Bäckerei
Tradition trifft Moderne
Hamburger Demeter-Bäckerei Bahde führt gefragte Handwerkskunst in Neubau fort
Die Bäckerei Bahde wurde 1932 in Hamburg-Finkenwerder eröffnet. Seit Mitte der 90er produziert sie ausschließlich Bio-Brote und -Brötchen in Demeter-Qualität und trägt als einzige Bäckerei Hamburgs das Verbandssiegel. 2010 übernahm Peter Asche den Familienbetrieb als geschäftsführender Gesellschafter. Sein jährlicher Umsatz beläuft sich auf über vier Millionen Euro. Im Oktober vergrößert sich das Traditionsunternehmen durch den Umzug in einen 1.400 Quadratmeter großen Neubau in Seevetal bei Hamburg.
Es blubbert in den Kesseln im kleinen Produktionsraum. Sie sind gefüllt mit je 180 Kilo Dinkel- und Roggen-Sauerteigen, die in drei Stufen bearbeitet werden. „Natürliche Hefe und Säuerungsbakterien bilden Gärgase. Man kann sehen, wie die Teige arbeiten“, erklärt Backstubenleiter Marco Holm, der seit fast 20 Jahren bei der Bäckerei Bahde angestellt ist. „Aus einem Kessel Teig entstehen 300 Brote, pro Tag backen wir bis zu 7.000. Hinzu kommen rund 6.000 Brötchen.“
Die Bäckerei Bahde hat insgesamt 35 Roggen-, Weizen-, Dinkel- und Mischbrote im Programm. Als gefragte Produkte der ersten Stunde gelten das nach dem Stadtteil benannte Roggenmischbrot Finken, das Korn an Korn und die Dinkelkruste. Zusätzlich bietet Asche 16 Sorten Brötchen an, darunter Schoko-Deern, Quark-Rosi und Käse-Krusti. „Für alle Backwaren verwenden wir nur drei Hauptzutaten: Getreide, Atlantik-Meersalz aus Südspanien und Wasser“, sagt Asche. Letzteres wird durch das Elisa-Quellwassersystem mit Edelsteinen aufbereitet. Dadurch werde der Teig frischer und erhalte ein besseres Aroma.
An der Wand stapeln sich die Mehlsäcke der regionalen Demeter-Bauern, die den kleineren Erzeugergemeinschaften von Hof Dannwisch bei Elmshorn, Gut Ankersolt bei Flensburg und Gut Wulfsdorf bei Hamburg angehören. Gemahlen wird ihr Getreide von der Naturmühle Heinrich Clausen bei Flensburg und der Mühle Breide bei Itzehoe. Sie liefern die Schrote. Der Bauckhof aus der Lüneburger Heide versorgt die Bäckerei Bahde mit Mehl, Getreide und weiteren Zutaten wie Sesam und Sonnenblumenkernen. Von Bode Naturkost aus Hamburg erhält sie zusätzlich Mohn, Kürbiskerne, Leinsamen und weitere Zutaten.
Nach dem Kneten und Ruhen wird der Teig aus den Kesseln in den Portionierer gegeben. Anschließend gelangt er in die Hände des Bäckers, der ihn – je nach Sorte – selbst formt oder in entsprechende Förmchen gibt. Die Kommissionierung läuft EDV-gestützt, erklärt Bäckermeister Holm und zeigt auf die blinkenden Displays. „So können bis zu sechs Personen gleichzeitig die Ware für täglich ungefähr 170 bis 180 Geschäfte versandfertig machen.“
Bis in die späten 70er war das Unternehmen eine konventionelle Bäckerei.
Dann begann Asches direkter Vorgänger, Willi Bahde, sich mit Demeter-Getreide zu beschäftigen und bot ab 1981 ergänzend ein Demeter-Vollkorn-Sortiment an. 1994 stellte er den Betrieb komplett auf Demeter um und gab seine fünf Filialen auf. „Seitdem läuft der Vertrieb nur über Wiederverkäufer.
Die Konzentration auf Demeter-Backwaren war damals eine echte Pionierleistung“, sagt Asche. Auch, dass Bahde seine Kernkompetenz ausschließlich auf Brote und Brötchen gelegt hat, sei besonders gewesen.
Bei der Suche nach einem Nachfolger wandten sich die Eheleute Bahde an Asche, der lange Zeit als Unternehmensberater für sie tätig war, darüber hinaus Diplom-Ökotrophologe ist und selbst aus einer Bäckerfamilie aus Düsseldorf stammt. Seit der Übernahme haben er und seine Frau Tanja, ebenfalls Diplom-Ökotrophologin, einige Veränderungen angeschoben.
