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Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung: Özdemir schlägt Kompromiss vor

DDG: „Mehr Zugeständnisse an die FDP darf es nicht geben“

Ende Februar hat der Bundesernährungsminister Cem Özdemir seine Pläne für mehr Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung vorgestellt. Produkte, die zu viel Zucker, Salz oder Fett enthalten, sollten demnach von 6 bis 23 Uhr nicht mehr beworben werden dürfen. Diese Zeiten sollen nach viel Kritik nun verkürzt werden. Gesundheitsverbände bedauern den Kompromiss und warnen vor weiteren Zugeständnissen.

„Wir konzentrieren uns bei den Sendezeiten nun auf die Kinder-Primetime – also auf die Zeitfenster, in denen besonders viele Kinder sehr viel schauen“, sagte Özdemir gegenüber der Rheinischen Post. Damit solle die Werbeeinschränkung im Fernsehen nun wochentags nur von 17 bis 22 Uhr gelten, samstags zusätzlich von 8 bis 11 Uhr und sonntags von 8 bis 22 Uhr.

Im Hörfunk soll auf eine Sendezeit-Regelung verzichtet werden. Bei der Plakatwerbung wolle man sich beim Verbot auf „die direkte Ernährungsumgebung der Kinder: Kitas und Schule“ konzentrieren, ein Verbot für Werbung in Schaufenstern gebe es nicht. Zudem werde die bereits vorhandene Ausnahme für Milch und Fruchtsäfte auf Joghurt ausgeweitet, das nicht extra gesüßt sei.

Özdemirs ursprüngliche Pläne hatten zu heftiger Kritik vor allem aus der Werbewirtschaft und der Lebensmittelindustrie, aber auch des Koalitionspartners FDP geführt. Dagegen zeigen sich Gesundheitsexperten nun von der Verwässerung enttäuscht.

„Die bekannt gewordenen Kompromissvorschläge werden zweifelsfrei die Wirksamkeit der Regelung verringern und die Werbeexposition weniger stark eindämmen als der erste Entwurf es vorsah. Es sind Zugeständnisse an die FDP, die einen umfassenden Schutz der Kinder offenbar blockiert. Mehr als diese Zugeständnisse darf es nicht geben!“, kommentiert Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK).

Insbesondere müsse die Ampel-Koalition am vorgeschlagenen Nährwert-Modell festhalten und sicherstellen, dass die Werberegeln während der Primetime und bei Familienformaten greifen. „Wir dürfen beim Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung keine halben Sachen machen.“

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