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EU-Parlament fordert Schutz vor SLAPP-Klagen

Umweltinstitut München hofft auf Anti-SLAPP-Gesetz

Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament heute für den Schutz von Journalisten und Zivilgesellschaft vor missbräuchlichen Einschüchterungsklagen gestimmt. Ein Initiativbericht, der die EU-Kommission dazu aufruft, SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits against Public Participation) zu verhindern, wurde mit 444 Ja-Stimmen, 48 Nein-Stimmen und 75 Enthaltungen angenommen.

SLAPP-Klagen sind unverhältnismäßige Einschüchterungen, mit denen Regierungen und Unternehmen versuchen, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die im öffentlichen Interesse Missstände benennen. Laut der europäischen Menschenrechtskommissarin Dunja Mijatovic nehmen solche Bedrohungen der Meinungsfreiheit in ganz Europa zu.

Der Initiativbericht wurde im Rechtsausschuss (JURI) und Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Parlaments ausgearbeitet und heute von den beiden Berichterstattern Tiemo Wölken (S&D) und Roberta Metsola (EPP) vorgestellt. Mit seinem Votum fordert das Parlament die EU-Kommission dazu auf, Vorschläge für verbindliche EU-Rechtsvorschriften zum Schutz von SLAPP-Opfern vorzulegen und schließt sich so einer der wichtigsten Forderungen der ‚Coalition against SLAPPs in Europe‘ an.

„Wir begrüßen, dass die EU-Abgeordneten dem Justizmissbrauch durch SLAPPs den Kampf angesagt haben”, so Veronika Feicht, Referentin für Agrarpolitik am Umweltinstitut München. Ein SLAPP sei ein Schlag ins Gesicht von rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien und bedrohe Grundrechte wie Informations- und Meinungsfreiheit im Kern. „Wollen wir diese schützen, ist es höchste Zeit für ein europäisches Anti-SLAPP-Gesetz.”

Seit 2020 muss sich das Umweltinstitut mit einer missbräuchlichen Klage auseinandersetzen: Sein Mitarbeiter Karl Bär steht in Bozen wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede vor Gericht, weil er den hohen Pestizideinsatz in Südtiroler Apfelplantagen kritisiert hat. Im Februar dieses Jahres wurde die französische Aktivistin Valérie Murat für den Nachweis von Pestizid-Rückständen in Bordeaux-Weinen zur Zahlung von 125.000 Euro Schadenersatz verurteilt.

Bisher hat noch kein EU-Mitgliedsstaat eine spezifische Gesetzgebung gegen SLAPPs erlassen. Das Umweltinstitut erwartet von der Kommission nun ein europäisches Anti-SLAPP-Gesetz in Form einer EU-Richtlinie. Eine im Juli gestartete Petition dafür wurde bereits von knapp 100.000 Menschen unterschrieben und kann auf der Website des Umweltinstituts weiterhin unterstützt werden.

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