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Ökolandbau

Zeit für Veränderung

4. Öko-Feldtage bieten Plattform für Inspiration und Austausch

Zeit für Veränderung © henrikm.fotografie

Zum vierten Mal fanden am 14. und 15. Juni die Öko-Feldtage – Treffpunkt für Bio-Landwirte und alle Interessenten an einer umweltfreundlichen Landwirtschaft – statt. Mit dem Standort Ditzingen-Hirschlanden befand sich die Veranstaltungsfläche erstmals in Baden-Württemberg und mit dem Bioland-Betrieb Grieshaber & Schmid war erstmals ein Praxisbetrieb anstelle von universitären Versuchsbetrieben Gastgeber.

Das Konzept ging auf: Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich mehr als 12.000 Besucher auf dem Gelände des Biohofs, das in eine Ausstellungsfläche mit Demoparzellen, Ständen, Zelten, Bühnen und Komposttoiletten umgestaltet worden war. Mit fast 350 Ausstellern präsentierten sich so viele Unternehmen wie nie zuvor und zeigten mit ihren Innovationen, wohin sich der Ökolandbau entwickelt. Rund 200 Programmpunkte sorgten für eine Mischung aus Forschung und Praxis: Es gab Führungen und Workshops, Vorführungen und Diskussionsrunden.

  • © henrikm.fotografie

Ein besonderer Fokus lag dieses Jahr auf dem Feldgemüsebau. Schleppergeführte und autonome Hacken zeigten im leicht hangigen Gelände in einem Selleriebestand ihr Können. Nebenan erklärten Experten, welche Bewässerungssysteme für das Feldgemüse und diesen Standort infrage kommen. Zahlreiche Demoparzellen präsentierten neue Getreide- und Leguminosenzüchtungen, hitzetolerante Kulturen wie Hirse und Kichererbsen, Zwischenfrüchte, über 20 verschiedene Kartoffelsorten und vieles mehr.

Ein zweites Zukunftsthema auf den Öko-Feldtagen war die Agri-Photovoltaik. Forscher der Universität Hohenheim berichteten von ihrer Arbeit und ihren bisherigen Erfahrungen aus einer Pilotanlage am Bodensee. Bei verschiedenen Anbietern konnten sich die Besucher mit den diversen Anlagetypen auseinandersetzen.

„Wir brauchen Tierhaltung und Pflanzenbau“

Als „Veranstaltung, die was bewirkt“ betitelte Jürgen Heß, Vorstandsvorsitzender des Forschungsinstituts für biologischen Landbau e.V. (FiBL), die Öko-Feldtage. „Mit ihnen wollen wir eine Landwirtschaft, die wirklich nachhaltig ist, voranbringen.“

„Die Naturschutzkomponenten im Ökolandbau brauchen wir und das Engagement muss anerkannt werden“, sagte Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, in seiner Eröffnungsrede. Mit Blick auf den Gastbetrieb, der eine Milchviehhaltung mit Acker- und Feldgemüsebau kombiniert, hob er die Bedeutung von Kreislaufwirtschaft sowie des Kohlenstoffspeichers Weideland hervor und forderte eine Stärkung der Tierhaltung, gerade in den kleinteiligen Strukturen Baden-Württembergs. „Rinderhaltung und Grünland bedingen einander“, so der Minister. „Wir brauchen beides, Tierhaltung und Pflanzenbau!“

Die Öko-Feldtage seien ein wirkliches Geschenk für den Ausbau des Ökolandbaus und brächten hoffentlich einen Schub für die Landwirtschaft. Abschließend wies Hauk auf das gastronomische Angebot der Veranstaltung hin: 14 fast ausschließlich regionale Anbieter. „Die Lust am Bio-Essen muss in den Vordergrund treten!“, meinte er.

Zukunft gestalten – trotz Polarisierung

„Es gab leichtere Zeiten, aber ich bin optimistisch“, sagte Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), über den Weg der Regierung zu 30 Prozent Bio. Für die Politik liege die Herausforderung momentan darin, im Spannungsfeld zwischen ‚zu schnell‘ und ‚zu langsam‘ der verschiedenen Lager Veränderung zu bewirken.

