Grüne Woche
Kritischer Agrarbericht 2021
Klimawandel erfordert grundlegende Transformation des Agrar- und Ernährungssystems
Das AgrarBündnis hat den Kritischen Agrarbericht 2021 im Rahmen der Digitalen Grünen Woche vorgestellt. Der Bericht versteht sich als ‚Buch zur Bewegung‘ mit fundierter Kritik am derzeitigen Agrarsystem, aber auch Konzepten und Ideen, wie es anders gehen könnte.
Frieder Thomas, Sprecher des Bündnisses von 26 Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz sowie Entwicklungsarbeit, sieht dringenden Handlungsbedarf. Beim Klimawandel sei die Konsequenz von zu spätem Handeln für die Landwirtschaft in Form von Dürren und Extremwetter bereits existenziell spürbar. Um der notwendigen Transformation zum Durchbruch zu verhelfen, sei es gut, die besseren Argumente zu haben. „Die kann man im Kritischen Agrarbericht finden“, so Frieder Thomas.
Myriam Rapior, Bundesvorstand der BUNDjugend, plädierte dafür, die Landwirtschaft als Teil der Lösung der Klimakrise zu begreifen. Dafür brauche sie aber die Unterstützung der Bevölkerung und der Regierung. „Wir jungen Menschen erwarten, dass der Staat sich der Verantwortung für den Schutz der Umwelt annimmt“, verkündete Rapior. So dürfe endlich nicht mehr in den größtmöglichen Erträgen gedacht werden. Stattdessen sollten öffentliche Gelder auch für öffentliche Leistungen genutzt werden.
Das fordert auch Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Die planetarischen Grenzen seien ausgereizt und wir im Jahrzehnt des Aufbruchs zum Umbruch. Mehr Klimaschutz gelänge nur im Schulterschluss mit mehr Tier-, Arten- und Umweltschutz. Die Folgekosten eines ‚Weiter so‘ seien massiv teurer als die Kosten, mit denen jetzt durchgreifende Systemumstellungen gefördert werden müssten. Viele Landwirte wollten, könnten aber aus wirtschaftlicher Not nicht umstellen.
Antje Kölling von Demeter untermauert diesen Fakt mit dem Ergebnis des Konjunkturbarometers des Deutschen Bauernverbands. Demnach könnten sich 18,4 Prozent der Landwirte eine Umstellung auf Bio vorstellen. Dafür brauchten sie aber politische Sicherheit. Das Interesse der Bevölkerung an Ökolandbau sei bereits da: 90 Prozent gaben im Öko-Barometer an, zumindest gelegentlich Bio zu kaufen – 37 Prozent sogar häufig. Jetzt müsse die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) mitziehen und Umweltleistungen honorieren.
Phillip Brändle von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft plädierte dafür, bei der anstehenden Reform der GAP das Instrument der sogenannten Öko-Regelungen gezielt und umfangreich zu nutzen. Die Bauern stünden vor ökologischen als auch ökonomischen Herausforderungen. Sie sollten den CO2-Ausstoß senken, die Biodiversität fördern, die Reinhaltung von Luft und Wasser schützen sowie die Tierhaltung verbessern. Gleichzeitig litten sie unter einem zu niedrigen Einkommen, das zu Höfesterben führe. Die Öko-Regelungen böten bei richtiger Ausgestaltung die große Chance, den ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen in der Landwirtschaft gleichermaßen zu begegnen. Bauern könnten dann einkommenswirksam für ihre Gemeinwohlleistungen entlohnt werden.
Lena Renner