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„Mar Menor erstickt für deutschen Lebensmittelhandel“

Großflächiger Artenrückgang durch intensive Landwirtschaft

„Mar Menor erstickt für deutschen Lebensmittelhandel“ © adobe.stock.com/Trixcis
Stickstoffüberschuss führt zu einem massiven Wachstum von Phytoplankton, einzelligen Algen, die Sonneneinstrahlung verhindern.

Die spanische Salzwasserlagune Mar Menor in Murcia ist seit Jahren von wiederholtem Massensterben der darin lebenden Fauna betroffen. Ein Hauptverursacher des Problems ist die intensive Landwirtschaft, die im Umkreis der Lagune unter anderem für den deutschen Handel billiges Obst und Gemüse anbaut. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat nun untersucht, was deutsche Lebensmittelhändler gegen die Umweltkatastrophe unternehmen. Ihr Fazit: nicht genug.

Aufgrund starker Bewässerung und übermäßigen Düngens auf den landwirtschaftlichen Flächen nahe der Lagune gelangen zu viele Nährstoffe ins Mar Menor. Der in Düngemitteln enthaltene Stickstoff führt zum Wachstum von Phytoplankton, durch das die Pflanzen am Boden der Lagune nicht mehr genügend Sonnenlicht bekommen und absterben. Der folgende Sauerstoffmangel führt wiederum zum Erstickungstod von Wasserlebewesen. Allein 2021 sind fünf Tonnen Fisch verendet.

Knapp 663.000 Tonnen des in der Region Murcia produzierten Gemüses werden nach Deutschland importiert – das sind rund 25 Prozent der gesamten angebauten Ware. Zusammen mit der spanischen Umweltorganisation ‚Ecologistas en Acción Región Murciana‘ hat die DUH eine Umfrage durchgeführt, um herauszufinden, wie die größten deutschen Supermarktkonzerne mit ihrer Verantwortung zum Schutz des Mar Menors umgehen.

Alle untersuchten Händler: Aldi Süd, Aldi Nord, Lidl, Rewe und Edeka kaufen laut einer Stichprobe billiges Obst und Gemüse aus dem Wassereinzugsgebiet des Mar Menor. Ihre Bemühungen, umweltschädliches Verhalten zu vermeiden, werden von den Studienautoren allerdings nur als mäßig eingestuft. In den zehn abgefragten Kategorien überwogen mittelmäßige bis schlechte Bewertungen. Im Gesamtergebnis schneiden Aldi Süd und Edeka mit vier grünen und drei roten Karten am besten ab, gefolgt von Lidl und Rewe. Das Schlusslicht bildet Aldi Nord mit sechs roten Karten.

Insbesondere auf die Frage, ob sie sich um die ‚Erweiterung der natürlichen Nitratfilterflächen‘ oder die ‚Verringerung der Anbauflächen im Einzugsgebiet des Mar Menor‘ bemühten, habe keiner der Händler eine bejahende Antwort gegeben. Positiv sei bei allen überprüften Unternehmen die Arbeit an der Reduktion illegaler Bewässerung im Bereich der Lagune hervorzuheben.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentiert: „Das spanische Mar Menor erstickt für den deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Für künstlich bewässertes Billig-Gemüse aus einem Trockengebiet droht ein einzigartiges Ökosystem zu sterben, das seltene und gefährdete Arten wie das Langschnäuzige Seepferdchen beheimatet. Aldi Nord, Aldi Süd, Lidl und Edeka müssen endlich ihr Einkaufsverhalten ändern. Statt auf bis zu vier Ernten im Jahr, auf Kunstdünger und Pestizide zu setzen, sollten sie für die Renaturierung der Flächen rund um das Mar Menor sorgen. Nur wenn die Lagune so schnell wie möglich nachhaltig geschützt wird, kann sich das Ökosystem wieder regenerieren.“

Die Supermärkte müssten ihre Einkaufsstrategie neu justieren und unternehmerische Verantwortung für Naturschutz an den Tag legen. Die Umweltorganisationen fordern außerdem, dass der Obst- und Gemüseanbau am Mar Menor auf eine agrarökologische und wasserschonende Bewirtschaftung umgestellt wird.

Den ausführlichen Bericht mit den Ergebnissen der Umfrage finden Sie hier.

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