Start / News / Kommentare / Transformation in Gefahr

Politik

Transformation in Gefahr

Entlastungspaket verfehlt seine Wirkung, kommentiert der BÖLW

Mit den gestiegenen Energiekosten in einer ohnehin angespannten Marktlage geraten Bio-Unternehmen wie auch konventionelle Lebensmittelhersteller aktuell in große Existenzgefahr. Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), kommentiert mögliche Versorgungsengpässe für die Bio-Wirtschaft und die fehlende Wirkung des Entlastungspakets.

„Die Preise für Gas und Strom explodieren vor allem deshalb, weil Politik und große Teile der Wirtschaft in Deutschland und Europa seit Jahren die Energiewende verschlafen oder sogar aktiv ausgebremst haben. Dieses Versagen bringt jetzt Bio-Betriebe und -Unternehmen in Schwierigkeiten, die seit Jahrzehnten Öko-Strom nutzen und zum Teil selbst produzieren und sich aktiv für ein nachhaltiges Wirtschaften engagieren.

Weil französische Uralt-Atomkraftwerke aufgrund der Klimakrise auf dem Trockenen liegen, marode sind und keinen Strom mehr produzieren können, oder weil Bundes- und Landesregierungen sowie Energieversorgungsunternehmen auf ‚billiges‘ Gas aus Russland setzten und alle Warnungen vor Abhängigkeiten und Klimafolgen in den Wind schlugen, stehen nun auch Bio-Unternehmen vor ruinösen Energiekosten und mangelnder Versorgungssicherheit. Ausgerechnet die kleinen und mittelständischen Nachhaltigkeitspioniere sollen jetzt die Zeche für die Transformationsverweigerer in Politik und Industrie bezahlen oder Zufallsgewinne von Energieunternehmen finanzieren – in einer ohnehin angespannten Situation im Lebensmittelsektor. Die Unternehmen stehen nicht nur vor drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten, sondern haben zudem sogar Schwierigkeiten, überhaupt Lieferverträge für Strom und Gas schließen zu können. So bangen Bio-Bäckereien um Energie für ihre Backöfen, Bio-Molkereien, Bio-Fleischereien und Einzelhandelsgeschäfte um Strom für ihre Kühlanlagen. Obwohl diese Bio-Akteure zum Teil über Jahrzehnte bereits in erneuerbare Energien investierten.

Fakt ist: Die jetzt im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen helfen diesen Nachhaltigkeitspionieren nicht weiter. Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas schafft für die Unternehmen keinerlei Entlastung. Zudem sind Zeitpunkt und Umfang der neuen ‚Strompreisbremse‘ aktuell überhaupt nicht absehbar. Nicht nur ‚energieintensive‘ Unternehmen brauchen jetzt finanzielle Unterstützung, wenn sie nicht in schwere Turbulenzen geraten sollen.

Deshalb muss die Bundesregierung jetzt – ähnlich wie zu Beginn der Corona-Pandemie – schnell für Entlastung bei den Energiekosten sorgen und darüber hinaus unbürokratisch Liquiditätshilfen bereitstellen, mit denen vor allem kleine und mittelständische Bio-Unternehmen (KMU) Risiken durch höhere Energiepreise oder ausbleibende Energielieferungen abpuffern können. Die bisherigen Corona-Hilfen und das Sonderprogramm ‚Ukraine, Belarus, Russland‘ der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) müssen so angepasst werden, dass Bio-Unternehmen teilhaben können. Wenn die Bundesregierung die Transformation der Ernährungswirtschaft gestalten und bis 2030 die ökologische Produktion auf 30 Prozent ausweiten will, darf sie jetzt nicht die Existenz der dafür notwendigen Akteure aufs Spiel setzen!“

[ Artikel drucken ]


Das könnte Sie auch interessieren

Unternehmenskiller Energiepreise: 30 Prozent der Lebensmittelhersteller von Insolvenz bedroht

Strom- und Gaskosten für Betriebe um mehr als das Fünfzehnfache gestiegen

Die unaufhörlich steigenden Strom- und Gaspreise bringen immer mehr Unternehmen an den Rand der Insolvenz. Wegen ihres hohen Energiebedarfs ist die Lebensmittelwirtschaft besonders stark betroffen. Bis zu 30 Prozent der Unternehmen in der Branche sind laut einer Umfrage des Verbands der Ernährungswirtschaft (VdEW) von Insolvenz bedroht, wenn die Energiekosten nicht kurzfristig sinken. Deutschlandweit könnte das einen Verlust von bis zu 200.000 Arbeitsplätzen und einen Zusammenbruch der Lebensmittelversorgungskette bedeuten.

16.09.2022mehr...
Stichwörter: Energie, Politik, Hersteller, Bio-Unternehmen, BÖLW, Lebensmittelhersteller, Kommentar, Bundesregierung, Tina Andres, Energiekrise

Voelkel knackt 100-Millionen-Umsatzgrenze

… spart Energie ein und präsentiert neue Gemeinwohlbilanz

Voelkel knackt 100-Millionen-Umsatzgrenze © Voelkel

Krieg, Energiekrise, Inflation – auch im niedersächsischen Wendland macht sich die aktuelle Verunsicherung der Verbraucher bemerkbar. Nach zwei Jahren mit zweistelligem Wachstum musste die Naturkostsafterei Voelkel ihr Umsatzziel für 2022 daher nach unten korrigieren, knackte aber mit 104,8 Millionen Euro zum ersten Mal die 100-Millionen-Umsatzgrenze. Bei der zweiten Gemeinwohl-Ökonomie-Bilanz konnte sie zudem ihr Ergebnis auf 663 Punkte steigern und liegt damit laut Voelkel unter den Top 5 aller gemeinwohlbilanzierten Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern in Deutschland.

16.05.2023mehr...
Stichwörter: Energie, Politik, Hersteller, Bio-Unternehmen, BÖLW, Lebensmittelhersteller, Kommentar, Bundesregierung, Tina Andres, Energiekrise

Özdemir: Lebensmittelhandwerk muss von Energiepreisdämpfung profitieren

„Ein Putin bestimmt nicht, wer bei uns im Land Brötchen backt“

Energieintensive Betriebe des Lebensmittelhandwerks wie etwa Bäckereien, Metzgereien und Brauereien sollen künftig von dem Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) der Bundesregierung profitieren. Dafür plädieren das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Hierzu laufen nun entsprechende Gespräche mit den anderen Ressorts, um eine einheitliche Position innerhalb der Bundesregierung zu erzielen.

16.09.2022mehr...
Stichwörter: Energie, Politik, Hersteller, Bio-Unternehmen, BÖLW, Lebensmittelhersteller, Kommentar, Bundesregierung, Tina Andres, Energiekrise



Allos gewinnt Deutschen Nachhaltigkeitspreis

Sieger im Transformationsfeld Biodiversität

07.12.2022mehr...
Stichwörter: Energie, Politik, Hersteller, Bio-Unternehmen, BÖLW, Lebensmittelhersteller, Kommentar, Bundesregierung, Tina Andres, Energiekrise