Start / Ausgaben / BioPress 61 - November 2009 / Braune Bohnen für heißen Bio-Genuss

Braune Bohnen für heißen Bio-Genuss

Röstkaffee als ganze Bohne oder gemahlen, entkoffeiniert oder instantisiert, Pads, Cappuccino, Espresso…, das Angebot an Bio-Kaffees steigt. Dem Händler gewährt es attraktive Preisspannen, zumal im Schnitt jeder Deutsche 148 Liter im Jahr  trinkt. {mosimage}

Im Juni berichtete die Frankfurter Rundschau von einer deutschen Kaffee-Gruppe, die sich in Uganda an der Vertreibung von 400 Kleinbauern zu Gunsten einer großen Plantage beteiligt haben soll. Ganz im Gegensatz zum offizielles Leitbild des konventionellen Global Players ‚Man sehe sich der natürlichen und sozialen Umwelt gegenüber besonders verantwortlich’. Der Fall liegt schon einige Jahre zurück, wurde aber nie aufgeklärt.

Jetzt setzt sich auch die Menschenrechtsorganisation Fian für die Rechte der Kleinbauern ein und hat beim Bundeswirtschaftsministerium Beschwerde eingereicht. Solche Negativ-Schlagzeilen tragen indirekt zum Erfolg für fair gehandelten Kaffee bei, denn die Konsumenten achten verstärkt auf ein belegbares sozialverantwortliches Geschäftsverhalten. CSR, corporate social responsability, tauchte nicht umsonst im letzten Kaffeetest der Stiftung Warentest auf. Zugleich legen die Menschen immer mehr Wert auf nachhaltigen Anbau. So ist der Marktanteil von Bio-Kaffee und solchen mit Nachhaltigkeitszertifikat auf zwei bis drei Prozent angestiegen. Zu den Anbietern fair gehandelten Kaffees gehören neben Organisationen wie dwp, Gepa und El Puente auch Darboven, Hornig, Lebensbaum, Rapunzel oder Wertform. Ein zusätzliches Fair-Siegel bedingt allerdings einen weiteren Preisaufschlag. Um nicht nur einkommensstarke Käufer zu erreichen, führen die Unternehmen daher meist sowohl reinen bio- als auch bio & fair-Kaffee. Andererseits verweist die Transfair Company Gepa auf eine Studie, nach der im Jahr 2008 rund 40 Prozent der Verbraucher mit einem Nettoeinkommen bis 1.000 Euro fair gehandelte Produkte gekauft haben. Diesen sei es einfach wert, qualitativ hochwertige Lebensmittel zu kaufen, d.h. Sozial-, Produkt- und Bioqualität.

Wer sind die Käufer für Bio-Kaffee?

Ein großer Teil der potenziellen Käufer bevorzugt den klassischen Filteraufguss und milde Sorten. Von daher wird fast ausschließlich Arabica-Kaffee gehandelt, obwohl diese Bohnen fast doppelt so viel kosten wie die Sorte Robusta.  Eine weitere Gruppe lässt sich dagegen als überzeugte Kaffeefans überschreiben. Diese entwickeln eine Leidenschaft für Kaffee mit charakteristischem Aroma, wie es vor allem Länderkaffees auszeichnet.

Jedes Ursprungsgebiet verleiht den Bohnen eine besondere Note, die sich bei der bio-typischen schonenden Langzeitröstung im Geschmacksbild wieder findet. Oft haben diese Verbraucher auch ein Faible für stilvolles Design und bekannte Marken. Seit ein paar Jahren steigt außerdem die Zahl derer, die besonderen Wert auf Convenience legen. Hierzu gehören die Benutzer von Kaffeevollautomaten, die gezielt zu ganzen Bohnen, Einzelportionen und Espresso greifen.

