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Studie zeigt sinkende Bedeutung von Nachhaltigkeit beim Einkaufen

DHBW Heilbronn untersucht Attitude-Behavior-Gap

Studie zeigt sinkende Bedeutung von Nachhaltigkeit beim Einkaufen © stock.adobe.com/bodnarphoto

Zum dritten Mal hat die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW Heilbronn) in diesem Herbst eine Erhebung zur Einstellung (Attitude) und dem tatsächlichen Kaufverhalten (Behavior) von Lebensmittel-Konsumenten in Bezug auf Nachhaltigkeit durchgeführt. Positiv: Die Lücke ist seit 2021 kleiner geworden. Weniger positiv, dass dafür keine Verhaltensänderung, sondern eine weniger nachhaltige Einstellung ausschlaggebend war.

Bei den 13 erhobenen Kriterien (darunter Bio, Tierwohl, Verpackung und Regionalität) verliere Nachhaltigkeit durchweg an Bedeutung. Der ‚Einfluss der Nachhaltigkeit auf das Ernährungsverhalten‘ und die ‚Bereitschaft, für Nachhaltigkeit auf Wohlstand zu verzichten‘ gingen laut der Befragung 2023 zurück. Der Anteil der ‚Überzeugten‘ ist von 20 auf 14,6 Prozent gesunken, während der Anteil der ‚Verweigerer‘ von 24,2 auf 35,4 Prozent deutlich gestiegen ist. Dagegen hat sich das tatsächliche Verhalten seit 2021 kaum verändert: Demnach kaufen aktuell nur 6,5 Prozent überzeugt nachhaltig und 40,1 Prozent verweigern Nachhaltigkeit beim Einkauf.

„Kaufkraftverlust und Unsicherheit über die persönliche wirtschaftliche Situation in der Zukunft sind die Gründe für die relativ geringe Bedeutung von Nachhaltigkeit beim Lebensmittelkauf“, erklärt Carsten Kortum, Studiengangsleiter BWL-Handel an der DHBW Heilbronn, die Entwicklung.

Mit Blick auf die verschiedenen Einkaufsstätten im Mainstream zeigt sich kein großer Unterschied. Der Abstand der ermittelten Werte zwischen Supermarkt und Discounter sei so gering, dass diese Betriebsformen in puncto Nachhaltigkeit um dieselben Kunden werben. Außer Konkurrenz bewegt sich dagegen der Bio-Markt, dessen Kunden laut der Erhebung in diesem Jahr noch nachhaltigkeitsbewusster geworden sind (während das tatsächliche Kaufverhalten gleich blieb). Dabei ist jedoch anzumerken, dass sich nur rund 50 der Befragten als Standard-Bio-Markt-Kunden outeten – verglichen mit jeweils etwa 800 für Supermarkt und Discounter.

Bei den 13 abgefragten Kriterien lassen sich deutliche Unterschiede erkennen. „Bio und CO2 haben die geringste Relevanz beim Kauf von Lebensmitteln, während Lebensmittelverschwendung und Tierwohl von den Befragten sehr häufig genannt werden“, stellt Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der DHBW Heilbronn, fest. Bei jüngeren Zielgruppen seien keine besseren Werte ermittelt worden.

Zusätzlich zur Analyse geben die vier Studienautoren zehn Handlungsempfehlungen für Handel und Hersteller, um Nachhaltigkeit stärker ins Bewusstsein der Verbraucher zu bringen. Sie fordern etwa einen umfassenden Nachhaltigkeitsscore für alle Produkte, um die Komplexität der Kaufentscheidung zu reduzieren. Händler und Hersteller sollten gemeinsame Round-Table-Initiativen etablieren, um den Transformationsprozess zu gestalten. Außerdem sollten nicht-nachhaltige Produkte branchenweit zugunsten nachhaltiger Alternativen ausgelistet werden.

Für die Studie wurden über 1.000 Teilnehmer in einem Online-Panel befragt. Die neuesten Werte stammen aus November 2023.

Das komplette Whitepaper ‚Attitude Behavior Gap 2021-2023 – eine empirische Analyse und Handlungsempfehlungen‘ kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

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