EU-Recht
Anti-SLAPP-Petition an EU-Kommission überreicht
Über 200.000 Unterschriften aus der Zivilgesellschaft
Die Koalition gegen SLAPPs in Europa (CASE) hat heute eine Petition mit 213.432 Unterschriften für eine Anti-SLAPP-Direktive an die EU-Kommission überreicht. Diese ist damit aufgefordert, europaweit für einen wirksamen Schutz vor schikanösen SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation), strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung, zu sorgen. Die Petition wurde im Juli 2021 von Rettet den Regenwald e.V. und dem Umweltinstitut München gestartet.
Die CASE hält ein starkes Anti-SLAPP-Gesetz für dringend notwendig, um demokratische Werte wie die Meinungsfreiheit und das Recht auf Protest in der gesamten EU zu schützen. Eine entsprechende Richtlinie müsse ein hohes und einheitliches Schutzniveau in alle Mitgliedstaaten bieten. CASE überreichte die Forderung heute an Věra Jourová, Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz, nachdem die Kommission eine öffentliche Beratung über das Phänomen der Einschüchterungsklagen eingeleitet hatte. Mehr als 160 zivilgesellschaftliche Gruppen aus ganz Europa haben sich an der Petition beteiligt.
„Ich bin froh, dass so viele Europäer die Bedrohung erkennen, die SLAPPs für die freie Presse darstellen. Diese Klagen haben mich jahrelang gefesselt, mich viel Geld und Arbeit gekostet und lenken extrem von meiner Arbeit als Journalist ab“, so der Niederländer Okke Ornstein, der nach dem Aufdecken von Korruption in Panama mit zivilrechtlichen Verleumdungsklagen konfrontiert wurde.
„In Polen sind strategische Klagen ein gängiges Mittel, um Aktivisten und Journalisten zu bedrohen, zum Schweigen zu bringen und zu demütigen“, sagte Kamil Maczuga, Mitautor von Atlas of Hate (AoH). Die Aktivistengruppe hinter AoH wird von sieben Kommunalverwaltungen verklagt, weil sie die Diskriminierung von LGBT verurteilt hat.
Als „Schlag ins Gesicht von rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien“ bezeichnet Veronika Feicht, Referentin für Agrarpolitik am Umweltinstitut München SLAPP-Klagen. Ihr Kollege Karl Bär muss sich seit über einem Jahr für eine satirische Kritik am hohen Pestizideinsatz in Südtirol vor Gericht behaupten.
Auch die Umweltorganisation Rettet den Regenwald sieht sich von Einschüchterungsklagen in ihrer zivilgesellschaftlichen Arbeit behindert. Für das Anprangern von Regenwaldzerstörung in Indonesien wurde der Verein in Deutschland von einem indonesischen Unternehmen verklagt. „Die EU-Kommission muss ihrer globalen Verantwortung gerecht werden“, betonte Marianne Klute, Vorsitzende von Rettet den Regenwald.
Im letzten November hat sich das Europäische Parlament bereits mit großer Mehrheit gegen SLAPP-Klagen und die Einschüchterung von Journalisten und Zivilgesellschaft durch Regierungen oder Unternehmen ausgesprochen.