Der Lebensmitteleinzelhandel kann alle Käufergruppen bedienen. Fast alle Anbieter führen die drei Renner, gemahlenen Röstkaffee, ganze Bohnen und Espresso. Selbst der Großröster Tchibo hat mittlerweile Bio-Röstkaffee im Angebot. Einige Handelsketten bieten den klassischen Filterkaffee auch als Eigenmarke an. Beliefert werden sie unter anderem von Darboven, Minges, Niehoffs Kaffeerösterei und Wertform. Minges zum Beispiel, der bei Feinkost Käfer zusätzlich eine Eigenmarke vertreibt und über C+C-Märkte die Gastronomie bedient, versorgt den LEH mit gemahlenen Röstkaffee, Bohnen und Pads.

Um ein Höchstmaß an qualitativer Kontinuität zu liefern, deckt Minges seinen Rohwarenbedarf für mindestens ein Jahr im Voraus. Geschäftsführer Ulli Minges erwartet im Bio-Segment weiterhin Wachstum, deshalb wolle man sich frühzeitig im Markt positionieren. Doch stehe für sie nicht nur der zu erwartende Absatz eines Einzelproduktes im Fokus, sondern viel mehr die Chance, mittels trendiger Zubereitungsarten in Verbindung mit Bio Kaffeekompetenz zu kommunizieren.

Auch Handels­marken können Qualität bieten

Dass Darboven ebenfalls Private Label-Produkte in Bio / Fairtrade-Qualität in verschiedenen Abpackungen herstellt, ist weniger bekannt. Dagegen kennen viele LEH-Kunden den Premiumkaffee, ebenso die Produkte aus den Eilles Fachgeschäften und das Außer-Haus-Angebot. Der Café Intención steht als gemahlener Kaffee, Café Crema-Bohne und Pads zur Verfügung, in bio & fair-Qualität oder als reiner Fairtrade-Kaffee. Demnächst soll die Auswahl um Bohnen im gefragten ein Kilo-Paket und Pads in kleineren Packungen ausgeweitet werden. Albert Darboven bezieht die Bohnen von Partnern aus ausgewählten Provenienzen Zentral- und Mittelamerikas, welche er regelmäßig unterstützt.

Auch Niehoff, bei denen Bio-Kaffee rund 80 Prozent des Sortiments ausmacht, räumt dem Bereich CSR großen Raum ein. Die ebenfalls inhaber-geführte Traditionsrösterei setzt sich zum Beispiel für ein Frauenhaus in Peru sowie eine Schule in Mexiko ein und hat zusammen mit Ulrich Walter in Indien Opfern der Flutkatastrophe beim Wiederaufbau geholfen.
Wenn Niehoff Spezialitäten in Lohnröstung und Privat-Label herstellt, unter anderem für die Fairhandelsorganisation El Puente, gilt das für Teilbereiche oder die komplette Organisation vom Rohkaffeeeinkauf bis zum Endprodukt.

Zusätzlich ist Niehoff mit den zwei eigenen Linien in konventionellen Vertriebsschienen vertreten: Coffea natura wendet sich an Kaffeetrinker, die den klassischen Filteraufguss und milden Geschmack bevorzugen. Diese Linie umfasst Länderkaffee aus sortenreinen Arabicabohnen, entkoffeinierten Kaffee und Espresso.

Für den Genuss aus Bohnen kommt ein Sortiment in ein Kilo Ventilbeuteln dazu. Die auffällig rote Uno e basta-Linie, eine hochwertige Arabica-Espressomischung soll dagegen durch vielfältige Zubereitungsarten nach italienischer Art wie Latte macchiato oder Cappuccino primär moderne Haushalte überzeugen. Hier gibt es daher auch Kaffeepads.

Das wohl umfassendste Angebot, inklusive Getreidekaffee und Kakaogetränke, findet man bei Wertform. Der Kaffee-Vollsortimenter ist nach eigenen Angaben mit Private Label-Produkten Marktführer in Deutschland. Mit ihrer Marke Mount Hagen sind sie aber ebenfalls gut aufgestellt. Bei den Hanseaten spiegelt sich die Strategie, unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen, besonders deutlich im Informationsgehalt auf den Packungen.

Reine Bio-Freunde oder Einsteiger finden beispielsweise beim Filterkaffee nur den Hinweis auf Hochlandkaffee, naturmilden Geschmack und die Angebotsform gemahlen. Auf der Rückseite lesen sie außerdem, dass es sich um sortenreine Bohnen handelt und dass Wertform grundsätzlich faire Handelsbeziehungen pflegt.