„Je nach Jahreszeit bieten wir seit zwei Jahren verschiedene Spezialbrote an – etwa Sommerbrote zum Grillen, Herbstbrote oder den klassischen Christstollen“, so Asche. Die Backwaren werden von zwei Fremdspediteuren zu den Wiederverkäufern gebracht. Im Durchschnitt gibt es zehn bis zwölf Prozent Retouren. „Mittlerweile ist es so, dass auch Bio-Bäckereien ihren Kunden abends noch eine Auswahl anbieten wollen, was leider dazu führt, dass Waren übrigbleiben.“
Das Vertriebsnetz verteilt sich auf 200 Wiederverkäufer – davon zirka 120 allein in Hamburg. Neben Reformhäusern, Naturkostgeschäften und Bioläden wie denn’s und BioCompany wird auch der LEH beliefert – darunter hauptsächlich eigenständige und regiegeführte Edekamärkte. Zudem werden rund 20 Gastronomien in Hamburg beliefert, auch das aus dem Fernsehen bekannte Restaurant „Slowman“ von Christian Rach. „Wir liefern mittlerweile in einem Radius von 150 Kilometern bis nach Flensburg, Oldenburg, Lüneburg, Lübeck und Bad Schwartau.“
Wer möchte, kann sein Brot auch online bestellen: „Wir haben eine treue Stammkundschaft, sogar aus Bayern. Wenn das Brot bis 16.30 Uhr bestellt wird, ist es am nächsten Tag beim Kunden. Egal, ob es sich um einen Bioladen oder einen Familienhaushalt handelt“, sagt Tanja Asche.
Asche hat auch in die Kundenbetreuung investiert. Derzeit stehen zwei Mitarbeiterinnen vor Ort und telefonisch für Fragen der Wiedereinkäufer und Verbraucher zur Verfügung und bieten in den Bäckereien Verkostungen an. „Um die Qualitätssicherung zu gewährleisten, hat eine Mitarbeiterin engen Kontakt zu den Lieferanten. Gibt es einmal Abweichungen bei den Rohstoffen oder läuft in der Herstellung etwas schief, wird das Produkt reklamiert und der Fehler kann direkt behoben werden“, erklärt Asche.
Seit zwei Jahren informiert die Broschüre „Der Finke“ Verbraucher über Neuheiten der Bäckerei Bahde. Ein spezieller Flyer für Händler gibt Auskunft über die Zubereitung der Produkte. Asche bietet den Bäckereien auch Preisschilder an, auf denen, wie von Demeter vorgeschrieben, alle Zutaten aufgelistet sind. Von größeren Werbemaßnahmen sieht das Ehepaar Asche ab: „Die beste Werbung für uns sind wir selbst, sprich unsere Backwaren, unser Unternehmen und unsere 32 Mitarbeiter.
Im Wesentlichen kommen die Kunden auf uns zu“, erklärt der Inhaber und zeigt auf die Gewinner-Urkunde des Feinschmeckers. „Die Kunden der von uns belieferten Fachgeschäfte haben dafür gesorgt, dass wir die Auszeichnung ‚Beste Bäckerei Deutschlands 2013‘ erhalten haben. Das zeigt, dass sich die Verbraucher in den Bioläden informieren, woher die Backware kommt.“
Da das heutige Berufsbild des Bäckers auch Snacks, Torten und Croissants umfasst, kann die Bäckerei Bahde keine Ausbildungsplätze anbieten.
Junggesellen und erfahrene Fachkräfte seien dagegen immer gern gesehen. „Unsere Teige sind so ursprünglich, dass sie nicht mit denen konventioneller Bäckereien vergleichbar sind. Bis ein neuer Angestellter die Handarbeit des Bio-Backens beherrscht, braucht es ein halbes bis Dreivierteljahr. Die meisten kommen während ihrer Ausbildung nur mit konventionellen Teigen in Berührung“, sagt Asche.
Die größte Veränderung, die Asches angeschoben haben, ist der anstehende Umzug nach Seevetal. „Wir arbeiten seit vielen Jahren in unserem 200 Quadratmeter kleinen Produktionsraum an der Kapazitätsgrenze“, sagt er. Im neuen Gebäude werden sich die Kunden direkt von der Handwerkskunst der Bäckerei Bahde überzeugen können: „Neben der Backstube eröffnen wir ein Café mit unseren Backwaren und einem
kleinen Kuchensortiment eines befreundeten Demeter-Bäckers aus Bremen. Von Innen blickt man direkt in den Produktionsraum und kann dem Bäcker bei der Arbeit zuschauen“, erklärt Asche. Dank der Steinofenplatten werde es demnächst auch Steinofenbrote geben.
Auch wenn die Bäckerei Bahde in einem modernen Gebäude untergebracht sein wird, soll sie nicht ihre Ursprünglichkeit verlieren. Asche: „Wir sind eine Handwerksbäckerei und unsere Brote sind Unikate, weil sie von Hand geformt werden. Das erfordert ein hohes Maß an Knowhow. Unsere handwerkliche Tradition ist das höchste Gut, das es zu bewahren gilt.“
Sina Hindersmann