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Claus Reformwaren: 60 Jahre Know-how im Naturkost-Großhandel

Mit Bio-Herstellermarken in diverse Vertriebskanäle

Claus Reformwaren: 60 Jahre Know-how im Naturkost-Großhandel © Claus Reformwaren

Das Familien-Unternehmen Claus feiert sein 60-jähriges Jubiläum: Schon 1964 legten Heinz und Sonja Claus den Grundstein der Firma in Baden-Baden. Heute ist die Claus-Gruppe mit 480 gelisteten Marken und rund 22.000 Artikeln führend im Bio- und Reformwaren-Großhandel. Beliefert werden Reformhäuser, Naturkostläden, Supermärkte sowie Kunden in Frankreich, Österreich und der Schweiz. In Folge des Marktumbruchs hat sich der Bio-Pionier neu aufgestellt und sein LEH-Geschäft ausgeweitet.

Zum Angebot von Claus Reformwaren gehört Trocken- und Frischware in Bio-, Bioland- und Demeter-Qualität. Kunden finden länderübergreifende Pionierprodukte ebenso wie junge Marken, die neue Wege gehen. Auch zertifizierte Naturkosmetik und nachhaltige Non-Food-Produkte sind Teil des Portfolios. Die Mehrzahl der Marken wird im Vollsortiment angeboten.

Im Sortimentsschwerpunkt spiegelt sich nach wie vor das Ursprungsgeschäft – die Belieferung von Reformhäusern – wider: So gibt es eine große Fülle an vegetarischen, veganen und glutenfreien Artikeln im Programm. „Wir haben fast alles außer Fleisch“, erklärt die Gründertochter und Geschäftsführerin Ulrike Claus. Diese Warengruppe gehörte früher nicht zum Reformhaus-Sortiment. Auch Obst und Gemüse bleibt außen vor – es sei momentan mit Blick auf Kennzeichnung und Verwaltung nicht händelbar. Über Kooperationen mit Willmann und Ökoring könne die Angebotslücke jedoch geschlossen werden.

Mehr Kapazitäten durch effiziente Logistik

Herzstück des Großhändlers ist das Zentrallager in Baden-Baden, das heute eine Fläche von knapp 14.600 Quadratmetern umfasst. Dazu kommen weitere Lager in Fürstenfeldbruck (bei München) und Dortmund, die das Vollsortiment vor allem mit Schnelldrehern und regionalen Produkten ergänzen. Über die hohe Lagerkapazität verspricht Claus die Minimierung von Lieferengpässen. Ein einheitliches Lagerverwaltungssystem, das sämtliche Prozesse – von der Bestellung über die Auftragsabwicklung bis zur Belieferung – digital verknüpft und optimiert, unterstützt die Zuverlässigkeit des Großhändlers. Rund um die Uhr wird für jeden Artikel der optimale Lagerbestand angezeigt. 2023 wurde außerdem ein neues Dokumentenmanagementsystem eingeführt, das für noch mehr Effizienz in den Verwaltungsabläufen sorgen soll. 50 eigene Claus-Fahrzeuge liefern die Ware auf dem jeweils kürzesten Weg in den Handel.

Erweiterung, Corona und Bio-Krise

Mit Blick auf die Vertriebskanäle wurde die LEH-Schiene in den letzten fünf Jahren deutlich ausgebaut. „Am Anfang haben wir mit der Öffnung gehadert“, erinnert sich Ulrike Claus. Mit Rücksicht auf die langjährigen Beziehungen zu Bestandskunden setzte der Großhändler auf Fachhandelstreue. Einen Anstoß, den Schritt in den Mainstream zu gehen, gab unter anderem die Übernahme des Großhändlers Rhein-Main-Reformwaren im Dezember 2019, der zu diesem Zeitpunkt bereits im LEH Fuß gefasst hatte.

Gemeinsam konnten die beiden Unternehmen ein deutlich umfangreicheres Sortiment anbieten, ein größeres Lager und eine ganz andere Drehzahl als zuvor. „Matthias Kraushaar, der Geschäftsführer der Rhein-Main-Reformwaren, hatte  vorher nicht die Möglichkeit, diese Sortimentsbreite darzustellen“, erzählt Claus. Durch die Kooperation sei für Kunden eine „große Pipeline aufgegangen“. Die positive Entwicklung wurde durch den Bio-Boom während Corona noch verstärkt und Claus Reformwaren erreichte 2020 einen Umsatzrekord von 220 Millionen Euro. „Wir hatten zu wenig Ware für zu viele Bestellungen“, so die Geschäftsführerin.

Dann kamen Ukraine-Krieg und Frachten-Chaos – „und plötzlich war quasi nur noch Preiseinstieg relevant“. Im Bio-Fachhandel mussten über 200 Läden schließen und mit der basic-Übernahme durch tegut hat auch Claus Pural einen großen Kunden verloren. „In Frankreich war der Einbruch 2022 noch schlimmer – dort gaben in den letzten zwei Jahren über 500 Naturkost- und Unverpacktläden auf“, so Claus. Auch die Schweiz blieb nicht von der ‚Bio-Krise‘ verschont – und der größte dortige Kunde von Claus Reformwaren ging insolvent. Die Naturkind-Welten, die in den letzten Jahren in Edeka-Märkten eröffnet wurden, werden von anderen Großhändlern beliefert und bedeuteten für Claus und Rhein-Main damit ebenfalls den Wegfall von Kunden. Es gab einen Umbruch in den Bio-Sortimenten im LEH und aus Effizienzgründen wurde das kleine Rhein-Main-Reformwarenlager in Stockstadt, das die Gruppe seit 2019 ergänzt hatte, 2024 aufgelöst.

