Studie
Ernährungsarmut erreicht höchsten Stand seit 2017
Misereor und Göttinger Wissenschaftler veröffentlichen neue Studie

Trotz wachsender Weltwirtschaft fehlt Menschen auf der ganzen Welt immer mehr Geld für eine gesunde Ernährung. Im Jahr 2024 sind es zusammengenommen 3,25 Billionen US-Dollar – 16 Milliarden mehr als noch 2023. Zu diesem Ergebnis kommt die heute im Vorfeld des Welternährungstages (16.10.) veröffentlichte Studie ‚Armutslücke Welternährung‘ von Misereor und Wissenschaftlern der Georg-August-Universität Göttingen.
„Die Armutslücke entspricht lediglich 1,62 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, hält aber fast jeden dritten Menschen von einer gesunden Ernährung ab“, erklärt Jonas Stehl, Entwicklungsökonom an der Universität Göttingen.
Während sich die Lage in der Region Ostasien-Pazifik deutlich verbessert hat, nimmt die Ernährungsarmut seit 2017 in Subsahara-Afrika und Nahost-Nordafrika stark zu. Auch im Ländervergleich zeigt sich die schwierige Lage der beiden Regionen: Von den zehn am schwersten von Ernährungsarmut betroffenen Ländern liegt nur Haiti außerhalb.
Pro Person ist die Ernährungsarmut im Südsudan am größten. „Einer durchschnittlichen Person fehlen dort 86 Prozent des Einkommens, das notwendig wäre, um sich gesund ernähren zu können. Fast die gesamte Bevölkerung ist davon betroffen“, berichtet Lutz Depenbusch, Misereor-Experte für Landwirtschaft und Ernährung. Zurückzuführen sei die Notsituation auf multiple Krisen: bewaffnete Konflikte, eine wirtschaftliche Notlage sowie vom Klimawandel verstärkte Katastrophen wie Überflutungen und Dürren.
Insgesamt werde Mangelernährung jedoch nicht allein von Katastrophen verursacht – sie sei vor allem eine Folge von Armut und ökonomischer Ungleichheit. „Die Weltwirtschaft wächst, aber gleichzeitig steigt die Ernährungsarmut. Das heißt, das Wachstum kommt nicht bei denen an, die es am dringendsten brauchen“, stellt Sebastian Vollmer, Professor für Entwicklungsökonomik an der Universität Göttingen, fest. In den Ländern mit der höchsten Einkommensungleichheit sei die Ernährungsarmut um bis zu sieben Mal größer als in denen mit der geringsten Ungleichheit.
Dabei wirke sich selbst eine vorübergehende Mangelernährung negativ auf die Entwicklung von Kindern und die Gesundheit von Menschen aller Altersgruppen aus, unterstreicht Depenbusch und warnt vor den künftigen Kosten, wenn heute bei Programmen gegen Hunger und Mangelernährung gespart wird. Die Folgen der Kürzungen bei der Entwicklungshilfe durch die USA, aber auch durch Deutschland und andere Länder seien bereits deutlich spürbar. Depenbusch betont: „Die Bundesregierung sollte jetzt ein Zeichen gegen diesen Trend setzen, bevor mit der Ernährungsarmut auch die menschlichen und wirtschaftlichen Kosten immer weiter steigen.“