungen wirklich leben. Denn das A und O für die Zukunftsperspektive der Landwirte wie der beteiligten Wirtschaftsbereiche ist die Bereitschaft der Verbraucher, für unsere Produkte kostenorientierte Preise zu bezahlen“, führte Sonnleitner aus. Der ökologisch wirtschaftende Betrieb bringe zusätzliche Leistungen etwa für die Biodiversität in der Landschaft, für die er auch einen entsprechenden Ausgleich erwarten dürfe.
Mehr als 100 Naturland Fair Produkte
Bild oben: Albert Darboven ist seit Jahren persönlich auf der BioFach vertreten. {_umbruch_}Bild unten: Landwirtschaftsminister Till Backhaus zeigt sich spontan als Bodenwächter. Bild Mitte: Naturland-Geschäftsführer Steffen Reese (2.v.li.), Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern Till Backhaus (Mi.), Wiesengold-Geschäftsführer Heinrich Tiemann (g.re.), Markus Wewer von Thönes Natur (2.v.re.). Naturland zog auf der BioFach 2011 in Nürnberg Bilanz: Nach einem Jahr der Fair Zertifizierung durch den Öko-Verband sind bereits über 100 Produkte mit dem Naturland Fair Logo im Handel. „Auf allen Kontinenten ist die öko und faire Land- und Lebensmittelwirtschaft der Weg der Zukunft“, kommentierte Hans Hohenester, Naturland Präsidiumsvorsitzender, den Erfolg der Nachhaltigkeitsinitiative. Die Erweiterung des Fair Gedankens von den Entwicklungs- auf die Industrieländer bedeutet dabei keine Konkurrenz zum Fair Trade mit den Ländern des Südens.
Bei den Bio-Getränken sind die Bionade-Nachahmer weitgehend verschwunden. Pionier Bionade ist wieder allein. Einige Neuheiten gab es zu verzeichnen. So hat Neumarkter Lammsbräu ein Orange Cola vorgestellt. Besonders in Bayern existiert ein Markt für Cola-Mischgetränke, wie Unternehmensberater Manfred Mödinger erläuterte.
Vita Verde Säfte aus Flieden in Hessen und Oliven-Spezialist Vita Verde Naturkost aus Köln waren Stand-Nachbarn. Trotz Namensgleichheit haben die beiden Unternehmen völlig unabgängig voneinander zu tun. Der lebhafte Grieche Basile Teberekides stellte ein neues Pesto namens Heldenkraut vor. So nannten die alten Griechen den Bärlauch.
Hoher Besuch beehrte den Stand der Andechser Molkerei Scheitz: Bundesernährungsministerin Ilse Aigner, und Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner informierten sich bei Geschäftsführerin Barbara Scheitz von Andechser Natur. „Die Stimmung auf der BioFach ist positiv und aufgeschlossen“, urteilte sie. Auf dem Stand herrschte Betrieb wie sonntags auf dem Jahrmarkt. „Wir haben auch etwas zu bieten, zum Beispiel unsere Stevia Joghurt oder zwei neue Lassies“, gibt sich Scheitz selbstbewusst. Stevia ist in der Schweiz und Frankreich zugelassen, in der EU noch nicht. Der Joghurt wird mit zugelassenem Stevia-Tee gesüßt. „Das Potenzial von Stevia ist groß: Hohe Süßkraft, keine Kalorien, kein Karies. Die Zulassung würde unserer Gesellschaft zugute kommen“, meint Scheitz. Der Umsatz wird 2011 voraussichtlich um zehn Prozent steigen und damit dieses Jahr einige Umstellungen möglich machen. 100 Bauern stehen auf der Warteliste bei der Molkerei. 41,4 Cent zahlt Andechser aktuell, während konventionelle Landwirte 33 Cent erhalten.
Bio-Fruchthandel präsent
Michael Seiler wächst in seine neue Aufgabe am Verkostungstisch von BioPlanete. (li.){_umbruch_}Geschäftsführer von Schwarzwaldmilch Karl Laible und Maren Zeidler vom Marketing freuen sich über die guten Biogeschäfte in Nürnberg (re.).