Dagegen richtet sich der Papua Neuguinea-Kaffee aus sortenreinen Araciabohnen primär an Kenner, die konkretere Informationen und ein edles Design suchen. Durch die Verpackung im glänzenden Schwarz mit dem kontrastierenden Markenzeichen, ein schillernder Paradiesvogel, bildet er einen Eyecatcher im Regal. Ein großer Teil des Sortiments trägt zusätzlich das Naturland und/ oder das Fairtrade-Zeichen. Bei anderen Zutaten bevorzugt Wertform Rohstoffe aus Deutschland, seien es Malz, Dinkel und Getreide für die Kaffeeersatzgetränke oder Milch.

Seit rund 18 Monaten können die Kaufleute das gesamte Sortiment von Wertform ordern bei bioVLog, dem speziellen Bio-Großhändler für den LEH. Seitdem findet dieses vielfältige Bio-Kaffeangebot auch einen Weg in den klassischen Handel. {mosimage}

Herstellermarken sprechen für sich

Vielfältig und innovativ präsentiert sich außerdem das erfolgreiche bio & fair-Angebot der Gepa, das von gemahlenem Röstkaffee über Espresso bis zu Agenda- und Partnerschaftskaffee reicht. Wie bei Wertforms Mount Hagen ergänzt durch Kakaogetränkepulver und Kaffeeersatzgetränke. Aktuell hinzugekommen sind Crema Pads im
18-er Paket, ein weiterer Getreidekaffee und ein entkoffeinierter Instantkaffee. Anders als die von früher bekannten und im Weltladen weiterhin erhältlichen personalisierten Kaffees, zeichnet sich das neue Design in hellem Braun und Blau nun durch Klarheit aus.

Auch bei der Gepa tragen viele Kaffees das bekannte Naturland-Siegel. Ein großer Vorteil ist der große Bekannt­heitsgrad der Gepa als vertrauenswürdiges und flexibles Unternehmen. Unter anderem zahlen sie zusätzlich zu garantierten Mindestpreisen sowie Fair Trade-Aufschlägen einen Biobonus. Steigt der Weltmarktpreis über den garantierten Fair Trade-Mindestpreis, wird dieser um die Zuschläge erhöht.

Wer seinen Kunden eine möglichst breite Auswahl an Herstellermarken bieten möchte, kann schließlich auch bei J. Hornig fündig werden. Das Familienunternehmen aus der Steiermark, zweitgrößter Röster Österreichs, will derzeit neue Nischenmärkte im Einzelhandel und der Gastronomie eröffnen. Die Endverbraucher sollen dabei über den Fachhandel, Getränkelieferanten und Trading-Up-Warenhäuser erreicht werden.

Bislang umfasst das überschaubare Qualitätssortiment Bio & Fairtrade-Kaffee in Bohnen und gemahlen sowie die recht seltenen Bio & Fairtrade Espressopads im so genannten Easy-Serving-Espresso-Stan­dard. Dabei hat sich Hornig auf Rohkaffee aus Zentralamerika und Afrika spezialisiert und lässt alle Provenienzen unter FLO-Kriterien zertifizieren. Firmenchefin Edith Hornig ist zudem Konsulin für Sri Lanka und engagiert sich für Menschenrechte sowie den Bioanbau.

Sonnentor, Lebensbaum, Rapunzel und Naturata bieten ihre Kaffees bisher ausschließlich im Naturkostfachhandel an, obwohl die ersten drei auch eine Linie für den konventionellen Einzelhandel mit überzeugender Bio-Ausrichtung führen. Interessant ist zum Beispiel der neue Premiumkaffee aus fair gehandelten Hochlandbohnen, mit der Sonnentor die Linie Wiener Verführung ergänzt. Für die Mischung im glänzenden Silberpaket kombinieren die Österreicher über 20 besonders große Arabica-Varietäten miteinander, was für einen auffällig dunklen und aromaintensiven Kaffee sorgt.