Neu aufgestellt: für Selbstständige und Kleinverteiler

Trotz dieser Herausforderungen blickt der Großhändler optimistisch in die Zukunft. „Wir haben eine ganze Zeit gebraucht, um uns neu aufzustellen“, berichtet Claus. Das Unternehmen Rhein-Main  habe nun etwa eine neue Agentur in Nordrhein-Westfalen, wo immer noch die meisten Umsätze erzielt werden, und einen eigenen Key-Accounter für LEH-Kunden. Alle Betriebsstrukturen seien überarbeitet worden. Der Mindestbestellwert wurde angepasst und beträgt aktuell 500 Euro für die Vollsortiments-Auswahl. Ab 250 Euro wird bereits die Möglichkeit für den Paketversand angeboten, wobei Frische und Getränke ausgeschlossen sind. In Bayern hat Claus jetzt Unterstützung von einem Außendienstmitarbeiter, „der sich im LEH auskennt“, insgesamt werde die Außendienst-Betreuung noch mehr ausgebaut.

Die Umstellung sei weiterhin im Gange, das Gesamtunternehmen bereits wieder auf dem Weg, sich zu stabilisieren. „Wir arbeiten fortwährend an Optimierungsmöglichkeiten“, so Claus. Das breite Sortiment und die vielen Absatzkanäle sorgten für ein krisensicheres Fundament. Momentan liegt der Umsatz des Großhändlers bei 185 Millionen Euro.

Der Großteil dieser Summe – über 50 Prozent – wird immer noch über die Belieferung von Reformhäusern erwirtschaftet. „Da kommen wir her“, meint Ulrike Claus. Mit Blick auf die Branchenkrise sei die Entwicklung im Handelsverbund der Reformhäuser vergleichsweise stabil.

Künftig will der Betrieb den Fokus vermehrt auf selbstständige Kaufleute legen – egal ob im Lebensmitteleinzelhandel oder Naturkostfachhandel. „Der Großhandel lebt von Kleinvieh – das heißt, von einer breiten und vielfältigen Kundenstruktur“, erklärt Einkaufs- und Marketingleiter Ziad Chahrouri. „Zu viel Abhängigkeit von einzelnen Großkunden oder auch Marken ist nicht gut.“ Um auf Dauer zu bestehen, brauche es eine gute Risikostreuung.

Category Management nach Maß

Zusätzlich zur außergewöhnlichen Bio-Sortimentsbreite sieht Claus seine Stärke in der individuellen Markenbetreuung für unterschiedliche Vertriebskanäle. So werde ein Bauck in Reformhaus, Bio-Fachhandel, LEH oder in Frankreich und der Schweiz überall anders betrachtet. Es seien jeweils andere Produkte interessant, eine unterschiedliche Kundenarbeit und auf verschiedene Bedürfnisse angepasste Regalpflege nötig.

Was die weitere Öffnung angeht, vertritt der Großhändler eine pragmatische und kundenorientierte Perspektive. „Wichtig ist, dass Produkte, die nachgefragt werden, dort stehen, wo der Verbraucher sie sucht“, meint die Geschäftsführerin. In welchen Kanal die Claus Reformwaren liefern, sei auch davon abhängig, wie sich die Marken des Unternehmens positionieren. „Wir sehen uns als Service-Partner für Lieferanten, mit denen wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten.“ Sortimentsvorschläge machen und die Ware pünktlich liefern, seien die Hauptaufgaben des Großhändlers. Im Zuge der Fachhandelskrise löse sich frühere Vertriebspolitik ohnehin in Luft auf. „Die Herstellermarken brauchen einfach Regalplätze, um ihre Produktionskapazitäten auszuloten.“

Um sie dabei zu unterstützen, neue Absatzmöglichkeiten im Mainstream zu finden, hat Claus mit Rhein-Main eine LEH-Offensive gestartet. Über 200 Marken stehen momentan für den Lebensmitteleinzelhandel zur Verfügung. Ein Webshop, der extra für diesen Vertriebsweg eingerichtet wurde, bildet das komplette Sortiment des Großhändlers ab. Um die Vielfalt in den Bio-Regalen zu vergrößern, bietet Claus jetzt sogenannte Marken-Revues – sowohl fürs Trockensortiment als auch für die Frische. Jeweils rund 15 Marken, mit denen das Unternehmen eine intensivere Zusammenarbeit vereinbart hat, haben dafür einen Bio-Warenkorb zusammengestellt. Die Handelszentralen von Rewe und Edeka wurden per Rundschreiben mit Infomaterial zu den teilnehmenden Marken ausgestattet und die Agenturen führen den Warenkorb den Kaufleuten vor.

„Am Ende wird der Verbraucher entscheiden, welche Marken sich durchsetzen und wo er sie kauft“, meint Claus. Ging diese Entscheidung in den letzten Jahren vermehrt zu dm, Lidl und Aldi, weil es dort am günstigsten ist, und zu den Eigenmarken des LEH, so wende sich der Trend aktuell wieder. Kaufleute, die ihren Kunden mehr bieten und ein innovatives Sortiment mit Abwechslung und Bio-Markenvielfalt in den Regalen gestalten wollen, finden in den Claus Reformwaren einen erfahrenen Partner.

Lena Renner

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