Frischfrucht ist der Motor für Bio im LEH. Die BioFach spielt hier durch die Spezialmesse Fruit Logistica nicht mehr die Hauptrolle. Aber die wichtigen Bio-Lieferanten sind in Nürnberg nach wie vor vertreten. So die Südtiroler Bio-Apfelanbauer mit den zwei großen Anbietern Bio Südtirol und BioVinschgau. „Der Bio-Markt funktioniert. Der Abverkauf ist seit Januar gut“, berichtet Verkaufsleiter Gerhard Eberhöfer von Bio Vinschgau. Eberhöfer wendet sich an den Fachhandel und den LEH mit der Botschaft, bis August lieferfähig zu sein. 30 Prozent seiner Bio-Äpfel verkauft der Vinschgau in Deutschland, dem zweitwichtigsten Markt nach Italien (40 Prozent). Schließlich verspeist der Deutsche mit 35 Kilo pro Jahr doppelt soviel Äpfel wie der Italiener. Eberhöfer, der auch Vizepräsident des europäischen Obstforums ist, sieht in Europa keine Übermengen. Ein jährliches Wachstum von vier bis fünf Prozent hält er mittelfristig für realistisch.
Der Stand von TK-Backwaren-Hersteller Schedel war ein Besuchermagnet (li.).{_umbruch_}Herbaria stellt neue Gewürzmischungen für Süßspeisen vor (re.).
Obst vom Bodensee mit 7.000 Tonnen einer der großen deutschen Bio-Apfelanbieter zählt ebenfalls zu den Stamm-Ausstellern. Die Ernte 2010 wird bis Mitte Mai ausverkauft sein. Das mittelfristige Ziel lautet, ganzjährig anbieten zu können.
Die steigenden Rohstoffpreise waren ein Thema, aber nicht Grund zu übergroßer Besorgnis. Die Nürnberger Bio-Originale sind bei Lebkuchen und bei den Nuss-Mußen des Eisblümerl-Sortiments von steigenden Preisen für Gewürze, Haselnüsse usw. betroffen. Preiserhöhungen bezeichnete Geschäftsführer Aster als unausweichlich. Mit der Messe war er zufrieden: „Wir haben hier ein Heimspiel und haben sehr viele Kunden getroffen.“
Regenwaldkaffee ist den regelmäßigen BioFach-Besuchern mittlerweile bekannt. Naturnah angebaut wird der Kaffee handwerklich geröstet nach den Regeln der deutschen Röstergilde. Diesmal traten die Berliner noch mit ihrer Bio-Kakao-Marke blömboom auf. Mit dem Verkauf wird eine Affen-Aufzuchtstation in Sambia unterstützt.
Zudem stelle das Unternehmen seine Teemarke Schlürf vor. Die zwölf Sorten folgen der norddeutschen Teekultur, enthalten Kannenbeutel zwischen vier und sechs Gramm Tee und haben ein markantes Design, das sich im Regal abhebt. Am Stand herrschte buntes Treiben. „Es waren aber viele Besucher da, die uns etwas verkaufen wollten“, so Corinna Garschke vom Marketing.
BESH hatte Spaß
Bei Nudelmacher Karl-Heinz Hierl aus Bayern stellte eine starke Veränderung fest: „Die Stammkundschaft an Ladnern der zurückliegenden Jahre war kaum noch da. Dafür hatte ich sehr viel neue Kontakte.“ Nudel-Spezialist Seitz aus Spaichingen/Baden-Württemberg, bekannt vor allem als Private Label Produzent, präsentierte seine biologische Hersteller-Marke. „Wir hatten Besucher vom Reformhaus bis zur Handelskette am Stand. Die meisten Anfragen kamen zum glutenfreien Sortiment“, zog Monika Raux-Kellerer Bilanz.
Molker Paul Söbbeke weist stolz auf seine Neuheiten (Bild links, g.li.).{_umbruch_}Georg Rösner (Bild Mi.) akzeptiert nur 100 Prozent authentische Zutaten. {_umbruch_}Südamerikanisches Flair herrschte am BioAmazon Stand.
Lutger Terriete vom Bio-Spirituosen-Her-steller Dwersteg registrierte reges Interesse von MLF, SEH bis Gastronomie: Bei uns war immer Betrieb auf dem Stand“. Das Problem ist der Fachgroßhandel dazwischen. „Der Getränkefachhandel tut sich ganz schwer mit Bio“, weiß er aus Erfahrung. Die Branche ist darauf ausgelegt, Volumen zu bewegen und kennt den Umgang mit Spezialitäten nicht. Im Feinkosthandel sind Bio-Spirituosen inzwischen verankert. Auch als Firmenpräsente werden sie beliebter. „Ein großer Teil geht in den Export“, stellt Terriete fest.
Vertriebsleiter Vogelmann von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) hat die Messe nach eigenem Bekunden Spaß gemacht. „Die Kontakte waren vielsprechend. Mit unseren nachhaltigen Wurst- und Fleischprodukten liegen wir richtig. Unsere Marke kommt super an“, bekundete Werner Vogelmann zum Abschluss der vier Messetage.
Anton Großkinsky