Fairtrade
Biofairverein in Aktion
Testverkauf im Naturkostfachhandel mit wissenschaftlicher Analyse
Die Kunden des Naturwarenzentrums Dreieich hatten am 24. September 2009 mehr in der Tüte. Allerdings nicht mehr Ware, sondern mehr Sinn. Der macht nicht satt, gibt aber das Gefühl, mit dem Kauf etwas Gutes getan zu haben. Ulrich Rueben war mit der Aktion des Bio & fair Vereins bei Bio-Supermarkt-Betreiber Peter Kossytorz zu Gast. Dem Verein gehören 16 deutsche Bio-Hersteller an, die den Fair-Gedanken von der dritten Welt auch zuhause in der ersten Welt anwenden. Heimische Bio-Produkte, in bestem Handwerk nachhaltig hergestelllt, mit Service und Beratung im qualitätsorientierten Handel zu fairen Preisen verkaufen, ist das Ziel der Initative.
Ulrich Rueben (l.) erklärt den Kunden im Naturwarenzentrum Dreieich von Peter Kossytorz (r.) die Initiative Bio & fair.
Bestes Bio – Fair für alle e.V. wurde auf der BioFach 2008 ins Leben gerufen. 16 Hersteller machen mit. Bauck, die Upländer Bauernmolkerei, Backspezilaist Schedel und Nudelmacher Hierl sind unter anderem dabei. Neben Qualität und Fairness zählen Regionalität und soziales Engagement zu den Grundsätzen. Die Mitglieder müssen einem Bio-Verband angehören. Sie sind somit dreifach zertifiziert: Von der EU, vom Verband und vom Biofairverein. Das ist geprüfte Qualität.
Zehn Wochen lang lief im Herbst eine Aktion des Bio-Fair-Vereins im Naturkostfachhandel mit Schulung, Verkostung und Testverkauf. Bio-Berater Ulrich Rueben war im Naturkostfachhandel unterwegs. „Endlich mal wieder Inhalt und nicht immer nur neue Produkte, war die Reaktion einer Ladnerin“, schildert Rueben die ersten Erfahrungen. Der anspruchsvolle Fachandelskunde will wissen, warum er etwas kaufen soll. Der Mensch lebt schließlich nicht vom Brot allein. Das Personal wird eine Stunde geschult, um die Bio&Fair-Idee weitergeben zu können. Schon vor der Verkostung gibt es schriftliches Material, damit Landner und Verkaufspersonal sich einlesen können.
Bei den Verkostungen steht nicht die Einführung des Produkts im Mittelpunkt. „Es geht darum, den Gedanken des Vereins zu vermitteln. Die Verkostung ist nicht verkaufsorientiert“, erläutert Rueben. Wenn die Kunden Cafe Pino aus Lupinen oder die Frucht-Buttermilch der Upländer Molkerei probieren, bringt Bio-Mann Rueben ihnen die Idee von Bio&Fair bei. Fünf, sechs Minuten wird da diskutiert über die Ziele.
Nach der Verkostung läuft in elf Naturkostmärkten ein zehnwöchiger Testverkauf. Die Verpackungen tragen das Fair-Siegel und ein Regalstopper führt die Kunden zu den Artikeln. Die Verkaufsdaten werden über BioVista erfasst und durch den Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Uni Kassel ausgewertet. Auf der BioFach werden die Ergebnisse in einem Vortrag erläutert. Mit 40 bis 50 Verkostungsaktionen soll Bio&Fair beflügelt werden.
Die Artikel stammen von der Upländer Bauernmolkerei, der Dorfkäserei Geifertshofen, Nudelmacher Hierl und der Biobäckerei Schedel. Eine Station auf der fairen Deutschland-Tour war das Naturwarenzentrum Dreieich südlich von Frankfurt. „Endlich ein Ziel“, sagt eine Verbraucherin, die gerade ein Häppchen der Dorfkäserei Geifertshofen probiert. Elf mit Regalstopper gekenzeichnete Bio&Fair-Artikel sind im Markt. „Bio&Fair heißt zurück zu den Wurzeln. Die Kunden suchen das“, meint Inhaber Kossytorz, der seit 1986 im Bio-Geschäft ist.
In einem 80 Quadratmeter Naturkostladen hat der Sozialpädagoge den Weg als Bio-Händler eingeschlagen. „Seitdem hat sich viel verändert. Die Kunden sind anspruchsvoller und wir professioneller geworden. Das Sortiment hat sich stark verändert. Das Wort Convenience kannte damals niemand“, erinnert sich der Händler. 1996 hat Kossytorz einen 200 Quadratmeter großen Markt eröffnet. „Kollegen haben mich damals gewarnt vor einer solch großen Fläche. Seit 2000 habe ich 500 Quadratmeter. Das war mutig damals. Ich hatte den drittgrößten Bio-Supermarkt in Deutschland“, sagt er mit ein wenig Stolz.
8.000 Artikel verkaufen die 16 Mitarbeiter überwiegend an Stammkunden. 2008 hat Kossytorz eine Selly gewonnen. Die Fähnchen hängen über dem Durchgang zur Naturkosmetik-Abteilung. „Hier sieht man immer die gleichen Gesichter. Bei uns steht die Beratung im Vordergrund. Leute mit Allergien oder Lactose-Unverträglichkeit kommen und fragen, was kann ich essen“, berichtet Kossytorz. Solchen Kunden lässt sich auch Bestes Bio erklären. „Der Fachhandel sieht es positiv und unterstützt die Ziele des Fairvereins“, betont Rueben. Ob der Verbraucher die Produkte akzeptiert, wird die Studie zu Tage fördern.
Anton Großkinsky