Gesellschaft
Ernährungsstudie: Jeder Fünfte kauft überwiegend Bio
Bürger wünschen sich gesunde, regionale und bezahlbare Lebensmittel

Essen ist weit mehr als reine Nahrungsaufnahme: 84 Prozent der Deutschen setzen sich bewusst mit ihrer Ernährung auseinander. Allerdings empfinden viele die öffentliche Debatte als spaltend und bevormundend. Das ist das Ergebnis einer neuen Ernährungsstudie der Robert Bosch Stiftung und der Organisation More in Common. Demnach wünschen sich die Bürger eine Politik, die gesunde, regionale und bezahlbare Lebensmittel fördert – ohne Vorschriften oder Verbote. Gleichzeitig fordern sie mehr Mitsprache bei der Gestaltung des Ernährungssystems.
Die Mehrheit der Menschen in Deutschland (62 Prozent) ist laut der Studie mit ihrer Ernährung zufrieden. Am meisten wird die Lebensmittelwahl von Geschmack (89 Prozent), Preis (76 Prozent) und gesundheitlichen Aspekten (72 Prozent) beeinflusst. Aber auch Faktoren wie Regionalität und Tierwohl gewinnen an Relevanz. Viele Befragte gaben an, sich eigentlich gesünder und nachhaltiger ernähren zu wollen, sehen aber Alltagsstress, steigende Preise und den ‚inneren Schweinehund‘ als Hindernisse.
Jeder Fünfte kauft nach der Befragung bereits überwiegend Bio-Lebensmittel. Knapp die Hälfte kann sich zudem grundsätzlich vorstellen oder hat sogar fest vor, den Einkauf auf Bio umzustellen. Nur für rund 30 Prozent ist der überwiegende Bio-Kauf nicht vorstellbar. Ein Problem mit Blick auf Bio-Aufpreise: Über 50 Prozent nennen als eine Hauptbedingung für die Umstellung auf eine andere Ernährung, dass sie nicht teurer sein darf.
Von der öffentlichen Ernährungsdebatte fühlen sich nach der Studie offenbar viele Menschen unter Druck gesetzt: 70 Prozent empfinden sie als polarisierend und 42 Prozent fühlen sich gar durch andere Ernährungsstile angegriffen. Besonders deutliche Spannungen zeigen sich zwischen Veganern und Fleischessern, die einander häufig mit negativen Gefühlen gegenüberstehen.
„Ernährung ist ein hochpersönliches Thema für die Menschen“, sagt David Melches, Autor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei More in Common. „Daher ist es enorm wichtig, ergebnisoffen und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Es sollte allen interessierten Akteuren darum gehen, die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen zu verstehen – und nicht sie zu belehren.“
Was die Ernährungspolitik angeht, so sehen fast zwei Drittel der Befragten deutlichen Handlungsbedarf und wünschen sich klare politische Rahmenbedingungen – allerdings ohne Verbote oder Bevormundung. Gleichzeitig wollen drei Viertel der Studienteilnehmer aktiv mitbestimmen – etwa durch Volksentscheide – und 55 Prozent haben Interesse daran, selbst an politischen Prozessen mitzuwirken, zum Beispiel in Bürgerräten.
Als politische Prioritäten sehen die Menschen den Umgang mit steigenden Lebensmittelpreisen, Lebensmittelverschwendung sowie ungesunde Ernährung und deren Folgen für Kinder und Jugendliche. Zudem werden das Aussterben traditioneller Lebensmittelgeschäfte und die Massentierhaltung als Herausforderung gesehen.
Für die Studie ‚Meine, deine, unsere? Was uns als Gesellschaft beim Thema Ernährung wichtig ist‘ wurden im September und Oktober 2024 über 2.000 Personen befragt. Die Ergebnisse stehen hier zum kostenlosen Download bereit.