Die naturmilden Kaffees von Lebensbaum sind wiederum überwiegend sortenrein und stammen zum großen Teil aus dem Hochland Südmexikos. Für Espresso-Spezialitäten verwendet das Unternehmen von Ulrich Walter dagegen Bohnen aus Peru und Indien, um so den typischen Geschmack und Crema zu erzielen.

Das Sortiment deckt gezielt verschiedene Kundenbedürfnisse ab und reicht bis zu demeter Plantagenkaffee sowie Transfair-Mexikokaffee. Der kräftige Café Dia, der als Preiseinstiegsprodukt konzipiert ist, besteht aus einer Arabica- und Robusta-Mischung. Laut Lebensbaum hat sich die Nachfrage sehr positiv entwickelt. Davon profitieren auch die Erzeuger, denn durch den Erfolg in Deutschland können sie wesentlich mehr verkaufen.

Nicht nur Ulrich Walter verhandelt direkt vor Ort mit den Erzeugern, sondern die meisten der genannten Bio-Unternehmen. Sie besuchen die Plantagen und pflegen langjährige Kontakte mit den Kleinbauern. Das sichert zum einen Nachschub, zum anderen fördert es auch das Verständnis für ökologischen Landbau und damit das Verantwortungsbewusstsein für Produktqualität der Erzeuger. Neben dem guten Firmenimage, spricht der hohe Wiedererkennungswert für die Bio-Anbieter.

Mag der Bereich Kaffee auf den ersten Blick vielleicht weniger Neuheiten bieten, ist jedoch eine zunehmende Professionalität der Ware und des Markenauftritts erkennbar. „Unsere besten Verkäufer sind die Produkte selbst“ heißt es exemplarisch bei Sonnentor, das trifft aber allgemein zu. Die Marken heben sich je nach Produkt durch ein kreatives, freundliches oder auffallendes Design voneinander ab.

Viele Kunden lassen sich so direkt am POS gewinnen. Listet der Händler Herstellermarken ein, profitiert er von deren Medienarbeit. Mal ist es ein engagierter Außendienst wie bei Sonnentor, mal Verkostungseinsätze oder On-Pack-Aktionen mit Kaffeemaschinenherstellern.

Darboven will neben der bisherigen Print-Werbung verstärkt aufklärende PR-Artikel ver­öffentlichen. Zudem soll wie bei Hornig auch, die Aktivität im Gastronomiebereich ausgeweitet werden und so der Markenbekanntheit zugute kommen. Im Großmaßstab tut dies schon seit längerem die Gepa, deren Kaffeevarianten zum Beispiel in den Kantinen von Unis, Konzernen oder Messen ausgeschenkt werden.   

Auch kleine Verbraucher werden groß

Kaffee ist zwar das meist getrunkenste Getränk, doch gibt es immer wieder Verbraucher mit Vorliebe zu Ersatzgetränken. Getreidekaffee und Co. sind von je her eine Bio-Domäne, werden aber noch immer vorwiegend im Fachhandel angeboten. Hier füllen moderne Produkte von Naturata, Bauckhof, A. Vogel, Rapunzel, Sonnentor, Lima, Sinfo oder Lebensbaum das Regal. Die Gepa hat ebenfalls gerade einen Getreidekaffee vorgestellt, praktisch als Instantprodukt.

Damit passt es in die Range mit weiteren löslichen Getränken wie Cappuccino und Cappuccino Schoko (Kakaoge­tränk mit Kaffeegeschmack) sowie Kakaogetränkepulver. Kakao haben neben der Gepa unter anderem Raab Vitalkost, Vivani und  Rapunzel im Sortiment.

Die Wertform, die zugleich mit Kaffee-Ersatzgetränken und jetzt zwei attraktiven Cappuccino-Varianten präsent ist, bringt hier jetzt sogar eine neue Marke auf den Markt: Caribo umfasst Trinkkakao Pulver, löslich in warmer oder kalter Milch, sowie Kakaopulver pur (stark und schwach entölt). Schließlich erfreut sich Schokoladiges ganzjährig und bei allen Alterstufen großer Beliebtheit.

Bettina Pabel

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