Naturkosmetik
Weleda baut neues Logistikzentrum
Cradle Campus – „Europas größte Lehmbaustelle“

Der Naturkosmetik-Hersteller Weleda baut ein neues Logistikzentrum mit drei individuellen Gebäuden im Gewerbegebiet Gügling von Schwäbisch Gmünd. Damit sollen die internationale und nationale Vertriebs- sowie Teile der Produktionslogistik zentralisiert werden. Das Besondere: Für das künftige Hochregallager hat die Weleda AG traditionelle und besonders nachhaltige Bautechniken und -materialien verwendet: Stampflehm und Lehmputz. Die Gebäude sollen im März 2024 fertiggestellt werden.
© Marco Licht
„Einerseits ist Lehm ein natürlicher, lokal verfügbarer Baustoff“, erklärt der gebürtige Schwäbisch Gmünder Matthias Schuler vom Unternehmen Transsolar Energietechnik aus Stuttgart, das für die Nachhaltigkeitsplanung des Bauprojekts verantwortlich ist. „Andererseits kann Lehm Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Er sorgt also für einen natürlichen Ausgleich von Temperatur und Feuchtigkeit, atmet und lebt quasi mit dem Raum mit.“
Dadurch kommt das Hochregallager voraussichtlich ohne Klimatechnik aus, die letzte Prüfung der Luftdichtheit muss noch abgewartet werden. Zur Sicherheit wurde trotzdem Platz für eine Lüftungsanlage eingeplant. Neben den positiven Eigenschaften in puncto Raumklima ist für die Gewinnung und Mischung von Lehm deutlich weniger Primärenergie notwendig, als etwa bei der Beton-Produktion verbraucht wird, und der CO2-Abdruck ist wesentlich kleiner. Außerdem lässt sich Lehm unendlich oft wiederverwenden und am Ende vollständig in die Natur zurückführen.
© Marco Licht
Die ersten acht Meter Außenwand des Hochregallagers bestehen aus Stampflehm. „Genauer gesagt aus Knollenmergel bzw. Pelosol und aus Muschelkalk“, berichtet Schuler. Beide Materialien stammen aus einem eigenen Bauaushub vor Ort. Dasselbe gilt für den Lehmputz, mit dem die Wände des Lagers an der Innenseite ausgestattet wurden.
Obwohl Lehmbau seit Jahrhunderten auf der ganzen Welt zum Einsatz kommt, war die Übertragung auf eine Industrie-Großbaustelle für die ausführenden Architekten der Firma Michelgroup aus Ulm eine Herausforderung. Zu den technischen Hürden gehörte etwa die geringe Dämmleistung von Lehmwänden. Bei Bedarf könne nun eine partielle, elektrische Notheizung verwendet werden, um im Winter Kondensation in den Ecken zu vermeiden.
Auch bei der Innenausstattung des Lagers stand der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund: Die Regale für über 17.000 Paletten bestehen aus Holz und binden dadurch CO2 – im Unterschied zu Regalen aus Stahl, deren Herstellung CO2 freisetzen würde. Daneben tragen 10.000 Photovoltaikmodule und Geothermie zum erklärten Ziel eines klimaneutralen Betriebs bei. Der gesamte Energiebedarf soll zu 100 Prozent durch Erdwärme und Solarstrom gedeckt werden. Für seine Bemühungen hat Weleda bereits ein Vorzertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erhalten: in der höchsten Bewertungsstufe Platin.
Neben dem Hochregallager gehören zum neuen Gebäudetrakt ein Verwaltungsgebäude mit Büros und Sozialräumen, ein Zwischenbau mit Pausenraum sowie ein Funktionsgebäude von Wareneingang bis Warenausgang, das mit dem Hochregallager direkt verbunden ist.
Zahlen, Daten und Fakten zum Hochregallager:
- Fläche: 3.115 m²
- Abmessungen: 82 m Länge x 38 m Breite
- Höhe (innen): 30 m
- Höhe (außen): 26 m
- Rauminhalt: 93.500 m³
- Regalplätze: ca. 17.000
- Aushubmasse der Baugrube fürs Hochregallager: 18.000 m³
- Wiederverwendung des Aushubs für Stampflehmwand und Lehmputz: 3.000 m³
- Restaushub für Geländemodellierung: 15.000 m³
Bauzeit:
- Spatenstich: September 2021
- Fertigstellung Gebäude: März 2024
- Einräumen: Juni bis September 2024