Bioethanol
Melasse im Tank?
Hefehersteller von Rohstoffknappheit bedroht
Eine Entscheidung der Europäischen Kommission könnte die Versorgung der europäischen und deutschen Hefebranche gefährden: die mögliche Aufnahme von Melasse, einem Schlüsselrohstoff der Hefeproduktion, in den Anhang IX der Erneuerbare‐Energien‐Richtlinie. Dieser enthält die Rohstoffe, die für die Herstellung von Bioethanol der zweiten Generation in Frage kommen.
Bioethanol der zweiten Generation wird aus Rest- oder Abfallrohstoffen hergestellt, die nicht primär zur Herstellung von Nahrungsmitteln verwendet werden. Der Anhang wird derzeit von der Europäischen Kommission überprüft; dabei wird Melasse in der Vorab‐Liste der zusätzlichen Rohstoffe berücksichtigt. Für den Fall, dass Melasse tatsächlich in die Liste aufgenommen wird, rechnen die Hefehersteller mit erheblichen Lieferengpässen. Denn es ist zu erwarten, dass die Nachfrage der Biokraftstoffhersteller nach Melasse deutlich steigen wird.
Dr. Markus Weck, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Hefeindustrie e.V. betont: „Der Weg zu alternativen Rohstoffen im Bereich Biokraftstoff ist sicherlich wichtig. Dennoch muss genau geprüft werden, wie die wirtschaftlichen Folgen für das Marktgeschehen und seine Teilnehmer sind. Aus unserer Sicht gehört Melasse als wertvoller Rohstoff für die Hefeherstellung nicht in den Tank!“
Melasse ist ein Nebenprodukt der Zuckerproduktion, das in Europa aus Zuckerrüben gewonnen wird. Für die Hefeherstellung ist Melasse ein entscheidender Rohstoff, da sie den Hefeorganismen als Nahrung dient.
Derzeit forciert die Kommission die Nutzung fortschrittlicher Biokraftstoffe, auch weil der Anteil konventioneller Biokraftstoffe beschränkt („gedeckelt“) wurde. Ziel dabei war es, einen Wettbewerb um Rohstoffe zwischen Lebensmittel‐ und Kraftstoffherstellern zu vermeiden. Genau diesem Ziel würde aber laut dem Deutschen Verband der Hefeindustrie die nun geplante Aufnahme von Melasse in den Anhang IX entgegenstehen.
Als internationale Folge fürchtet der Verband eine höhere Abhängigkeit Europas von Melasse-Importen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Hefehersteller wäre bedroht. Auch die internationale Initiative ‚Molasses for Food Alliance‘ engagiert sich für den Einsatz von Melasse in Lebensmitteln.