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Wie entwickelt sich der Bio-Markt der Zukunft?

Achter Donnerstag-Talk im bioPress Square & Fair Table, jede Woche ab 15 Uhr

Die Bio-Sortimente in den Supermärkten haben ihre Nische verlassen. Die gewohnten Bio-Blöcke werden immer mehr aufgelöst und Bio steht jetzt in den Sortimenten. Diese Dynamik findet sich nicht überall auf dem Markt: Manche Vollsortiment-Anbieter beschränken sich ausschließlich auf den Bio-Fachhandel. Über die Hürden, wie man sie überwindet und das Entwicklungspotenzial des Bio-Markts wurde im Donnerstag-Talk diskutiert.

Das ambitionierte Ziel sollte sein, dass Kunden 100 Prozent Bio in den Regalen finden, ob im Fachhandel oder im –  dann ehemals – konventionellen Supermarkt. Die ersten Schritte dorthin vollzog REWE schon früh: Er führte 1988 die Öko-Marke Füllhorn ein, wie Erich Margrander erinnerte. Aldi und Lidl zogen nach, um sich in diesem Segment nicht abhängen zu lassen. Sie begannen mit einem Bio-Sortiment von vielleicht 40 bis 50 Artikeln, das heute mit bis zu 600 Artikeln das Bio-Angebot mancher Vollsortimenter-Filiale übersteigt.

Grundsätzlich sind es die Kaufleute im LEH gewohnt, ihr Sortiment aus der Vorstufe etwa mit Frischewaren aus der Region oder Spezialitäten zu erweitern. Heute kommen bei manchen Kaufleuten auch schon mal 700 Direktlieferanten zusammen – die man erst einmal managen muss, wie Georg Neubauer von Blattfrisch aus Hamburg einwarf. Das Wachstum im Bio-Bereich stößt aber nicht deshalb an Grenzen, sondern weil ihr Zugang zu Bio-Vollsortimenten eingeschränkt ist. Die Gründe, und ob sie eher förderlich oder hinderlich sind, bieten immer wieder Anlass zu Kontroversen – auch im Donnerstag-Talk.

Drei Kernpunkte standen in der Diskussion: die Preise, die Kundenbindung und die Eigenständigkeit von Marken.

Kunden sind die wesentlichen Treiber, damit einmal sämtliche Lebensmittel aus ökologischem Anbau kommen. Ein Hindernis war über viele Jahre hinweg der vergleichsweise hohe Preis. Die schrumpfende Preisdifferenz zwischen Konventionell und Bio öffnet breitere Wege in den Mainstream. Die erste Sorge ist, dass etwa Discounter die Preise gänzlich kaputtmachen. Dass das nicht so sein muss, zeigt die gute Zusammenarbeit von Bioland und Lidl. Auch die dem Naturkostfachhandel entsprechende Bio-Hochpreis-Politik im herkömmlichen Handel – man will schließlich Wertschöpfung erzielen – drückt nicht auf die Preise. Eher ziehen sie an, weil bei der aktuellen Steigerungsdynamik nicht genügend Rohstoffe zur Verfügung stehen.

Der Bio-Markt wird wachsen, auch wenn sich die momentan steile Kurve abflacht. Und weil der Fachhandel allein die Nachfrage nicht bedienen kann, wird eine Koexistenz mit Vollsortimentern wie REWE oder Edeka zwangsläufig sein.

Die Sorge, dass Großmärkte dem Bio-Ladner die Kunden wegnehmen, wird auch oft genannt. Allerdings ist dies keine Einbahnstraße, wie Erich Margrander sagte. Tatsächlich werden Kunden erst über den LEH auf Bio aufmerksam, und finden so den Weg in den Bio-Laden um die Ecke.

Ein Anbieter wie Georg Neubauer von Blattfrisch kritisierte, dass Marken ihre Selbstständigkeit im Supermarkt verlieren und in der Eigenmarke enden. Es ist nicht zu leugnen, dass der erweiterte Markt Chancen und Risiken birgt. Der TK-Hersteller Follow Food etwa erzielte über den größeren LEH eine weitere Verbreitung, doch seien Neubauer zufolge momentan einige Produkte von REWE als Eigenmarke angedacht. Auch das ist nicht zwangsläufig der Untergang: Kunden – als Treiber von Bio – entscheiden letztlich, ob sie zur super schmeckenden Pizza von Follow Food greifen oder zu einer anderen. Diesem Wettbewerb müssen sich die Akteure der Bio-Branche täglich neu stellen. Auf der Grundlage wäre eine Koexistenz oder auch Kooperation möglich. Bio-Großhändler ergänzen mit ihrem breiten und tiefen Sortiment schon heute Teile der Bio-Angebote aus den Handels-Vorstufen.

Dirk Hartmann

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