„Die Zukunftsstrategie ökologischer Landbau braucht jetzt eine pragmatische Umsetzung“, forderte Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). In der tatsächlich sehr polarisierten öffentlichen Debatte über die Zukunftsgestaltung müsse sich Bio mit seinem unerschöpflichen Repertoire an Geschichten einbringen. Eine progressive Transformationspolitik sei in der derzeitigen Koalition zwar schwierig, aber: „Wer wollen wir gewesen sein, wenn nicht Veränderer?“

Gemeinschaft, Erfindergeist und Klimaschutz

  • © Anita Schneider, Bioland
Vertreter des Bioland-Betriebs ‚Alles im grünen Bereich‘ nehmen von Silvia Bender (re.), Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), ihre Auszeichnung entgegen.

Als beispielhafte Veränderer wurden drei Bio-Betriebe vom BMEL als Gewinner des Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbau 2023 ausgezeichnet. Der Bioland-Betrieb und Verein ‚Alles im grünen Bereich‘ aus dem hessischen Niederkaufungen ist eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die neben den eigenen Mitgliedern auch über 500 Menschen aus der Region mit Bio-Lebensmitteln versorgt. Über 35 Jahre nach der Gründung leben heute 60 Erwachsene und 20 Kinder auf dem Betrieb. Gemeinsam wollen sie ein Alternativmodell zur herkömmlichen Landwirtschaft etablieren und dabei die innerbetriebliche Solidarität auch auf ihr Umfeld übertragen. Es gibt einen eigenen Acker-, Obst- und Gemüsebau auf 53 Hektar Fläche, Tierhaltung, Käserei, Saatgutvermehrung und einen eigenen Hofladen. Über das Modell der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) sind über 200 Mitglieder als direkte Abnehmer mit dem Betrieb verbunden. Darüber hinaus ist der Verein in der Bildungsarbeit aktiv und engagiert sich in Forschungsprojekten für die Weiterentwicklung der ökologischen Erzeugung. Das erwirtschaftete Einkommen fließt in einen gemeinsamen Topf.

Ebenfalls zu Bioland gehört der ausgezeichnete Mühlenhof bei Halle in Nordrhein-Westfalen, der von Hermann Künsemöller und seiner Tochter Rieke betrieben wird. Der Ackerbau- und Grünlandbetrieb wird bereits seit 1981 ökologisch bewirtschaftet. Auf kaum fruchtbaren Sandböden haben die Künsemöllers ein ausgeklügeltes System perfektioniert, das auch bei klimatischen Extremen einen erfolgreichen Anbau ermöglicht: Mit mehreren Kulturen gleichzeitig werden Freiräume aktiv besetzt, sodass eine nahezu ganzjährige Bodenbedeckung gewährleistet wird. So werden zum Beispiel Kleegras mit Roggen oder Raps gemeinsam mit Winterwicke und Rohrschwingel angebaut. Als Ergebnis sinken Bodentemperatur und Wasserverdunstung, Starkregen wird abgemildert, Erosion verhindert und die Biodiversität verbessert. „Wir versuchen, Ökosysteme nachzubilden und immer das ganze System mitzudenken“, so Rieke Künsemöller. „Das ist für mich auch der Grundgedanke des Ökolandbaus.“

Als dritter Preisträger wurde der Biohof Ritzleben in Arendsee in der Altmark (Sachsen-Anhalt) geehrt, der Mitglied beim Anbauverband Biopark ist und als Hauptkultur auf 80 Hektar Speise- und Stärkekartoffeln anbaut, neben diversen Getreide- und Leguminosenarten. Mit der Erzeugergemeinschaft Bio-Kartoffel-Nord GmbH und Co. KG hat ist es Landwirt Carsten Niemann gelungen, die Vermarktung von Bio-Speisekartoffeln zu bündeln und gleichzeitig eine zusätzliche Wertschöpfung für alle mittlerweile über 40 beteiligten Betriebe zu generieren: Ein Drittel der erzeugten Ware wird in Eigenregie zu Bio-Stärke und -Flocken für die Lebensmittelindustrie verarbeitet – das sei bisher einzigartig in Deutschland. Inzwischen ist Tochter Laura Kulow in die Betriebsführung eingestiegen und übernimmt mit den Jahren zunehmend mehr Verantwortung. Alle Sieger erhielten vom BMEL ein Preisgeld in Höhe von 7.500 Euro.

Die Öko-Feldtage 2023 wurden von der FiBL Projekte GmbH veranstaltet. Mitveranstalter waren das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR), das die Veranstaltung auch finanziell förderte, der Biohof Grieshaber & Schmid sowie die Stiftung Ökologie und Landbau. Als Schirmherr fungierte der BÖLW.

Lena Renner

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