Ernährung
Hanf – berauschend gesund und vielseitig
THC ist bei Lebensmitteln aus oder mit Hanf kaum bis nicht vorhanden, der Nährstoffgehalt umso höher

Lebensmittel aus der Hanfpflanze liegen im Trend. Vor allem die vom psychoaktiven THC (Tetrahydrocannabinol) freien Hanfsamen punkten mit wertvollen Nährstoffen und vielseitiger Verwendung. So könnte das aus ihnen gewonnene Hanfprotein in der Zukunft vielen anderen Eiweißen als Grundlage für Fleischalternativen eine nachhaltige Konkurrenz bieten.
Hanf (Cannabis) hat eine lange Geschichte als vielfältig genutzte Kulturpflanze. Der Einsatz zu medizinischen Zwecken ist Jahrtausende alte Tradition, und Stoffe aus Hanf haben die Menschen schon im Jahr 2000 vor Christus bekleidet. Die erste Jeans von Levi Strauss wurde noch aus Hanf gefertigt.
Doch die berauschende Wirkung einiger Pflanzenteile schob der Hanfnutzung einen Riegel vor. In Blättern und Blüten des Hanfs ist das psychoaktive THC (Tetrahydrocannabinol) enthalten. Um den Konsum von Cannabis als Droge zu unterbinden, wurde der Anbau im Laufe des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern generell verboten, in Deutschland im Jahre 1982. Seit 1996 ist hierzulande der Anbau von Nutzhanfsorten mit einem THC-Gehalt unter 0,2 Prozent wieder erlaubt. Unter derselben Bedingung ist er seit Januar 2019 auch nach der Novel Food Richtlinie der EU zugelassen.
Hanfanbau boomt – gerade in Bio
Noch nimmt Nutzhanf nur einen geringen Teil der Anbaufläche in Deutschland ein. Aber trotz der strengen Vorschriften hat die Fläche von 1996 bis 2021 um das Fünfzehnfache zugenommen, auf insgesamt 6.444 Hektar, bewirtschaftet von fast 900 häufig ökologisch wirtschaftenden Landwirten (Quelle BLE). In den europäischen Ländern wird mit 17.000 Hektar der mit weitem Abstand meiste Hanf in Frankreich angebaut (Statista 2022).
Der robuste Hanf ist ideal für Bio-Betriebe, da er kaum von Krankheiten und Schädlingen befallen wird und dicht gesät auch Beikräuter unterdrückt. Die ausgeprägte Pfahlwurzel dringt auf der Suche nach Wasser auch in schwere Böden tief ein.
Mehr Hanf in den Regalen als je zuvor
Hanf gilt als Superfood. Das aus seinen Samen gewonnene Öl hat ein gesundheitlich sehr günstiges Verhältnis von Omega-3-Fettsäuren zu O-mega-6-Fettsäuren von 1:3. Der Proteinanteil in Hanfsamen liegt je nach Produkt zwischen 20 und 35 Prozent, gleicht in der Zusammensetzung dem von Eiklar und enthält acht essenzielle Aminosäuren, außerdem verschiedene Vitamine und Mine- ralien. Das Hanfprotein kann vom menschlichen Körper ohne viel Aufwand umgewandelt werden, ist also für uns leicht verdaulich. Hanfmehl entsteht durch das Vermahlen des bei der Hanfölproduktion anfallenden Presskuchens.
Hanfhaltige Lebensmittel erobern immer mehr die Regale der Supermärkte, vor allem Produkte mit Hanfsamen als zentraler Zutat. Angeboten werden Hanfsamen pur, Hanföl, Hanfmehl und -flocken sowie Backwaren daraus, Fleischalternativen aus Hanfprotein, Schokolade, Müslis und Müsliriegel, Hanfknabbereien und vieles mehr. Als besonders beliebt und vielfältig zeigen sich Brotaufstriche und Pestos mit Hanf. Auch die zum Pesto passenden Nudeln sind als Hanfprodukte erhältlich.
Fein vermahlen und mit Wasser gemischt wird aus den Samen ein veganes Milchersatzprodukt, das als Hanfdrink oder Trinkhanf in den Handel kommt. Es ist frei von Laktose, Milcheiweiß, Soja, Cholesterin und Gluten und bietet so eine gute Alternative für Menschen mit Lebensmittelallergien. In Großbritannien ist Hanfmilch schon heute weit verbreitet, bei uns ist sie im Kommen.
Bei all den genannten Produkten muss sich der Verbraucher kaum Gedanken über THC machen – dieses ist in Hanfsamen nicht enthalten. Nur bei unsachgemäßer Ernte und Verarbeitung könnten die Samen durch andere THC-haltige Pflanzenteile verunreinigt werden – ein weiterer Grund, weshalb sich regionale Bio-Produkte besonders empfehlen.
Die Frage des THC-Gehaltes
Darüber hinaus gibt es aber auch Lebensmittel, die THC-haltige Teile der Hanfpflanze enthalten, zum Beispiel Tees aus Hanfblättern und/oder Hanfblüten, Nahrungsergänzungsmittel oder Energy-Drinks mit Blatt- oder Blütenextrakten. Bei Lebensmittelkontrollen werden hier immer wieder erhöhte THC-Werte gefunden – bezogen auf die deutschen äußerst strengen Richtlinien (s. Kasten 1: Psychoaktive Inhaltsstoffe des Cannabis).
Im August letzten Jahres hat zum Beispiel der Discounter Lidl eine gerade erst neu eingeführte Gruppe von Hanfprodukten des tschechischen Herstellers Euphoria wieder aus dem Sortiment genommen, nachdem es Zweifel am THC-Gehalt gab. Auch bei einer Charge Hanftee eines anderen Herstellers veranlasste Lidl einen Rückruf.
