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Kleinbauernrechte

Digitalisierung löst das Hungerproblem nicht

Brot für die Welt und FIAN legen Bericht zum Recht auf Nahrung vor

Berlin, Köln, 9. Oktober 2018. Politik und Agrarindustrie versprechen, dass neue Technologien wie die Digitalisierung den Hunger besiegen können. Das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt und die Menschenrechtsorganisation FIAN legen in ihrem aktuellen „Jahrbuch zum Recht auf Nahrung“ dar, wie die Digitalisierung die Auseinandersetzung um Ressourcen sogar verschärfen und eine dezentrale Nahrungsmittel-Versorgung gefährden kann.

Die aktuelle Ausgabe des Jahrbuchs untersucht, welche Folgen es haben wird, wenn Finanzmärkte und Agrarkonzerne mit Hilfe der Digitalisierung die Kontrolle über Ressourcen wie Boden, Wasser und Saatgut übernehmen und die  Produktion von Nahrungsmitteln vom Menschenrecht auf Nahrung abgekoppelt wird. 

„Das nachhaltige Entwicklungsziel, den Hunger bis 2030 zu überwinden, gerät immer weiter aus dem Blick, wenn Hungerursachen wie Diskriminierung, Umweltzerstörung und Krieg nicht endlich wirksam angegangen werden“, sagt Bernhard Walter, Ernährungs- und Landwirtschaftsexperte von Brot für die Welt. „Es besteht die Gefahr, dass die Digitalisierung die Umwandlung öffentlicher Güter wie etwa die Wasserversorgung in international handelbare Waren vorantreibt. Davon haben die Ärmsten der Armen gar nichts, im Gegenteil, ihre Lage würde sich verschlimmern.“ Hinzu kommt, dass Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die einen Großteil der Lebensmittel erzeugen, seit Jahrzehnten systematisch in unfruchtbare und abgelegene Gebiete abgedrängt werden und einem unfairen globalen Wettbewerb ausgesetzt sind. 

„Für die Mehrzahl der bäuerlichen Betriebe bietet die Digitalisierung keine Lösungen an, sondern verschärft noch die Probleme“, so Philipp Mimkes, Geschäftsführer von FIAN Deutschland. Die Digitalisierung kann die Spaltung zwischen armen Bauerngruppen und kapitalkräftigen Agrarunternehmen weiter vertiefen und die Konkurrenz um Land, Wasser und Saatgut weltweit noch verschärfen. „Wichtige Gründe für die hohen Hungerzahlen – die Diskriminierung von Frauen und ländlicher Bevölkerung, Landgrabbing und die erzwungene Öffnung der Agrarmärkte in Entwicklungsländern – lassen sich nicht technisch lösen“, so Mimkes. Dies zeigt sich beispielsweise in Südamerika, wo die Hungerzahlen seit 2012 wieder steigen: In den letzten fünf Jahren waren dort 2,2 Millionen Menschen zusätzlich von schwerem Hunger betroffen; gleichzeitig produziert die dortige hochtechnisierte Agrarindustrie statt den Hunger vor Ort zu bekämpfen immer gewaltigere Mengen, die jedoch überwiegend exportiert werden – 2016 alleine 70 Millionen Tonnen Getreide und 120 Millionen Tonnen Soja. 

Brot für die Welt und FIAN geben seit zehn Jahren das „Jahrbuch zum Recht auf Nahrung“ heraus. Das Recht auf Nahrung ist im UN-Sozialpakt als Menschenrecht verankert. In den Nachhaltigen Entwicklungszielen haben die Vereinten Nationen vereinbart, bis 2030 das Recht auf Nahrung für alle Menschen zu verwirklichen. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Hungernden zum zweiten Mal in Folge wieder gestiegen, auf nun 821 Millionen Menschen.
 

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