Pestizide
Umweltinstitut fordert Transparenz über Pestizideinsätze
Online-Datenbank könnte Informationsrecht sicherstellen
Seit 2011 müssen alle Landwirte in der EU ihre Pestizideinsätze genau dokumentieren. Das Problem laut Umweltinstitut München: Diese Daten werden von den Behörden weder zentral erfasst noch ausgewertet und veröffentlicht. In einer Petition an Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fordert der Verein jetzt, eine frei zugängliche Online-Datenbank zu schaffen, in der die Daten über Pestizideinsätze mit wenigen Klicks einsehbar sind. Die Grundlage dafür stellen neue EU-Gesetze: Ab 2026 müssen Landwirte die Pestiziddaten elektronisch übermitteln.
Wie das Umweltinstitut klarstellt, muss gemäß der 1998 von 47 Staaten unterzeichneten Aarhus-Konvention jeder Person möglichst freier Zugang zu Umweltinformationen gewährleistet werden. Nach aktuellem EU-Recht können Dritte auch Informationen über Pestizideinsätze anfordern und sollten diese eigentlich innerhalb eines Monats bekommen. In der Realität ist dafür jedoch eine ‚Umweltinformationsanfrage‘ notwendig, die von den Behörden nicht so einfach durchgewunken wird, wie das Umweltinstitut selbst feststellen musste: Daten über Pestizideinsätze in einem Biosphärenreservat in Brandenburg wurden erst nach einer Klage herausgegeben. Auch in Baden-Württemberg zog der Verein bereits vor Gericht, um Transparenz über Pestiziddaten zu erhalten. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigte am Ende, dass es sich beim Zugang zu den Pestizid-Aufzeichnungen der Landwirte um ein ‚Jedermannsrecht‘ handelt.
Auf Grundlage dieser Präzedenzfälle fordert das Umweltinstitut nun von der Politik, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Bürger ihr Recht auf Information auch unkompliziert in Anspruch nehmen können. Die Vision ist eine öffentlich zugängliche, leicht bedienbare Datenbank, in der jeder Bürger mit wenigen Klicks die Pestizideinsätze auf einem Acker in der eigenen Nachbarschaft einsehen kann. Im US-Bundesstaat Kalifornien werden die Spritzdaten laut Umweltinstitut schon seit 50 Jahren veröffentlicht – nur dank dieses Datenschatzes hätten Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Pestizideinsatz und der Krankheit Parkinson feststellen können. Die EU-Vorgabe zur elektronischen Dokumentation ab 2026 könnte die Bundesregierung nun dazu nutzen, im gleichen Atemzug auch eine Veröffentlichung auf den Weg zu bringen.
Bereits vor zwei Jahren hat das Umweltinstitut München gemeinsam mit über 20 anderen NGOs, darunter die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) und das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, in einem offenen Brief von Umweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gefordert, sich für Transparenz über Pestizideinsätze einzusetzen.
Die aktuelle Petition wurde (Anfang April) bereits von über 30.000 Befürwortern unterschrieben.