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Bi­­o-Anteil wächst und floriert

Rostocker E-Center bringt Bio in den Blick und die Regale

Bi­­o-Anteil wächst und floriert

30 Prozent Bio in Deutschland: Das politische Ziel geht nur mit einem hohen Bio-Marktanteil. Fast zwei Drittel des Bio-Umsatzes wird in herkömmlichen Supermärkten erzielt. Kaufleute können durch ihr Engagement entscheidend zur Lösung beitragen. Mit einer beeindruckenden Bio-Welt und innovativen Zuordnungsideen vereint Stephan Cunäus mittlerweile 15.000 Öko-Artikel unter einem Dach.

In der letzten Oktoberausgabe (109/2021) berichtete die bioPress bereits über den ambitionierten Bio-Ausbau des jungen selbstständigen Kaufmanns Stephan Cunäus im E-Center im Rostocker Einkaufszentrum Warnow Park.
Von insgesamt 105.000 Artikeln werden dort mittlerweile bis zu 15.000 in Bio-Qualität verkauft – also über 14 Prozent. Im Lebensmittelbereich sind es sogar sogar 21,42 Prozent von ca. 70.000 Produkten. Der Umsatzanteil von Bio lag im letzten Jahr bei 5,87 Prozent. „Jetzt haben wir das Ziel, uns zwischen acht und zehn Prozent einzupendeln“, kündigt Cunäus an.

Umfasste die eigene Bio-Abteilung am Ende des Marktes vor wenigen Monaten noch 325 Quadratmeter, so wurde jetzt die geplante Verdopplung auf stolze 600 Quadratmeter vollzogen. „Das ist die größte Shop-in-Shop-Bio-Welt im Bundesland“, freut sich Cunäus. Über die auffällige Mooswand, welche die Welt umschließt, und die neu positionierten Leuchtwürfel an der Decke sei der Bereich jetzt von jeder Ecke der Einkaufsfläche aus zu sehen. Durch die Vergrößerung befinde sich die Bio-Welt außerdem im Fokus der beiden Hauptgänge. Zwei ausgebildete Bio-Fachbeauftragte hätten den Überblick über alle Bio-Angebote und könnten auch Kundenfragen kompetent beantworten.

Die Produktfülle steht der eines Bioladens derselben Größe in nichts nach und hat mit der Fläche weiter zugenommen. So lässt eine reiche Auswahl an Voelkel-Fruchtsäften den Besuchern im Getränkebereich die Qual der Wahl; für den ausgefalleneren Geschmack gibt es Säfte aus Gemüse, Karotten, Zitronen, Sauerkraut, Rote Bete oder Tomaten von Alnatura. Bei den Konserven kann man sich zwischen Apfelmus von Campo Verde, Bauckhof und mehr entscheiden. Und auch bei Mais, Erbsen und Rote Bete bietet das E-Center jetzt Markenvielfalt. Im 100-Prozent-Bio-Kühlregal sind die Themen glutenfrei, laktosefrei und vegan besonders hervorgehoben.

Bio-Anlaufpunkte erwecken Aufmerksamkeit

Auch im restlichen Markt wurde die Bio-Präsenz ausgebaut: In Frühstückswelt, Getränkewelt und Drogerie ist nun jeweils eine Achse mit einem kompletten Laufmeter für Bio reserviert. Grüne Metallaufsteller vor dem gebündelten Bio-Sortiment stechen direkt ins Auge und erleichtern nachhaltigkeitsbewussten Kunden die Suche. So treffen sie nun etwa in der Drogerie-Abteilung auf eine große abgegrenzte Auswahl von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln von sodasan. Per Magnet sollen über den Produkten Plakate angebracht werden – als Eye-Catcher und um den Kunden Hintergründe und Informationen über den Wert der Bio-Warengruppen zu vermitteln, beispielsweise zum Thema Babynahrung.

In jeder konventionellen Warengruppe erwecken Bio-Anlaufpunkte Aufmerksamkeit: die Nussbar im Frischetheater, die Obst- und Gemüse-Auslagen gleich am Eingang, Kaffee und Tee in der Frühstückswelt, eine Bio-Auswahl bei Weinen und Einweggetränken, Fleisch und Geflügel, Wasch- und Spülmitteln und bei den Kosmetika. In der Tee-Abteilung eingerahmt sind etwa die Bio-Sorten von Stick & Lembke, Bünting und Twinings. Beim Bio-Kaffee sorgt die regionale Hamburger Kaffeerösterei Speicherstadt für Originalität.

Grell Naturkost als wichtiger Partner

Kernlieferant für Bio bleibt im Warnow Park der norddeutsche Bio-Großhändler Grell Naturkost, dessen umfangreiches Sortiment das E-Center nun komplett abbilden könne. Seit dem Sommer sei das vorhandene Grell-Angebot in allen Produktgruppen um 50 Prozent aufgestockt worden: Es gibt nun Wein vom Weingut Zwölberich oder den Rieslingexperten Moselland, Eintöpfe, Suppen und Saucen von Nabio, ein asiatisches Sortiment von Sydney und Frances, Gewürze von Kotanyi und Hartkorn oder Müsliriegel von Pam Naturally.

Zu Grell habe der Rostocker Markt inzwischen eine sehr gute Geschäftsbeziehung aufgebaut: Die Lieferanten wüssten die Pilotplatzierung zu schätzen und unter den aktuellen Rohstoffproblemen habe der Edeka kaum zu leiden.

