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Donnerstagstalk

Bio international – der Weg zu mehr Nachhaltigkeit auf dem Weltmarkt

14. Donnerstagstalk am bioPress Square & Fair Table

Unter dem Motto ‚Bio und mehr – Erfolgsmodelle für die Zukunft‘ trafen sich letzte Woche Markus Arbenz, New Business Manager der Easy-Cert Gruppe, und Christof Dietler, Geschäftsleiter der IG Agrarstandort Schweiz (IGAS) zum 14. Donnerstagstalk. Unter Moderation von Peter Jossi, Journalist und Bio-Experte aus Basel, sprachen sie über nachhaltige Handelsverträge, Probleme mit unterschiedlichen Bio-Standards und die Chancen von wirtschaftlicher Kooperation.

Von aktuellen Tendenzen im Zertifizierungsbereich berichtete Markus Arbenz als Vertreter der Easy-Cert Gruppe, unter deren Dach die Zertifizierungsstellen Austria Bio Garantie, bio.inspecta und CERES zusammengeschlossen sind. Insgesamt bietet Easy-Cert um die 120 Standards, darunter auch Textilzertifizierungen, UTZ und Rainforest Alliance. „Zu Hause sind wir immer noch in der Bio-Szene“, meinte Arbenz. Aber Bio alleine reiche nicht, um die aktuellen Umwelt- und Klimaherausforderungen zu bewältigen. Viele innovative Startups trügen zu neuen Lösungen gegen den Klimawandel bei. „Wir dürfen Bio 3.0 nicht aus den Augen verlieren“, so Arbenz.

Christof Dietler stellte sich als Lobbyist für eine marktnahe und ökologische Ernährungswirtschaft vor. Mit der IGAS leitet er einen heterogenen Verein, in dem Bio-Bauern, Lebensmittelhändler und Nestlé gleichermaßen vertreten sind und sich für eine wettbewerbsfähige, nachhaltige Landwirtschaft einsetzen. Die teils nationalistischen Tendenzen in der Bio-Branche bedauert Dietler. „Wir müssen international ökologischer werden“, betonte er. Als internationale Bewegung sollten Bios auch immer die Interessen des globalen Südens mitdenken. Internationale Regeln und bilaterale Verträge müssten dafür sorgen, dass Menschen und Unternehmen gestärkt werden, die sich auf dem Markt durch Qualität behaupten wollen. „Neue Handelsbeziehungen müssen zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.“

Als Beispiel nannte er das diesen Monat neu in Kraft getretene Abkommen zwischen den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) und Indonesien. Darin befinde sich die Klausel, dass es nur Zollerleichterungen beim Handel von Palmöl gibt, wenn dieses nachweislich aus nachhaltigem Anbau stammt. Das Misstrauen gegen Handelsabkommen sei berechtigt und hätte dazu beigetragen, dass man heute keine Mehrheit mehr für ein Abkommen ohne Nachhaltigkeitsklausel bekomme.

Komplexer Markt, komplexe Standards

„Wir können besser werden, aber nicht gut“, kommentierte Markus Arbenz. Nachhaltigkeit sei das Ziel, das angestrebte Nirvana und auf dem Weg dorthin dürften nicht zu viele Kompromisse gemacht werden. Die Bio-Szene brauche den internationalen Handel, aber es gebe dabei noch viele ungeklärte Fragen – etwa die nach der Vergleichbarkeit unterschiedlicher Zertifikate. Anstatt Standards, denen gemeinsame zentrale Normen zugrunde liegen, als gleichwertig zu akzeptieren (Äquivalenz-Prinzip), mache die EU mit der neuen Öko-Verordnung, die 2022 in Kraft tritt, eher wieder einen Schritt in Richtung ‚Compliance‘ – das heißt, die Hersteller müssen sich nach den Zielmärkten richten und brauchen eventuell einen anderen Standard für jedes andere Exportland. Das Problem dabei: Die großen Märkte diktierten die Leitstandards, während etwa ein kleiner Staat wie Uganda kein Mitspracherecht hätte.

Eine Schwierigkeit bei der Bio-Zertifizierung sieht bioPress-Herausgeber Erich Margrander auch in der fehlenden Rücksicht auf Umstellungsbetriebe. Mit immer weiter gewachsenen Standards sei die Umstellung für Neueinsteiger heute um ein Vielfaches schwieriger als noch vor 20 Jahren. Könnte man ihnen nicht einen schrittweisen Weg anbieten?

Arbenz bestätigte, die Richtlinien würden immer detaillierter und seien heute oft hunderte Seiten lang. Bio Suisse kommt neuen Betrieben daher mit einem Umstellungsprogramm entgegen: Vor der endgültigen Zertifizierung können sie bereits ein Knospe-Siegel verwenden, das dem Original optisch gleicht, aber noch den Zusatz ‚Umstellungsbetrieb‘ statt Bio trägt. Außerdem gebe es für die Erzeuger heute mehr technische Möglichkeiten und helfende Institutionen als früher. Dennoch bleibe die Umstellung gerade bei den großen Standards von EU und USA eine Herausforderung, da hier das Produkt und nicht der Landwirt im Vordergrund stehe.

Birgt eine direkte Demokratie wie die Schweiz mehr Möglichkeiten, um Bio weiter nach vorne zu bringen? „In der Schweiz wurde Bio bisher stark von der Wirtschaft getrieben“, erklärte Arbenz. Andererseits hänge man etwa im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung, der in einem Land wie Dänemark mit starker politischer Bio-Bewegung floriert, hinterher. Maßnahmen dazu müssten in der Schweiz lokal auf Gemeindeebene entschieden werden. „Hier kann unsere politische Struktur auch hinderlich sein.“ Dietler sieht den Weg zu mehr Bio weniger in politischen Versprechen als in wirtschaftlicher Kooperation: Bio-Bauern sollten täglich gemeinsam an ihrem Marktfaktor arbeiten, ihre Produkte positiv bei den Konsumenten verankern und mit dem Handel auf Augenhöhe sprechen können. „Bio entwickelt sich mit dem Markt und den Konsumenten!“

Lena Renner

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