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Editorial

Editorial Ausgabe 52/Aug/Sept. 2007

Liebe Leserin, lieber Leser!

Warum wir uns hier in Deutschland so viele Gedanken um „billiges" Bio machen, wo doch Mütter in Japan und sonstwo in Fernost bei sicheren Lebensmitteln fast gar nicht auf den Preis schauen, fragte ein „globaler Bio-Manager" auf dem letzten Bio Handelsforum in Köln.

Wir leben nun mal hier und nicht in Fernost und Bio sollte - wie alle Lebensmittel - nicht nur Geschäft sein, sondern auch als Verantwortung für die Lebensgrundlagen verstanden werden.

Dass Bio auch ein Markt ist - also doch wieder mehr als nur Verteilung - zeigen die letzten Daten zur Umsatzentwicklung. Im Wirtschaftsjahr 2005/2006 wurde mit 650 Millionen Plus so viel Bio im LEH mehr umgesetzt, wie im Jahr 2000 insgesamt (680 Mio.). Bio entwickelt sich raus aus der Nische. Muss also nicht mehr nur teuer verkauft werden. Die Marktbeteiligten können jetzt auch mit der Menge den in der Wirtschaft notwendigen Verdienst erzielen.

Warum dann alles gleich in Zweifel ziehen, wie seit Monaten in vielen Medien? Ist Bio für Alle unbedingt verbunden mit „geht nicht" oder „fördert nur den Betrug"? Sicher, die Systeme müssen auf den Prüfstand, die Erzeugung, Produktion und der Handel entwachsen den Kinderschuhen und werden Erwachsen , d.h., Bio muss sich gefallen lassen, dass viele im Markt mitmischen, die sich Vertrauen erst noch verdienen müssen.

Wohin geht die Entwicklung? Angekommen ist Bio in den letzten Jahren auf der Weltleitmesse für Lebensmittel. Die Anuga im Oktober wird zeigen, dass sich Bio nicht mehr nur im Fachhandel abspielt. Viele „klassische" Biohersteller sind präsent und zeigen ihr Angebot auch anderen als den Bioladnern. Mittelständische Qualitätsproduzenten haben ihre Chance erkannt und authentische Produkte mit Charakter für die Biovermarktung entwickelt. Meist entspricht dies ihrer handwerklichen Tradition und sie sind froh, dass Geschmack und Qualität wieder gefragt sind. Nicht zuletzt arbeiten so gut wie alle Markenhersteller an Bioranges, die sie auf der Angua dem Fachpublikum neben ihren anderen Neuheiten zeigen.

Die Koelnmesse hat Bio in den Fokus gestellt. Messen sind Vorreiter. Wollen sie überleben, müssen sie die Märkte vorweg einschätzen und auf neue Entwicklungen reagieren. In Köln ist es gelungen. Mit der Integration der ersten Anuga Organic haben die Verantwortlichen die zehnte Fachmesse unter dem Dach der Anuga etabliert. Im Bio Kompetenzzentrum wird es täglich Vorträge und Diskussionen rund um Bio geben. Die Lebensmittelzeitung hat gar „ihren" Bio Handelstag auf die Beine gestellt. Gleich nach der Selly-Verleihung am Messe-Sonntag lädt die LZ zu einigen Vorträgen und einer Diskussionsrunde zum Thema Bio ein. Adelt das nun Bio oder Bio die LZ?

Zum dritten Mal organisiert der bioPress Verlag im Auftrag der Koelmesse die Sonderschau „Voll-Bio". Nach 67 Ausstellern im Jahr 2003 und 93 vor zwei Jahren, liegen Ende August bereits 80 Anmeldungen mit über 950 Artikeln vor, die ein breites Angebotsspektrum abbilden. Erwartet werden rund 120 Hersteller mit zirka 1.300 Bioprodukten. Nicht nur die üblichen Verdächtigen, auch viele attraktive bisher weniger präsente Bioprodukte drängen in die Regale mit dem Bio-Vollsortiment.

Der Grundversorgung an Bioangeboten folgen nun Produkte mit spezifischen Herausforderungen wie eine Packung Nudeln mit Soße. Ein Convenience-Produkt ähnlich wie Miraculi. Feinkostnudeln mit der Markenbezeichnung VIP zielen auf den Einsatz im Nachtischbereich, ein seltenes Geschmackserlebnis. Überhaupt rüstet der Handel im Bereich Pasta und Pesto sowie Convenience und Feinkost rasant auf. Liegt das nur an der Nachfrage oder auch am immer breiteren Angebot?

„Voll-Bio" konnte in den letzten Jahren einiges bewegen. Während der letzten Anuga hatten mehr als 1.500 Interessierte die Sonderschau besucht und erstaunt die Vielfalt wahrgenomen, mit der Bio-Sortimente im Supermarkt auch ohne Fachhandelsmarken attraktiv gestaltet werden können.

Der Supermarktbetreiber kann sich das Etikett Bio-Fachhandel verdienen, wenn er sich auf verschiedene Vorschriften des BNN (Bundesverbandes für Natukost und Naturwaren) wie zum Beispiel Blockplatzierung einlässt. Der Kaufmann kann sich jedoch auch der Zuneigung seiner Kunden versichern, wenn er kreativ sein eigenes Bio-Vollsortiment aufbaut, ohne sich einem Zwang zu unterwerfen. Neu ist, dass ihm Hilfen dazu angeboten werden.

Die Grundlagen für nachhaltige Leistungsfähigkeit ist die Vielfalt in unserer Ernährung. Sie verbürgt Gesundheit, Kraft und Ausdauer.„Lebens"mittel sind mehr als nur Nahrung. Solche sichere und ökologisch erzeugte Lebensmittel finden in Köln auf der Anuga den Weg in den Mainstream.

Erich Margrander

Herausgeber

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