Hanf als innovative pflanzliche Proteinquelle
Das aus Hanfsamen gewonnene Hanfprotein lässt sich bestens als Grundlage für Fleischalternativen verwenden – was es für die Zukunft besonders interessant macht. Der Markt für Fleischersatzprodukte wächst und Fachleute schätzen, dass er im Jahr 2025 weltweit etwa 2,4 Milliarden Euro erreichen wird. Schon jetzt werden etwa Hanfburger oder Hanfbratstücke angeboten.
Auch die staatliche Forschung hat Hanf als alternative Eiweißquelle längst ins Auge gefasst. So wollen Wissenschaftler der Uni Hohenheim in Kooperation mit Unternehmen der Lebensmittelindustrie im Projekt ,SchniTzel, Hanftofu, PASTa & Co aus dem Reallabor HanfproteINbasierte Lebensmittel aus regiOnalem Hanfanbau‘ (TASTINO) Hanfsamen als neue Proteinquelle für die menschliche Ernährung erschließen.
Die beste Sorte muss her
Derzeit testen die Forscher auf den Versuchsflächen des Ihinger Hofs bei Renningen rund 20 Hanf-Sorten – denn nicht jede ist für die Herstellung von Fleischersatzprodukten geeignet. Ihr spezielles Augenmerk gilt den Inhaltsstoffen der Samen, vor allem der Proteinzusammensetzung. Die Projektbeteiligten sind der Überzeugung, dass die meisten Produkte, die derzeit noch aus Soja oder Erbsen-Protein hergestellt werden, zukünftig aus nachhaltig und regional hergestellten Hanfproteinen produziert werden könnten – und das zu vergleichbaren Preisen.
Elke Reinecke
Für die psychoaktive Wirkung von Cannabiserzeugnissen wird vor allem das Cannabinoid THC verantwortlich gemacht. Es besitzt eine wahrnehmungsverändernde Wirkung und wird in den Drüsenhaaren der Blätter und Blütenstände der Pflanze gebildet. Die Drogen Haschisch und Marihuana werden aus dem Harz bzw. den getrockneten Blüten und Blättern der weiblichen Pflanzen des Indischen Hanfs (Cannabis indica) gewonnen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat eine akute Referenzdosis (ARfD) von 1 Mikrogramm THC pro Kilo Körpergewicht festgelegt. Die ARfD ist die geschätzte maximale Aufnahmemenge an THC, die im Verlauf eines Tages bei einer Mahlzeit oder bei mehreren Mahlzeiten ohne erkennbares Gesundheitsrisiko (etwa Müdigkeit oder Stimmungsschwankungen) aufgenommen werden kann. Dieser Wert bezieht sich auf die psychoaktive Form des THC, das Delta-9-THC.
Die vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin BgVV im Jahr 2000 für verschiedene Lebensmittelgruppen aufgestellten Vorsorgewerte beziehen sich auf das Gesamt-THC in Lebensmitteln – inklusive nicht psychoaktiver THC-Carbonsäuren. Die BgVV-Werte liegen für Hanföl bei 5.000 Mikrogramm pro Kilo, für Hanfsamen, -meh-le und ähnliche Produkte bei 150 Mikrogramm.
Europaweite Grenzwerte gibt es bisher nicht, diskutiert wird aber ein Höchstgehalt von 7.500 Mikrogramm pro Kilo Gesamt-THC (Hanfsamenöl) bzw. 3.000 Mikrogramm pro Kilo.
Allgemein soll die tägliche Aufnahmemenge von 1 bis 2 Mikrogramm THC pro Kilo Körpergewicht nicht überschritten werden. Bei Einhaltung der äußerst strengen BgVV-Werte dürfte ein 60 Kilo schwerer Mensch ohne jegliche Wirkung etwa 3 bis 4 Teelöffel Öl täglich zu sich nehmen, bzw. ein dreiviertel Kilo Hanfsamen.
Das in Nutzhanf in höheren Mengen vorkommende Cannabinoid CBD wirkt nicht psychoaktiv. Ihm werden viele positive Effekte zugeschrieben, es wirke unter anderem krampflösend, gegen Entzündungen, Angstzustände und Übelkeit.
Hanf ist eine der ältesten Kulturpflanzen, aus ihr wird seit Jahrtausenden Kleidung, Öl und Medizin hergestellt. Im 20. Jahrhundert wurde die Pflanze jedoch auf ihre berauschende Wirkung reduziert.
1929 wurde ein vier Jahre zuvor auf der Genfer Welt-Opiumkonferenz angenommenes Cannabisverbot vom deutschen Reichstag in Form eines geänderten Opiumgesetzes realisiert. Einige Jahre konnte dann Cannabis noch in Apotheken bezogen werden. Als das Opiumgesetz 1971 durch das Betäubungsmittelgesetz ersetzt wurde, rückten auch Konsumenten verstärkt in den Fokus der Strafverfolgung. Durch eine weitere Verschärfung des Betäubungsmittelgesetzes 1982 wurde hierzulande jeglicher Hanfanbau verboten – für die nächsten 14 Jahre. Erst seit 1996 dürfen streng kontrolliert wieder Nutzhanfsorten mit einem THC-Gehalt bis 0,2 Prozent angebaut werden.
Die Regeln und Auflagen für den Anbau sind klar definiert, und die Einhaltung wird durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) kontrolliert. Nur wer über eine gesetzliche Alterssicherung für Landwirte (ALG) verfügt, also nachweislich als Landwirt arbeitet, darf anbauen. Gärtnereien usw. haben keine Erlaubnis, genauso wenig Privatpersonen.