Erlebniseinkauf bio-regional

Etwas schwieriger sei die Beschaffung in der mittlerweile etablierten Regionalwelt, wo fast alles über direkten Kontakt laufe, mit Folge einer aufwendigen Kommunikation. 64 Lieferanten von Klein bis Groß versorgten die neue 150 Quadratmeter große Fläche mit den besten Produkten aus Mecklenburg-Vorpommern – einiges davon in Bio-Qualität.

Bald einziehen könne in den Markt die regionale Bio-Kaffeerösterei Brack aus Rostock. Kaffee und Tee sollen in der geplanten Bio-Bar in Vollbedienung verkauft und ausgeschenkt werden, zusammen mit frisch gebackenen Croissants. Ein Lieferant für den Bio-Backshop sei bereits an der Hand und soll voraussichtlich ab Anfang April im E-Center seine Ware anbieten.

Drei neue Bio-Lieferanten seien in der TK-Abteilung zu finden: Gia Pizza, Followfood und Alnatura. Durch eine besondere Optik mit Echtholz-Buche verkleidet soll als Kontrast zu den Eisschränken eine einladende, warme Umgebung geschaffen werden. Geplant ist, den TK-Bereich noch um drei Truhenelemente zu erweitern: ein regionaler Teil, eine Bio-Reihe und eine Kleinkind-Truhe, mit Eis, aber auch gesunden Ernährungsideen.

Käse und Wurst im Aufwind

In der Käsetheke wurde inzwischen ebenfalls ein ganzer Laufmeter mit Bio-Artikeln ausgestattet, räumlich separiert von der konventionellen Ware und unübersehbar deklariert und hervorgehoben. Vier verschiedenfarbige Schilder der Bioland-Marke ‚Wiese 7‘ des Herstellers Gläserne Molkerei präsentieren einzelne Sorten der individuell zuschneidbaren Laibe: der Cremige, Bockshornklee, Heumilchkäse und rosa Pfeffer. Über zehn verschiedene Käsevarianten gibt es jetzt im Bio-Thekensortiment. Laktosefreie Produkte und die unterschiedlichen Herkunftsländer sollen für die Kunden dabei leicht erkennbar sein.

War im Sommer das Bio-Angebot in der Fleisch- und Wursttheke noch ein schwarzer Fleck, soll in den nächsten Wochen ein neuer regionaler Lieferant aus Lübeck Abhilfe schaffen. Auch im SB-Bereich hat eine neue Marke Einzug gehalten: die ‚Mecklenburger Landpute‘ mit Hähnchenfleischprodukten. Daneben bleibt das Fleischwerk Edeka mit der Eigenmarke ‚Natur Pur‘ die Haupteinzugsquelle.

„Es schlagen eigentlich zwei Herzen in meiner Brust“, meint Cunäus. Als gebürtiger Berliner sei der Fokus auf bio-regional für ihn seit langem eine persönliche Überzeugung. Dazu komme das kaufmännische Interesse: „Toll ist es, wenn es auch unternehmerisch klappt!“

Industrie und Vertrieb haben aus Cunäus‘ Sicht eine Verantwortung gegenüber den Kunden, ihren Part zur Ernährungswende beizutragen. Durch die Ladenstruktur will der Kaufmann dafür sorgen, dass die Besucher sich intensiver und überlegter mit den Produkten beschäftigen. „Bio-Kunden werden bei uns wirklich wertgeschätzt“ – so sein Anspruch, der sich in der aufwendigen Marktaufmachung wiederspiegelt.

Je mehr man das Bio-Sortiment ausbaue, desto riskanter werde allerdings aus kaufmännischer Sicht die Preisstruktur. Aktuell habe das E-Center ein gesund kalkuliertes Angebot. „600 Quadratmeter von 9.500 Fläche sind noch nicht zu riskant“, schätzt Cunäus und ist von der Nachhaltigkeit seines Unterfangens überzeugt.

Über Shop-in-Shop in die Regale

Das Nachhaltigkeitsinteresse bei der Kaufmannschaft werde inzwischen auch von der Edeka bemerkt. Hatte das Naturkind-Konzept – unter dem Namen startete die Einzelhandelskette 2019 erste reine Bio-Filialen – vielleicht noch nicht den nötigen Fokus, so werde mit dem jetzt angebotenen Shop-in-Shop-System auch eine echte Lösung für interessierte Kaufleute präsentiert. „Das Thema wird 2022 wirklich Fahrt aufnehmen“, glaubt der Unternehmer.

Bei Edeka sieht er Bereitschaft zur Veränderung. In vielen Bereichen wie Obst und Gemüse, Nüsse oder Kaffee sei es für den Edeka-Großhandel bereits überhaupt kein Problem mehr, seine Filialen mit Bio zu bedienen. Für das Fleisch-Angebot müsse allerdings noch eine Lösung gefunden werden.
Was ist in Rostock als nächstes geplant? „600 Quadratmeter reichen für unsere Bio-Produkte schon nicht mehr aus“, erklärt Cunäus. „Wir wollen die Bio-Welt aber nicht unbedingt noch weiter in der Fläche ausbauen.“

Stattdessen sei das nächste Ziel, Bio-Waren in den Sortimenten einzuordnen und in den Regalen weiterzuentwickeln. Die Blockplatzierung habe man bereits größtmöglich umgesetzt und erwecke damit bestmöglich Aufmerksamkeit für Bio. Die Themen bio-regional und Erlebniseinkauf bieten noch viele weitere Chancen. Im letzten Jahr besuchten 1.423.000 Kunden das E-Center im Warnow Park, das sind über 27.000 pro Woche.

Lena Renner

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